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Felidae

Felidae

Titel: Felidae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Akif Pirincci
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Schurke sein. Ein religiöser Fanatiker, den ich schon seit der bestimmten Nacht verdächtigte, in der er mir als Zeremonienmeister der Schmerzrituale begegnet war. Seine ganze Erscheinung hatte etwas Diabolisches, Allmächtiges, Kaltherziges, ja Brutales, so da ß er wie die Faust aufs Auge in das Bild des perfekten Killers pa ß te. Gerade dieses primitive Bild war es aber, das in mir ein Gefühl maßloser Irritation auslöste. Alles pa ß te zu gut, allzu nachvollziehbar zusammen. Gewi ß , ohne es mir einzugestehen, hatte ich während meiner zahlreichen Schockerlebnisse immer an diesen Schweinepriester denken müssen. Beständig war er wie eine nicht totzukriegende Schlange aus den tiefsten Tiefen meines Unbewu ß ten hervorgekrochen und hatte mir in seinem ehrfurchtgebietenden Ba ß zugeschrien: Ich bin der Mörder! Ich bin der Mörder! Aber ich hatte mich immer geweigert, der Donnerstimme zuzuhören, ihre Existenz überhaupt wahrzunehmen. Nun jedoch, da der von derartigen Verdrängungsmechanismen unbelastete Pascal so frank und frei meiner Ahnung zustimmte, mu ß te ich den Tatsachen ins Auge blicken. In der Tat, wenn man die vielen Für und Wider sorgsam abwägte, kam eigentlich nur Joker als Mörder in Frage. Und dennoch, etwas sträubte sich weiterhin in mir, eine Auflösung zu akzeptieren, die einfach zu schön war, um wahr zu sein. Wie ich glaubte, hielt ich nur noch einen einzigen Trumpf in der Hand, um Pascal aus der Reserve zu locken.
    »Da wäre noch diese merkwürdige alt-neue Rasse, von denen mir heute eine über den Weg gelaufen ist, und die Blaubart zufolge ein Kuriosum im Revier darstellt«, gab ich spitzbübisch zu bedenken.
    »Professor Preterius' Mörderrasse!« strahlte Pascal.
    »Ja, Preterius' Mörderrasse. Was spricht eigentlich dagegen? Doch nur so was Lächerliches wie die Logik«, entgegnete ich wie ein trotziges Kind. Pascal aber fiel nicht auf die Provokation herein und lächelte wie ein der progressiven Erziehung huldigender Vater, der sogar im primitivsten Trotzverhalten seines Kindes noch Gott weiß was Schöpferisches zu entdecken vermag.
    »Nicht nur die Logik, Francis, obwohl ich gestehen mu ß , da ß an dieser Theorie was dran ist. Sie ist jedoch ein bi ß chen zu brav kombiniert, wenn ich's mal so ausdrücken darf. Denn du vergi ß t dabei den Umstand, da ß es zur Entstehung einer neuen oder ›alt - neuen‹ Rasse nicht unbedingt einer ausgeklügelten Züchtung, das heißt der Manipulation von Menschenhand bedarf. Kurzum, du vergi ß t den sogenannten ›blinden Uhrmacher‹, sprich die Evolution, die unergründlichen Pläne der Mutter Natur. Sie nämlich erschafft tagtäglich neue Spezies, ohne sich dieser wundervollen Arbeit bewu ß t zu sein. Einfach ausgedrückt, neuartige oder andersartige Rassen entstehen auch aus reinem Zufall. Man mu ß nicht erst großartig ein raffiniertes Zuchtprogramm bemühen, um das Selbstverständlichste zu erklären. Sieh mal, neunundneunzig Prozent unserer Artgenossen paaren sich völlig unkontrolliert, ohne ein bestimmtes System miteinander. Da ist es nur natürlich, da ß dabei irgendwann eine bis dahin unbekannte Gattung herauskommt. Was also lernen wir daraus? Eine neue Rasse, das ist die natürlichste Sache der Welt. Ergo vernachlässigst du bei deiner Mörderrassetheorie nicht nur die Logik, sondern auch die Nicht-Logik beziehungsweise den Zufall, mein Lieber.«
    »Du glaubst, meine Holde und ihre Gattungsgenossen sind das Produkt natürlicher Selektion?«
    »Stark anzunehmen, wobei ich deine Theorie nicht widerlegen kann, weil mir für meine eigene Theorie die Beweise fehlen. Dafür jedoch habe ich die gute alte Wahrscheinlichkeit auf meiner Seite.«
    Der alte Knacker war ein Genie, dies mu ß te ich mir ohne Wenn und Aber eingestehen. Denn während ich mir schlaue Hypothesen zurechtlegte und dann auf Teufel komm raus abstruse Gründe und Rechtfertigungen für diese erfand, zäumte er das Pferd von der richtigen Seite auf und ging zuerst von Wahrscheinlichkeit und natürlichen Ursachen aus. Ich machte den Fehler, stets komplizierte Berechnungen anzustellen und ignorierte dabei völlig, da ß auch so etwas wie Zufall und das Zusammentreffen von sonderbaren Umständen auf der Welt existierten. Mit anderen Worten, Pascal dachte zwar logisch, aber trotzdem einfach, ich dagegen logisch und kompliziert.
    »Du hast wie immer recht, Pascal«, stöhnte ich resigniert auf. »Wenn du erlaubst, möchte ich die Fortsetzung dieses

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