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Fenster zum Tod

Fenster zum Tod

Titel: Fenster zum Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linwood Barclay
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war Blut.
    Nicole ließ den Pfeil fallen und presste die linke Hand auf die Wunde. Jetzt ließ sie auch die Waffe fallen, drehte sich um und taumelte zum Schreibtisch.
    Sie hustete, und Blut quoll ihr aus Mund und Hals. Sie stützte sich am Schreibtisch ab, wenn auch nur wenige Sekunden. Als das Sirenengeheul fast ohrenbetäubend nahe klang, fiel sie zu Boden.
    Jetzt war auch Julie im Raum. Beim Anblick des Gemetzels blieb sie wie angewurzelt stehen. Ein Feuerwehrmann, der hinter ihr hereingestürzt kam, rannte sie beinahe über den Haufen.
    »Ray?«, sagte sie.
    Thomas half mir bereits auf. »Guck mal, wen ich gefunden hab«, sagte er. »Ich hab Julie mitgebracht.« Er lächelte. »Ich bin wieder da.«

Einundsiebzig
    I m Laufe der folgenden vierundzwanzig Stunden mussten Thomas, ich und Julie eine Menge Fragen beantworten. Gestellt von allen möglichen Behörden. Getrennt und gemeinsam. Von der Polizei der Stadt New York, von der Polizei des Staates New York, vom FBI. Vielleicht auch noch von der Hafenpolizei. Möglich wär’s. Später erfuhr ich, dass sogar jemand vom Heimatschutz da gewesen war. Doch es waren so viele gewesen, die uns Löcher in den Bauch gefragt hatten, dass ich sie nicht mehr hatte auseinanderhalten können.
    Als wir einen Augenblick allein waren, brachte Thomas seine Enttäuschung darüber zum Ausdruck, dass sich niemand von der CIA blicken ließ. »Man sollte doch meinen, dass sich einer dafür interessiert, wie’s mir geht«, flüsterte er. Ich sah den Ausdruck in seinen Augen. Er war gekränkt.
    Das Gute an diesen stundenlangen Befragungen war, dass auf diese Art auch wir mitbekamen, was geschehen war. Die Lücken füllten sich Stück für Stück, hauptsächlich deshalb, weil die Feuerwehr und der Notarzt noch rechtzeitig gekommen waren, um Howard Talliman und Morris Sawchuck zu retten. Man hatte sie beide blutend auf dem Boden im vorderen Teil des Spielzeugladens gefunden.
    Talliman, der in kritischem Zustand war, hatte sich noch nicht sehr gesprächig gezeigt. Sawchuck jedoch, der einen Lungenschuss erlitten hatte und dessen Zustand als ernst beschrieben wurde, erzählte den Strafermittlern alles, was er wusste. Er hing an diversen Geräten, die seine Atmung unterstützten, deshalb tippte er die Antworten auf die Fragen, die man ihm stellte, so schnell er konnte in das Laptop, das man ihm auf die Intensivstation gebracht hatte.
    Die Erklärung für vieles von dem, was sich ereignet hatte, hatten wir noch während unserer Entführung erhalten. Fitchs Erpressungsversuch führte zu dem Mordauftrag. Was sie wirklich gewusst oder zu wissen behauptet hatte, erschloss sich uns allerdings nie wirklich. Bridget Sawchuck wurde versehentlich getötet. Das Ehepaar in Chicago war Nicole im Laufe ihrer Mission, das Foto der erstickten Frau aus dem Internet verschwinden zu lassen, zum Opfer gefallen.
    Das war’s im Großen und Ganzen.
    Lewis Blocker war natürlich tot.
    Und Nicole konnte nicht mehr gerettet werden. Es stellte sich heraus, dass Nicole nicht ihr richtiger Name war. Es hieß, in einem früheren Leben sei sie Sportlerin gewesen und hätte sogar an irgendwelchen Olympischen Spielen teilgenommen – das erklärte den kraftvollen Tritt –, aber da war noch viel Ermittlungsarbeit zu leisten.
    Ich war nicht stolz darauf, die Frau umgebracht zu haben. Ich wusste, ich hatte keine Wahl gehabt, aber es war mir keine Genugtuung, dass sie tot war. Ich würde bestimmt eine Zeitlang Alpträume deswegen haben.
    Das A und O des Ganzen war jedoch: besser sie, als ich. Oder Thomas.
    Viele der Fragen, die man mir stellte, als ich allein befragt wurde, betrafen Thomas und seinen seltsamen Zeitvertreib. Ich wusste, sie hatten sich mit Dr. Grigorin in Verbindung gesetzt, und auch unseren Freunden Parker und Driscoll vom FBI hatten sie ihre Aufwartung gemacht. Sie bestätigten meine Aussage im Großen und Ganzen: Thomas war sicher ein Unikum, aber keine Gefahr, weder für sich noch für andere. Zu guter Letzt sah es sogar so aus, als seien die verschiedenen Vollzugsbehörden überzeugt, dass Thomas nicht nur harmlos, sondern sogar ein Held war. Der Mord an Bridget Sawchuck wäre ohne seine Entdeckungsreisen im Internet nie ans Licht gekommen.
    Was nicht thematisiert wurde, war, dass ebendiese Entdeckungsreisen Kyle und Rochelle Billings schließlich das Leben gekostet hatten. Ob Thomas das in den Sinn gekommen war, konnte ich nicht sagen, und ich vermied tunlichst, ihn darauf hinzuweisen. Vielleicht, weil

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