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Feuchtgebiete: Roman (German Edition)

Feuchtgebiete: Roman (German Edition)

Titel: Feuchtgebiete: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte Roche
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meinem Körper. Da kann ich mir unmöglich was holen, egal wie blutig es ist. Das Gegenstück zu diesem Fleischklumpen, meine klaffende Wunde, fasse ich auch den ganzen Tag ohne Handschuh an. Also. Raus damit. Es fühlt sich an wie Leber oder sonst was vom Metzger. Ich lege alle Teile auf den Karton. Und bin enttäuscht. Viele kleine Teile. Nicht ein zusammenhängender Keil. Ich hatte wegen der Beschreibung vom Notz ein längliches, dünnes Fleischstück erwartet, das so aussieht wie das Rehrückenfilet, das Mama im Herbst und Winter macht, wenn Besuch kommt. Dunkelrot und glänzend vorm Braten, sogar etwas glitschig, wie Leber. Jetzt habe ich hier aber Gulasch. Kleine Stücke. An manchen Stücken sind gelbe Stellen, bestimmt die Entzündung, sieht aus wie der Gefrierbrand in der Werbung. Die haben natürlich nicht alles in einem Rutsch rausgeschnitten, nicht zusammenhängend, an einem Stück. Ich bin auch kein totes Reh, sondern ein lebendiges Mädchen. Vielleicht besser so, dass die das in kleinen Schritten erledigen. Und gut auf den Schließmuskel aufpassen. Und nicht da reinschneiden, nur um mir ein prächtiges Stück Analfilet präsentieren zu können. Reg dich ab, Helen. Ist doch immer alles anders, als du dir das vorstellst. Wenigstens stell ich mir was vor, male es mir bis ins kleinste Detail aus, frage nach, um es zu überprüfen, und weiß nachher mehr. Habe ich vom Papa gelernt. Dingen auf den Grund gehen, bis man fast kotzen muss. Ich bin trotzdem froh, dass ich die Stücke gesehen habe, bevor sie im Krankenhausmüllkrematorium verbrannt werden. Ich packe die Stücke nicht wieder in den Beutel. Lege den Beutel einfach oben drüber und drücke ihn etwas runter, damit er auf den Stücken klebt. Den Pizzakartondeckel mit Stücken und Beuteln lege ich auf meinen Metallnachtschrank. Die Finger sind voll mit Blut und Glitsch. Am Bett abwischen? Das gäbe eine Riesensauerei. Auch nicht am Engelskostüm. Gleiche Sauerei. Hm. Na ja. Sind ja meine Stücke aus meinem Körper. Auch wenn die entzündet waren. Ich lutsche die Finger einfach ab, einen nach dem anderen. Auf solche Ideen von mir bin ich immer sehr stolz. Besser, als hilflos da im Bett zu sitzen und zu hoffen, dass jemand mit Feuchttüchern kommt. Wieso soll ich mich vor meinem eigenen Blut und Eiter ekeln? Sonst bin ich bei Entzündungen auch nicht zimperlich. Wenn ich zum Beispiel Pickel ausdrücke und den Eiter am Finger habe, esse ich ihn mit großem Vergnügen. Auch beim Ausdrücken von Mitessern, wenn dieser durchsichtige kleine Wurm mit dem schwarzen Kopf sich da rauswindet, streife ich ihn mit der Fingerspitze ab und lecke ihn weg. Wenn das Sandmännchen da war und mir
eitrige Krümel in die Augenwinkel gelegt hat, esse ich das morgens auch alles auf. Und wenn ich eine Kruste auf einer Wunde habe, knibbel ich immer die obere Schicht ab, um sie zu essen.
    Ich esse alleine meine Pizza.
    Ich esse nicht gern alleine. Macht mir Angst. Wenn man was in den Mund steckt, muss man doch zu jemandem sagen können, wie es schmeckt. Mein Arsch fängt wieder an zu zwicken. Was hast du gelernt, Helen? Nicht mehr als nötig leiden. Notbimmel. Peter kommt rein, und ich sage ihm, dass ich Tabletten brauche, weil die Schmerzen wieder losgehen. Er wundert sich und sagt, auf seinem Übergabeprotokoll stehe nichts von Schmerztabletten für mich für die Nacht. Mit einem großen Stück Pilzpizza im Mund sage ich: »Doch. Robin meinte, ich soll nur Bescheid sagen, dann bekomme ich was.«
    Das kann nicht wahr sein. Jetzt frage ich schon früh genug und soll nun gar nichts mehr kriegen für die ganze Nacht? Hilfe. Peter geht weg, um den Professor zu Hause anzurufen. Er sagt, er darf eigenmächtig nichts entscheiden, was nicht auf seinem Klemmbrett steht. Mir wird schlecht vor Angst. Ich bin heute operiert worden und soll schon in der ersten Nacht keine Schmerzmittel bekommen? Mit dem Griff der Gabel öffne ich beide Biere. Ich bin eines der wenigen Mädchen, die ich kenne, die das können. Sehr praktisch. Wir Männer vom Bau, sympathisch und schlau. Ich trinke beide Biere hintereinander weg, so schnell ich kann. Mein Arsch wird immer schlimmer und mein Bauch ganz kalt vom Bier.
    Peter, Peter, Peter, beeil dich. Bring mir Tabletten. Ich schließe meine Augen, die Schmerzen kommen immer stärker, ich verkrampfe. Kenne ich alles schon. Ich falte meine Hände auf der Brust und bin nur noch mein Arsch.
    Ich höre ihn reinkommen, lasse die Augen zu und frage, ob ich was

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