Feuchte Ernte. Zwölf schwule Herbstgeschichten.
und die Vier steht vor der Null. Beruflich hatte ich keine Sorgen, das Gehalt reichte auch. Aber die Liebe war auf der Strecke geblieben. Und die One-Night-Stands gestalteten sich auch nicht mehr so prickelnd wie früher.
Natürlich hatte ich Freunde, sogar eine Menge Freunde. Mit dem einen ging ich ins Theater, mit dem zweiten zum Sport, mit dem dritten zum CSD, mit dem vierten essen und mit allen natürlich auch ins Bett. Aber an jedem Kerl fand ich auch immer tausend Sachen, die mir nicht gefielen. Am liebsten hätte ich sie alle zusammengeworfen und mir daraus einen idealen Mann gebastelt, der genau zu mir passen würde.
Ich musste grinsen bei dem Gedanken. Von welchem meiner Freunde würde ich wohl den Schwanz nehmen? Von Marco, dem geilen Hengst? Oder lieber Uwes stählernen Hammer? Eigentlich kam es doch auf die Größe gar nicht so sehr an. Vielleicht den Gefühlvollen von Fjodor … oder den Geschickten von Bert? Mein eigenes Teil hatte auch ein ganz hübsches Format, und meine Freunde waren ziemlich wild darauf. Ich mochte es, gefickt zu werden, und ich mochte es genauso, die andern zu ficken.
Ich wich gerade noch einer großen, mit Regenwasser gefüllten Kuhle aus, die sich heimtückisch hinter einer Bodenwelle auf dem Feldweg verborgen hatte. Mein Rad holperte über das Stoppelfeld, blieb im lehmigen Ackerboden stecken und stürzte um. Es gelang mir, im letzten Augenblick abzuspringen, sodass ich nicht selbst im feuchten Lehm landete.
Ich sah mich um. Niemand hatte die peinliche Panne gesehen, zum Glück. Wie ein Anfänger hatte ich mich benommen! Aber weit und breit war kein Mensch zu entdecken. Nur ein Bussard kreiste auf der Suche nach Feldmäusen über dem einsamen Land.
Ich richtete mein Rad wieder auf – und sah die Bescherung. Ich hatte einen Platten! Ein spitzer Stein hatte meinem abgefahrenen Vorderreifen den Rest gegeben. Schluss mit dem Ausflug hoch zu Drahtesel, ich musste schieben. Wenigstens bis zur nächsten Landstraße. Dann könnte ich das Rad an einen Zaunpfosten anschließen, per Anhalter oder per Bus nach Hause fahren und das Wrack am Abend mit dem Auto holen.
Ein bisschen blöd kam ich mir vor, mit dem Pannenrad über den Feldweg zu trotten. Dazu kam, dass sich am westlichen Himmel dunkle Wolken zusammenbrauten. Natürlich hatte ich keinen Regenschutz mit – im Wetterbericht war kein Regen erwähnt worden. Ich beschleunigte meinen Schritt. Ungefähr nach einer Stunde Fußmarsch könnte ich auf eine Haltestelle des Überlandbusses treffen – vielleicht.
Das erste Wetterleuchten zuckte auf. Dann hörte ich in der Ferne ein leises Grummeln. Ein Gewitter kündigte sich an. Die Wolken ballten sich finsterer zusammen. Ich befand mich immer noch auf dem Feldweg, als die ersten, dicken Tropfen fielen. Das Gewitter kam so schnell heran, dass ich nichts fand, wo ich mich hätte unterstellen können. Sturm kam auf. Blätter und Staub wirbelten hoch.
Ich bewegte mich jetzt im Laufschritt fort. Weit hinten erkannte ich zwischen zwei flachen Hügeln ein Bauerngehöft. Doch der erste richtige Regenschauer erwischte mich kalt. In Sekunden war mein Hemd nass bis auf die Haut. Das Wasser lief aus meinen dunklen Haaren übers Gesicht. Der Sturm blies mir entgegen. Und das nutzlose Fahrrad hing mir wie ein Klotz am Bein.
Ein greller Blitz fuhr im Zickzack über den düsteren Himmel. Meine klitschnassen Haare schienen sich zu sträuben. Plötzlich krachte es ohrenbetäubend – das Gewitter war jetzt direkt über mir. Mit Urgewalt brach es über mich herein. Es wurde fast so dunkel wie in der Nacht. Der Regen fiel wie eine Wasserwand. Wieder krachte der Donner. Ich war inzwischen so nass, als ob ich in Kleidern gebadet hätte.
Da fiel mir das Fahrrad ein – aus Stahl! Zog so was nicht die Blitze an? Und musste man sich bei Gewitter nicht flach auf den Boden legen? Ich hatte wenig Lust, mich lang in den Schlamm zu werfen. Der Feldweg glich inzwischen einem Bach. Ich watete mit meinen hellen Turnschuhen knöcheltief im Sumpf.
Ich ließ das Fahrrad einfach am Feldrand liegen. Das konnte ich ja später holen. Nun kam ich etwas schneller voran. Vorn in der flachen Senke lag das Bauernhaus, von grauen Regenschleiern fast unsichtbar gemacht.
Die letzten paar Meter rannte ich. Hinter mir leuchtete ein Superblitz auf, und das lauteste Donnerkrachen meines Lebens ließ mich zusammenfahren.
Endlich erreichte ich den Hof, der von Scheunen und Ställen umgeben war. Gegenüber dem Tor stand – soweit
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