Ferdinand Graf Zeppelin
Kurhaus einlud: »Denn wer mit mir arbeitet, der soll auch mit mir essen!« verkündete er freudestrahlend – dann endlich zog er sich mit Bella in seine Suite zurück. Todmüde, aber zufrieden ließ er sich in einen der schweren Polstersessel sinken, kaum dass Bella die Türe hinter den beiden geschlossen hatte. »Was für ein Tag!«
»Und was es erst für eine Geburtstagsfeier geben wird!« lachte die überglückliche Isabella von Zeppelin und spielte damit auf den 62. Geburtstag ihres Mannes am 8. Juli an, den sie wie immer auf Schloss Girsberg zu feiern gedachten. »Ich bin gespannt, welche Huldigungen sie dir darbringen werden – dieselben Leute, die hinter deinem Rücken über dich gespottet haben – und dich manchmal ja auch ganz unverhohlen direkt in deiner nächsten Nähe als den verrückten Luftgrafen tituliert haben. Und jetzt dieser Triumph, den in Wahrheit doch nahezu niemand für möglich gehalten hatte. Das ist schon eine wunderbare Fügung, dass die erste Luftfahrt deines Schiffes künftig beinahe auf den Tag genau mit deinem Geburtstag zusammen gefeiert werden kann.«
Von Ferdinand kam keine Antwort. Seltsam! Das war doch sonst nicht seine Art!
Verwundert wandte Bella sich um und lernte den Grund für den ausgebliebenen Kommentar rasch kennen. Ihr Ferdinand war eingeschlafen. Kein Wunder: nach all der Nervenanspannung dieses ereignisreichen – und Gott sei Dank – erfolgreich verlaufenen Tages!
Die Feier seines 62. Geburtstages konnte der »Held von Friedrichshafen« wie ihn die Menschen am See jetzt mit einem Mal titulierten, dennoch nicht unbedingt in vollen Zügen genießen. Denn während die lokalen Zeitungen und natürlich auch der im Luftschiff mitgefahrene Berichterstatter Eugen Wolf die Jungfernfahrt des »Zeppelin« in den höchsten Tönen feierten, mischten sich in die Berichterstattung der anderen überregionalen Blätter doch auch unverkennbar skeptische Töne. Ganz abgesehen von den gewaltigen Kosten, die der Luftschiffbau als solcher verschlungen habe, die sicherlich bei gut und gerne einer Million Mark liegen dürften, würde für jede weitere Fahrt des Luftschiffs – wie man aus sicherer Quelle erfahren habe – allein durch die Befüllung mit dem Wasserstoffgas die unglaubliche Summe von 10.000 Mark benötigt. Wohlgemerkt: Jedesmal! Wie konnte man angesichts dieser Unsummen auch nur eine Sekunde lang daran glauben, die Luftfahrt könne eines Tages womöglich rentabel betrieben werden? Völlig undenkbar! Und das bei dieser ohnehin mehr als störungsanfälligen Konstruktion! Immerhin habe es ja für jedermann erkennbar, gleich bei der ersten Fahrt deutliche Schwierigkeiten mit dem Luftschiff und seiner Stabilität gegeben. Probleme, die auch die bei dem Ereignis versammelten (von vornherein skeptisch-distanzierten) preußischen Militärexperten nicht unbedingt ins Schwärmen geraten ließen. Allein der immer wieder ins Feld geführte Verweis auf die »gerade einmal 18 Minuten«, in denen sich das trudelnde Schiff in der Luft habe halten können, sorgte beim Grafen für erheblichen Verdruss. Darüber konnte ihn noch nicht einmal das warmherzige Glückwunschschreiben hinweg trösten, das er von König Wilhelm II. aus Friedrichshafen erhalten hatte.
«Ich muss so rasch wie möglich einen zweiten Aufstieg realisieren«, resümierte Ferdinand von Zeppelin, als sich endlich auch der letzte Gratulant verabschiedet hatte.
»Aber die Leute hier liegen dir doch regelrecht zu Füßen, Ferdi. Du bist der Held für sie. Du und dein »Zeppelin«. Denen musst du doch nichts mehr beweisen!«
»Denen nicht, Bella. Aber mir, beziehungsweise diesen ganzen preußischen Nörglern und Besserwissern. Es wäre zu schön gewesen, wenn alles geklappt hätte am 2. Juli und wenn wir einen hübschen, ruhigen Rundflug geschafft hätten. Aber das war nicht der Fall, das muss ich schon zugeben – und um die Lästermäuler möglichst rasch zum Verstummen zu bringen, muss ich eben so schnell wie es nur geht, eine zweite Fahrt veranstalten. Das verlangen übrigens auch meine Mitgesellschafter von mir. Da, Hella. Lies nur, was sie mir in die Glückwunschtelegramm mit hineingeschrieben haben. Es ist die – mehr oder minder deutliche Aufforderung, sofort mit einem wirklich eindeutigen Beweis über die hundertprozentige Flugtauglichkeit des Luftschiffes nachzulegen, oder aber … den Rest kannst du dir ja denken«, setzte er mit bitterer Miene noch hinzu. »Du wirst das schon schaffen, Ferdi, da bin ich mir
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