Felidae
Eigentlich war es keine Frage, sondern Philosophie in Reinkultur.
»Nein«, kicherte er. Er hatte keine Ahnung, was Philosophie ist.
Die beiden rabenschwarzen Orientalen oben sahen einander amüsiert an und brachen ebenfalls in höhnisches Lachen aus. Dann schoben sie sich nacheinander durch die Luke, sprangen in den Keller und umstellten mich. Ich befand mich nun im Zentrum eines Dreiecks, welches vom unergründlich lächelnden Kong und den Herrmann-Brüdern gebildet wurde. Die Frage, aus welchem unerfindlichen Grund sie eigentlich ihre Kräfte mit mir messen wollten, war jetzt unwichtig geworden. Es schien ein längst fälliges Ritual zu sein, das einfach zelebriert werden mu ß te. Das einzig Ungewöhnliche daran war, da ß sie mich ausgerechnet in meinem eigenen Revier in die Knie zwingen wollten. Offenbar hatten sie niemals in diesen teuren Hochglanz-Sachbüchern über unsere Gattung geblättert, sonst wäre ihnen die Bedeutung dieses Verstoßes bewu ß t gewesen.
Die wilde Schlacht im Keller ging folgendermaßen über die Bühne:
Das Bermuda-Dreieck brach jäh auseinander, als ich mit einem überraschenden Eineinhalb-Meter-Sprung auf einen der Felsen aus Computerausdrucken sprang. Da die drei aber aus lauter aufgestauter Wut nicht in der Lage waren, ihre Angriffe untereinander zu koordinieren, hechteten sie mir alle gleichzeitig nach, während ich mich bereits hüpfenderweise unterwegs zu dem nächsthöheren Felsgipfel befand. Die Marx-Brothers prallten auf der Spitze des Papierfelsens, welcher natürlich viel zu eng für alle drei war, aufeinander, veranstalteten panische Kraxelbewegungen, um nicht abzustürzen, bekamen aber keinen Halt und purzelten schließlich doch herunter.
Kong war wieder einmal der erste, der sich im Nu aufrappelte, hektische Orientierungsblicke um sich warf und dann zu meinem Gipfel emporsprang. Während er noch in der Luft war, ließ ich mich wiederum auf den Boden fallen, wo mich Herrmann und Herrmann mit vor Zorn, Dummheit und Wahnsinn geweiteten Augen erwarteten.
»Überla ß t ihn mir!« brüllte Kong hysterisch, der inzwischen oben angekommen war. Doch Herrmann und Herrmann waren schon zu sehr die Sklaven des überschüssigen Adrenalins in ihren Adern geworden, als da ß sie zu einer Vollbremsung imstande gewesen wären. Der schielende von den beiden schien sogar Schaum im Mund zu haben.
Wir sprangen alle gleichzeitig. Als die zwei abhoben und in meine Richtung sausten, katapultierte ich mich ebenfalls in die Lüfte, und zwar ihnen genau entgegengesetzt. Etwa einen halben Meter über dem Erdboden geriet ich zwischen die Aggressivlinge, nachdem ich jedoch vorher die Vorderpfoten ganz steif von mir gestreckt und die Krallen ausgefahren hatte. Und während Herrmann und Herrmann an mir vorbeihuschten, streifte ich sie leicht, wobei meine Krallen beachtliche Ritzer jeweils seitlich in ihre Pelze schnitten.
Aber ich hatte nicht mit der Zielgenauigkeit von Kong gerechnet. Als ich auf der anderen Seite wieder Boden unter meinen Pfoten spürte, sprang er von seiner luftigen Höhe hinab genau auf meinen Rücken und versuchte sofort, den Nackenbi ß anzubringen. Mit einem reflexartigen Ruck schüttelte ich ihn ab, scho ß zwischen den beiden Orientalen, die sich ihre Wunden leckten, hindurch und eilte zu der Wand, wo sich in zirka zweieinhalb Meter Höhe die Luke befand.
Zweieinhalb Meter, eine Hürde, die unmöglich zu nehmen war. Doch ich konnte mir jetzt nicht den Hauch eines Zögerns leisten. Meine Häscher hatten sich mittlerweile von ihrer Benommenheit erholt und flitzten mit wutverzerrten Fratzen in meine Richtung. Ohne viel zu überlegen, hechtete ich auf den erstbesten Papierhügel und von dort aus blindlings auf die Luke zu. Eine andere Alternative als die, den ganzen Körper exakt in diese kleine Öffnung hineinzurammen, gab es nicht.
Der Schmerz jagte wie höllenheiße Lava durch meinen Körper, denn wie befürchtet, gelang mir alles andere als eine saubere Landung. Ich streifte den Lukenrahmen seitlich mit dem Kopf, so da ß er einen gehörigen Stoß erhielt und mein linkes Lippenteil blutig scheuerte. Notdürftig bekamen meine Vorderpfoten einen Halt. Nun hing ich zitternd an der Luke, während das blutdürstige Gesindel unten immer wieder hochsprang und nach meiner unteren Körperhälfte zu schnappen versuchte, als sei sie das Belohnungsfleisch für den besten Athleten.
Langsam, meine gesamte Muskelkraft aktivierend und verbissen an nichts anderes denkend als an
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