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Felidae

Felidae

Titel: Felidae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirincci
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das, was mit mir passieren würde, falls ich herabplumpste, zog ich mich ratenweise nach oben und dann schließlich in die Luke hinein. Ein letzter Blick nach unten versicherte mir, dass dieser schlechte Film noch lange nicht gelaufen war. Sobald Kong und seine Untergebenen meiner Rettung gewahr wurden, hüpften sie nacheinander ebenfalls auf die Papierstöße und schickten sich voll Enthusiasmus an, mir zu folgen.
    Ich verließ die Luke und rannte kopflos in den Garten. Hier erwartete mich eine wahre Sintflut. Alles, was der Himmel aufzubieten hatte, schien in dieser Nacht herabzufallen. Es war kaum mehr Regen zu nennen, was da niedergeprasselt kam und mich innerhalb von Sekunden bis auf die Haut na ß werden ließ, sondern der Atlantische Ozean selbst. Die Regentropfen hatten sich in Dolche verwandelt, die beim Aufschlagen Schmerzen auf dem Körper verursachten. Der Regen fiel so dicht, dass man kaum einen Meter weit sehen konnte. Dazu blitzte und donnerte es unaufhörlich, als sei der Tag des Jüngsten Gerichts angesagt.
    Ich lief zu der geradeaus vor mir liegenden Gartenmauer und bestieg sie mit einer Mischung aus Springen und Klettern. Oben angelangt und atemlos nach Luft japsend, schüttelte ich mir das Wasser aus dem Fell und schielte gleichzeitig auf die Luke. Sie hatten es geschafft! Erst Kong, dann Herrmann und Herrmann entschlüpften der Öffnung und rasten in meine Richtung. Der nasse Weltuntergang schien sie nicht im mindesten zu beeindrucken.
    Während nun die verdammten Niagarafälle niederstürzten und in den Gärten für kleine Überschwemmungen sorgten, rannte ich ohne Ziel und zugegebenermaßen auch ohne Verstand über die Mauern immer weiter und weiter, bog, mich der Diktatur der Mauertopographie fügend, mal links, mal rechts ab und versuchte mir dabei beständig einzureden, da ß ich meine Verfolger abgeschüttelt hatte. Doch diese tauchten in dem Regenschleier hinter mir immer wieder auf und beglückten mich mit ihren quirligen Umrissen, die überhaupt nichts von Erschöpfung verrieten.
    Schließlich blieb ich abrupt stehen und legte eine Denkpause ein. Planlos weiter zu fliehen hatte keinen Sinn, denn irgendwann würde ich gegen die Rückfront eines Hauses knallen und bange abwarten müssen, bis die drei mich eingeholt hätten. Schlau, um nicht zu sagen genial war es dagegen, in irgendeinen Garten zu springen und dort flink nach einem offenen Kellerfenster oder einer abseits gelegenen, vergammelten Laube Ausschau zu halten. Ein Versteck, wo ich rasch unterschlüpfen konnte, würde sich sicherlich finden lassen.
    Wiewohl meine Sicht durch den Regen beschränkt war, machte der Garten unter mir den für solch eine Operation geeignetsten Eindruck, weil er sehr groß war. Das Gelände war ohne Symmetrie und erkennbare Ordnung wild mit Bäumen und Sträuchern bewachsen, um die im tosenden Unwetter Plastikgartenmöbel herumflogen. Der künstlich angelegte Teich in der Mitte war inzwischen infolge des Regens über seine Ufer getreten und hatte wahrscheinlich so den Lebensraum der sich darin befindenden Zierfische erweitert. Der verwitterte Altbau, zu dem der Garten gehörte, lag in gespenstischer Finsternis da und strahlte etwas Unheilschwangeres aus.
    Der Haken an der ganzen Angelegenheit war nur, da ß ich von meinem Standpunkt auf der Mauer den in Betracht kommenden Landeplatz unten kaum sehen konnte, da er sich im Schatten der Bäume und der Mauer verbarg. Aber dieses Risiko mu ß te ich nun einmal eingehen.
    Von diesem Moment an entwickelten sich die Ereignisse in einer derart surrealen Art und Weise, da ß sie mir rückblickend wie ein weiterer Alptraum vorkommen. Unvermittelt wurde ich in einen Strudel von unerme ß lichem Schrecken hineingerissen, und alles, was vorher stattgefunden hatte, erschien dagegen wie ein müder Auftakt.
    Ohne mir weitere Gedanken zu machen, wo ich nun aufsetzen würde, sprang ich von der Mauer herab und landete zu meiner Erleichterung sanft im weichen, kniehohen Gras. Ich wollte sogleich nichts als verschwinden und mir ein Versteck suchen, als mit einem Mal ein gewaltiger langanhaltender Blitz den Garten grell erleuchtete. Als ich erkannte, über was ich beinahe gestolpert war, blieb ich wie gelähmt stehen.
    Sie lag direkt vor meinen Pfoten, und ihre azurblauen Augen blickten wie träumend in den sich wütend entladenden Nachthimmel. Sie war eine schneeweiße Balinesin mit den ihr eigenen bräunlichen Geisterschatten im Gesicht, auf den Ohren, Pfoten und dem

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