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Feucht

Feucht

Titel: Feucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Andresky
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Zu mehr war ich nicht in der Lage, die Trägheit war so durchdringend, dass ich mich gleichzeitig schwerelos und wie mit Beton ausgegossen fühlte. Mir wurde warm, feine Schweißperlen bildeten sich auf der Haut, ohne dass ich mich klamm fühlte oder fror. Auch mein Kopf wurde jetzt immer größer und leichter. Ich stellte mir vor, wie mein Gehirn sich in kleine und größere Seifenblasen verwandelte und im Raum umherschwebte, sanft schaukelnd wie von Wellen getragen. «Fliegst du?», murmelte Gereon, «dann lass uns jetzt hingehen.» Und weil an Aufstehen natürlich nicht zu denken war, starrte ich wie er an das Deckengemälde und ließ mich hineinziehen.
    Da war ein Uhu. Ein riesiger Uhu mit freundlichen, glänzenden Augen. Er saß in einem Nest, das mit bunten Beeren geschmückt war. Die Beeren standen rot und saftig und rankten sich an starken Zweigen weit hinunter. Das Nest wurde, das sah ich erst jetzt, getragen von zwei menschlichen Unterleibern, die sich tanzend im Kreis drehten. Der Kopf des Uhus bewegte sich gurrend mit, sodass er mich immer ansah. Die Unterleiber gehörten offenbar einem Mann und einer Frau. Sein überproportional großer Penis war steil aufgerichtet und wippte im Takt des Tanzes mit. Von weiter hinten drang Gelächter zu uns herüber. Eine Gruppe nackter Menschen ritt auf einem Rudel Hirsche vorbei, wir sprangen zurück und waren fast in einem glitzernden See gelandet. Einige junge Männer tauchten um eine riesige Himbeere herum. Ein Pärchen saß selbstversunken in einer großen Blase, die an einer baumhohen Blume wuchs, und streichelte sich die Schenkel. Ein anderes liebte sich in einer Muschel, die die Ausmaße eines Bettes hatte und von einem lachenden Mann um den See getragen wurde. Jedes Mal, wenn sie sich bewegten, seufzte das Muschelfleisch leise und der Deckel klapperte. In der Mitte des Sees tauchte eine Frau, sie blieb Ewigkeiten unter Wasser, und ich nahm an, dass sie dort unten weiteratmen konnte. Sie streckte ihre Beine weit gespreizt in die Luft, und über ihrem glitzernden, rötlich gelockten Schamhaar nisteten zwei balzende Vögel. «Das Paradies», murmelte ich, und Gereon lachte neben mir. «Hast du den Fisch gesehen?», kicherte er. Ich drehte mich um. Da ritt eine Frau auf einem Fisch, der in der Luft schwebte und sich kein Stück von der Stelle bewegte. Er bäumte sich aber auf und wand sich unter ihr, sodass sich ihr Geschlecht an seinem Rücken schubberte, und beiden schien es außerordentlich zu gefallen. Ich kicherte auch und zeigte auf ein Paar, das nahe am Ufer stand. Sie hielten sich eng umschlungen und wiegten sich vor und zurück, sodass die langen Haare der Frau immer wieder ins Wasser tauchten. Es sah aus, als tanzten sie, und nur an ihren halb geschlossenen Augen und den singenden Klagelauten konnte man erkennen, dass sie sich gerade liebten. Amseln und Rotkehlchen, die doppelt so groß waren wie die beiden, griffen die Laute auf und wiederholten sie. Gleich daneben wuchs eine bunte Blüte direkt aus dem Boden, eine Frau saß verzückt in ihrem Kelch und führte sich den Blütenstempel ein. Dann begann sie auf den Blütenblättern knieend zu schaukeln, und manchmal rieselte Blutenstaub wie Goldpuder hinunter. Die Luft war erfüllt von einem leisen Ächzen und Jauchzen, Stöhnen und Singen, und irgendwann fielen wir ein und summten mit, leise erst, dann immer lauter. Manchmal kicherten wir und dann sangen wir wieder fast andächtig. Ich schwebte. Mein Gesicht lag auf weichem, grünem, duftendem Gras, aber mein restlicher Körper schwebte. Gereon war irgendwo hinter mir, ich wusste es nicht genau, weil ich zwei ganz junge Männer beobachtete, die mit den Zweigen verflochten in der Krone eines Baums hingen, einer kopfüber, der andere kopfunter, und sich gegenseitig die Hoden leckten. Dann spürte ich, wie Gereon in mich eindrang, und ich erkannte, dass ich gar nicht schwebte, sondern über eine rote Beere gebeugt dalag, auf der er mich vor und zurück rollte. Eine Gruppe Mädchen lief lachend um uns herum, und ich senkte den Kopf und das Rot der Beere wurde immer intensiver, und alles roch betäubend nach Früchten, und ich hatte das Gefühl, mich aufzulösen in diesem Duft, und schwebte schließlich wie ein Wind über der hügeligen Landschaft und dem Teich mit seinen singenden Paaren.
    Es war wie in Barcelona. Als ich langsam aus dem Jointqualm emportauchte, war mir speiübel. Ich lag auf dem Bauch und versuchte mich unendlich langsam auf den Rücken zu

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