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Fest der Fliegen

Fest der Fliegen

Titel: Fest der Fliegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Heidenreich
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ließen die Lichtkegel ihrer Taschenlampen durch die dunstige Nachtluft kreisen und zucken und glaubten noch immer nicht, dass Martina geflohen war. Es war ausgeschlossen. Sie war tot. Sie musste tot sein. Ohne es auszusprechen, dachten beide Engelslegionäre dasselbe: Jemand hatte sie geholt. Etwas hatte sie geholt. Durch die Seitentür in der Bibliothek, die sie zuvor nicht gesehen hatten, war es eingetreten. Oder er. Er, dessen Namen sie beide nicht aussprachen, hatte seine Beute geholt. Salviati drehte sich um und lief über den Steg zum Haus zurück. De la Chambre folgte ihm. Als er Salviati zu seinem Toyota gehen sah, rief er ihm nach: »Bleib hier! Ich kann hier nicht allein sein! Luzifer ist hier!« Salviati blieb stehen und wandte sich zu ihm um. »Vielleicht. Vielleicht ist es auch schlimmer. Vielleicht hat ein Engel sie gerettet. Und wir sind für Luzifer bestimmt. Haben wir nicht beide mehr als genug Sünden für die Hölle aufgehäuft? Petrus Venerandus wird bald hier sein. Warte auf ihn.« Er stieg ein und fuhr los. De la Chambre sah den rot glühenden Rücklichtern nach. Er rannte ins Haus zurück und schlug die Tür zu. Er zitterte am ganzen Leib, sah sich um, lief in die Ecke hinter das große Mahlwerk, hockte sich in den Mauerwinkel, schlang seine Arme um die Schultern und wollte nur noch übersehen werden. Kaum hörbar betete er. »O heiligstes Herz Maria, um des Schmerzes willen, den du empfunden hast, als der Leichnam deines Sohnes in das Grab gelegt und du vom Geliebten deiner Seele getrennt wurdest, übe Erbarmen an jenen Sündern, die so sehr der Hilfe, des Beistandes und der Barmherzigkeit bedürfen. Flehe so lange bei deinem göttlichen Sohne, bis er sie begnadigt hat. Maria, Mutter des Gekreuzigten, sei unsere Rettung!« Er starrte am alten Mehltrog vorbei in den leeren Raum und wartete auf die Schlange des Bösen.
    Liesel öffnete in einem schwerseidenen Morgenmantel von einem derart nackten Rosa, dass Swoboda unwillkürlich die Augen schloss. »Entschuldige«, sagte sie, »ich war schon ganz auf Entspannung. Du siehst grauenhaft aus, ich dachte, du warst in Griechenland. Ich brauche jetzt einen Schampus, komm ins Kaminzimmer.« Versunken in schwarzlederne Fauteuils, saßen sie einander gegenüber und Swoboda berichtete, was er seit heute früh erfahren hatte. »Ich habe wirklich keine Ahnung, wo ich anfangen soll zu suchen. Ich hasse diese Hilflosigkeit. Ich kriege Halluzinationen. Auf dem Weg hierher in der Hauptstraße, du weißt, wie sie um die Zeit ist, tote Hose, aber ich hatte dauernd das Gefühl, dass mir jemand vom Schillerplatz bis hier hinterherschleicht. Paranoia! Sag mir bitte, wann du sie zuletzt gesprochen oder gesehen hast.« Sie schob ihm sein Champagnerglas über den Mosaiktisch zu. »Erst trinken, dann beruhigen, dann nachdenken. Meine Methode.« Sie trank das Glas in einem Zug aus. »Wir haben nach deiner Vernissage noch telefoniert. Es muss zwei oder drei Tage danach gewesen sein.«
    »Weshalb?«
»Du glaubst doch nicht im Ernst, dass wir einen Grund
brauchen, um zu telefonieren. Es war nichts Besonderes,
wir haben die Leute durchgehechelt, wir haben uns abgesprochen, den Kritiker, diesen Busso Maier, bei nächster Gelegenheit zu erschießen, und ansonsten über dich,
natürlich nur das Beste. Nichts war anders als sonst. Doch,
sie hat sich Sorgen gemacht, weil du anscheinend die Finger nicht von der Polizeiarbeit lassen kannst. Von dem Vertrag für die Mühle hat sie mir übrigens nichts gesagt, ich
finde das nicht nett von euch.«
»Vertrag? Was für ein Vertrag?«
»Na, nun tu nicht so, das habe ich nicht verdient.« Sie
schien tatsächlich verärgert zu sein.
»Ich weiß nichts von einem Vertrag. Ich habe jedenfalls keinen Vertrag für die Mühle gesehen.«
Sie schenkte sich nach und stellte die Flasche in den Kühler zurück. »Dann hat deine Martina vielleicht auf eigene
Faust gehandelt. Jedenfalls sieht es so aus, als ob eure Pächter eingezogen sind. Oder habt ihr am Ende verkauft? Du
weißt, dass ich an dem Gelände interessiert bin!«
Er schwieg und dachte nach. Es konnte immerhin sein,
dass Martina mit diesem Burton und seiner Stiftung einig
geworden war. Aber das Gebäude musste renoviert werden.
»Hast du da jemanden arbeiten sehen?«
»Da ist dauernd was los, ich kann die Mühle von meinem
Erker aus oben sehn, jetzt ist auch Licht.«
»Darf ich?«
Sie stand auf und ging voraus. »Es ist aber mein Schlafzimmererker.«
    Sie hatte offenbar schon im Bett

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