Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ferien mit Oma

Ferien mit Oma

Titel: Ferien mit Oma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilse Kleberger
Vom Netzwerk:
zeigte den Kindern, daß er leer war, breitete ein schwarzes Tuch darüber, sagte „Hokuspokus fidibus“ und holte nacheinander daraus hervor: einen Apfel, eine brennende Zigarette, die er sich grinsend in den Mund steckte, obwohl Oma ihm mit der Stricknadel drohte, sechs bunte Seidentücher, einen chinesischen Sonnenschirm und einen Strauß Papierblumen.
    Schließlich zog er Omas Wellensittich Paulchen heraus, Peters Mäuse, Jans Schildkröte, Brigittes Kaninchen und am Schluß den sich sträubenden und fauchenden Kater Friedolin.

    Die Kinder waren ganz aufgeregt, lachten und schrien durcheinander.
    „Wie macht man das, wie zaubert man?“ rief Jan. „Kann ich es bei Ihnen lernen? Ich will auch Zauberer werden.“
    „Wie kommt es, daß der Kater in dem Hut nicht den Wellensittich gefressen hat?“ fragte Brigitte zur gleichen Zeit.
    „Haben Sie auch manchmal kleine Kinder im Hut?“ rief Peter und rückte von dem Zauberer fort in Omas Nähe.
    Karoline rutschte auf ihrem Stuhl hin und her und piepste: „Können Sie auch eine Babypuppe zaubern? Ich wünsche mir so sehr eine Babypuppe.“
    Sogar der dicke Frieder, der sonst nicht leicht aufzuregen war, schob seinen Kaugummi in die andere Backe und murmelte: „Toll der Mann, toll.“ Paulchen hatte sich auf Omas Schulter geflüchtet und krähte „Hokuspokus!“
    Der Zauberer schaute sich stolz in der Runde um. „Ihr seid ein verdammt nettes Publikum“, sagte er zufrieden.
    Oma ließ das Strickzeug sinken und blickte verträumt vor sich hin. „Als ich klein war, waren die Zauberer immer sehr feine Herren, sehr vornehm. Ein Fluch wäre ihnen nie über die Lippen gekommen.“
    Beschämt senkte der Zauberer den Kopf und murmelte: „Ich will mich bessern.“
    Brigitte erzählte ihm stolz vom Großreinemachen im grünen Wagen. „Ja“, sagte er, „der hatte es nötig. Ich bin nicht dazu gekommen und hatte auch keine rechte Lust aufzuräumen. Früher hat das immer die Marietta gemacht. Sie hat auch Blumen auf den Tisch gestellt.“
    „Warum haben Sie denn vier Betten in Ihrem Wagen?“ fragte Jan.
    Der Zauberer seufzte. „Ich hatte mir das so schön vorgestellt. Ich hätte später gern zwei Kinder gehabt, einen Jungen und ein Mädchen. Dafür brauchte ich doch vier Betten. Aber nun ist alles anders geworden.“
    Auf einmal sah der Zauberer ganz traurig aus. Er lehnte sich still zurück und hatte keine Lust mehr zum Plaudern. Jan überlegte krampfhaft, wie er ihn wieder aufheitern könnte.
    Plötzlich sprang er auf. „Ich hol’ Ihre Trompete. Sie müssen uns etwas Vorspielen.“
    „Au ja, fein, bitte“, riefen die Kinder durcheinander. Jan lief und holte das Instrument. Der Zauberer zierte sich ein wenig. „Ich kann doch gar nicht richtig spielen.“ Aber dann hob er die Trompete doch an den Mund und blies die Backen auf. Zuerst kam ein Ton, der klang, als wenn man Friedolin auf den Schwanz getreten hätte. Dann folgten zwei, drei Töne, die sich anhörten wie eine verrostete Kellertür. Aber schließlich kam eine richtige Tonleiter zustande. Mancher Ton saß zu hoch, mancher zu tief, doch man hörte schon, was es sein sollte.
    „Und nun bitte ein Lied!“ riefen die Kinder.
    „Ich kann nur eins“, sagte der Zauberer.
    „Spielen Sie’s bitte, spielen Sie’s!“
    „Hopp, hopp, hopp, Pferdchen lauf Galopp“, erscholl es. Und weil es das erste Mal noch nicht so ganz richtig klang, spielte der Zauberer es noch einmal und dann noch einmal. Plötzlich hörten sie im Haus die Vordertür knarren, und etwas stampfte gewaltig den Flur entlang.
    „Warum macht denn der Heiner so gräßlichen Lärm?“ fragte Oma. Aber dann hörten sie, daß es mehr als zwei Beine waren, die daherkamen und vor dem Fremdenzimmer anhielten. Jetzt war es draußen mucksmäuschenstill und drinnen auch, weil alle angestrengt lauschten.
    „Mach mal die Tür auf“, sagte Jan zu Brigitte, die der Tür am nächsten saß.
    Brigitte schauderte. „Ach nein, lieber nicht.“
    Schließlich erhob sich Oma und öffnete die Tür, eine Stricknadel wie eine Waffe in der hocherhobenen Hand. Aber sie brauchte keine Waffe. Vor ihr stand das Pferd Max und blickte mit seinen sanften Augen in das Zimmer.
    „Ach du liebe Zeit!“ rief der Zauberer. „Ich hab’ nicht daran gedacht, daß er uns hören könnte. Er ist es vom Zirkus her so gewöhnt, daß sein Auftritt kommt, wenn ich dieses Lied spiele.“
    „Was nun? Oma versuchte, das Pferd rückwärts zu drängen, aber es stemmte die Vorderhufe

Weitere Kostenlose Bücher