Fessle mich!
mitentscheiden dürfen. Im Zweifel hat hier nicht der Dominante, sondern der Devote die letzte Entscheidungsgewalt inne; denn in aller Regel wird er bei den gemeinsamen Spielen das größte psychische und körperliche Risiko tragen.
Vielleicht fragen Sie sich, wie Sie ein solches Warnsignal geben können, falls Sie sich beim Rollenspiel gerne knebeln lassen. Prinzipiell kommt es zunächst mal auf den Knebel an. Ist es Ihnen noch möglich, sich damit einigermaßen zu artikulieren, dann sollten Sie mit Ihrem Partner ein Safeword vereinbaren, das er auch unter diesen Bedingungen noch gut verstehen kann, beispielsweise ein vokalreiches Wort wie »Marmelade«. Macht Ihr Knebel auch das Erkennen einfacher Äußerungen unmöglich, dann können Sie ein nicht-sprachliches Signal vereinbaren, das in das von Ihnen gewählte Rollenspiel passt, beispielsweise Klopfzeichen, heftiges Zukneifen der Augen oder ein rhythmisches Aufstampfen mit dem Fuß. Die SM-Gruppe Datenschlag (Datenschlag.org) schlägt ein kontinuierlich wiederholtes Signal im Dreierrhythmus analog zu SOS vor, also etwa »Um, um, um! … Um, um, um! … Um, um, um!« Probieren Sie doch in einer Art Trockenübung einfach aus, ob es klappt, und wenn nicht, verändern Sie es ein wenig, bis es passt.
Wenn Sie mit Ihrem Partner ein Safeword vereinbart haben, dann sollten Sie es in einer kritischen Situation auch benutzen. Es mag unterschiedliche Gründe geben, die Sie davon abhalten. Vielleicht trauen Sie Ihrem eigenen Missbehagen nicht und glauben, Sie würden das schon überstehen. Vielleicht sehen Sie, dass Ihr Partner gerade so wunderbar im Spiel mit Ihnen aufgeht, und möchten ihn aus dieser Stimmung nicht herausreißen. Möglicherweise werden Sie auch von einem absurden Stolz gepackt und Sie denken sich: Das wollen wir doch mal sehen, ob ich das nicht durchstehe, ohne zu kneifen. Das Problem dabei ist, dass Sie bei Ihrem Partner den Eindruck erwecken, es sei alles in Ordnung, während das in Wahrheit keineswegs der Fall ist. Und Stunden oder Tage, nachdem das Spiel vorüber ist, stellen Sie fest, dass Sie das entsprechende Ereignis doch nicht so gut verarbeiten konnten, und teilen ihm mit, dass er zu weit gegangen sei. Das bringt Sie beide in eine unglückliche Situation, denn was geschehen ist, kann niemand wieder ungeschehen machen. Sie können Ihren Einfluss sinnvoll nur in der Situation geltend machen, in der sich noch etwas ändern lässt.
Das alles heißt natürlich nicht, dass Sie bei Ihrer gemeinsamen Aussprache nach dem Spiel nicht auch darüber sprechen können, wann und warum Sie ein Safeword verwendet haben oder kurz davor standen. Es gibt allerdings zwei Dinge, die bei einer solchen Aussprache eher schädlich sind. Das eine ist eine Verteilung von Schuld. Machen Sie Ihrem Partner keine Vorwürfe, quälen Sie sich aber auch nicht selbst damit, wenn Sie ein Safeword nicht benutzt haben. Das bringt Sie beide und Ihre Beziehung nicht weiter. Anschuldigungen haben nur dann ihre Berechtigung, wenn einer der beiden Partner wirklich grobes Fehlverhalten begangen hat, zum Beispiel indem er ein unmissverständlich geäußertes Safeword bewusst ignorierte.
Dass sich SM-Spiele mit und ohne die Verwendung eines Safewords stark voneinander unterscheiden, macht Eva deutlich: »Solange alles gut geht, könnte man meinen, dass keine Unterschiede zwischen beiden Spielen bestehen. Aber das ist nicht ganz richtig. Denn bei einem Spiel mit Safeword trägt der devote Partner die Verantwortung, sich rechtzeitig zu melden. Er muss also die ganze Zeit nicht nur in der physischen, sondern auch in der psychischen Lage sein, ein Safeword auszusprechen, und zwar gerade, wenn es schwer wird. Er darf sich also nicht so weit ins Spiel fallen lassen, dass das nicht mehr möglich ist. Der Dominante andererseits hat oft gehörigen Respekt davor, ein Safeword zu hören, und neigt dazu, potenzielle › Gefahrenbereiche ‹ großräumig zu umschiffen. Ein Spiel ohne Safeword kann also emotional tiefer gehen als eines mit Safeword. Denn die Auslieferung des Devoten ist dann für viele Spieler sehr viel intensiver zu spüren. Schließlich verzichtet der Devote dabei auf jegliche direkte Möglichkeit, in das Spielgeschehen einzugreifen oder es gar offiziell zu beenden. Der Dominante hat so die letzte Entscheidung darüber, was dem Devoten zugemutet werden soll und was nicht. Er kann das Spiel fortführen, obwohl der Devote droht abzustürzen oder gar abgestürzt ist. Und gerade wenn es
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