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Feuer der Leidenschaft

Feuer der Leidenschaft

Titel: Feuer der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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Abgrunds wieder aus den Bäumen heraus. Während er das vor Entsetzen wiehernde Tier herumriß und zum Halten brachte, sah er eine Szene, die seinem Bewußtsein wieder wie mit einem glühenden Eisen eingeprägt wurde: ein blutender Fra-zier, der Rebecca halb tragend und sie halb hinter sich herzerrend auf den Abgrund zu bewegte. Sie hing mit schlaffem Körper wie eine Puppe in seinen Armen, während ihre roten Haare und ihr blaues Kleid im böigen Wind flatterten.
    Es war ein Tableau des Todes.
    Kenneth reagierte instinktiv, von seinem Pferd her-unterspringend und einen lauten Wutschrei ausstoßend, um seinen Gegner zu verwirren und einzuschüchtern. Und während er auf Frazier losstürmte, zog er die Pistole aus der Innentasche seines Rocks und spannte sie. Frazier machte zwei lange Schritte auf den Abgrund zu und hielt Rebecca dann vor sich hin wie einen Schild, hinter dem er sich versteckte. »Bleibt mir vom Leib, Kimball!«
    Kenneth hielt mitten im Lauf an. Dann senkte er seine Pistole, während sein Herz vor Angst hämmerte. Wenn Frazier jetzt einen falschen Schritt machte, würde er samt seiner Gefangenen in die Tiefe stürzen. »Wenn Ihr Rebecca umbringt, seid Ihr ein toter Mann, Frazier«, rief er laut. »Überlaßt sie mir, und Ihr könnt gehen, wohin Ihr wollt.« Er machte einen vorsichtigen Schritt auf Frazier zu.
    »Haltet an, oder ich werde Euch und sie mit in die Tiefe reißen«, rief Frazier wild. Seine Augen flackerten so irr wie die eines in die Enge getrieben Keilers.
    Kenneth blieb abermals stehen, da er nicht so recht wußte, wie er mit einem Verrückten umgehen sollte. Fraziers Fassade der Normalität war nun gänzlich zu-sammengebrochen, und das erste Opfer seiner Panik würde Rebecca sein. Ihr Kleid und ihre Haare waren zerzaust, und sie schien noch betäubt zu sein von dem Kampf mit ihrem Peiniger. Aber Kenneth sah an ihren Augen, daß sie bei Bewußtsein war. Sie wußte also, wie nahe sie dem Tod war.
    In diesem Moment des angespannten Schweigens kam Sir Anthony aus dem Wäldchen heraus. Er zügelte sein Pferd, und sein Gesicht wurde schneeweiß vor Schreck, als er seine Tochter sah. Sich aus dem Sattel schwingend, sagte er mit erzwungener Ruhe: »Du bist mit deinem Scherz nun wirklich weit genug gegangen, Malcolm. Bring Rebecca zu mir.«
    Ein Muskel begann in Fraziers Gesicht zu zucken.
    »Das ist kein Scherz, Anthony. Ich hatte gehofft, dich dazu überreden zu können, zur wahren Kunst zurückzukehren. Ein wohl stümperhafter Versuch, weil er mir mißlang. Es wird also keine Rückkehr zu ihr geben.«

    Er blickte mit unentschlossenem Gesicht auf Rebecca hinunter.
    »Soll sie wenigstens den Preis für die Rolle bezahlen, die sie bei der Ruinierung deines Werks gespielt hat. Du hättest dich nicht so von Frauen beeinflussen lassen dürfen, Anthony. Die taugen doch nur fürs Bett und daß man sie danach wieder vergißt. Ihnen auch zuzuhören, ist Gift für einen ernsthaften Künstler …«
    Sie Anthony schüttelte den Kopf. »Keine Frau hat mein Werk vergiftet. Nicht Heien. Nicht Rebecca, nicht Lavinia. An Mängeln, die meinen Bildern anhaften, bin ich ganz allein schuld.«
    »Hätte man dir erlaubt, dich auf eine natürliche Weise zu entwickeln - ohne den Zwang, eine Familie ernähren zu müssen —, hättest zu ein zweiter Raphael sein können«, erwiderte Frazier eigensinnig. »Statt einer Handvoll unvergänglicher Meisterwerke hast du einen Berg von Müll produziert.«
    »Wir werden uns in diesem Punkt wohl niemals einig sein«, erwiderte Sir Anthony, der sich nun vorsichtig auf Frazier zuzubewegen begann. »Um Himmels willen, laß unsere Meinungsverschiedenheit doch nicht an meinem einzigen Kind aus! Wenn du schon jemand von dieser verdammten Steilwand hinunterwerfen mußt, dann laß mich das sein und nicht Rebecca.«
    Da rief der andere Mann mit gramvoller Stimme: »Dir könnte ich niemals etwas zuleide tun. Du bist doch mein Freund. Mein bester Freund!«
    In diesem Moment konnte man Fraziers Gesicht ansehen, wie in ihm das Bewußtsein aufkeimte, daß er bereits alles verloren hatte, was ihm im Leben teuer war: die Freundschaft mit Sir Anthony und seine Stellung in der Welt der Kunst. Frazier war ein Feigling und ein Renommist, und Kenneth wußte mit absoluter Gewißheit, daß er im nächsten Augenblick diesem für ihn unerträglichen Dilemma entrinnen würde, indem er hinuntersprang in die Tiefe und aus purer Rachsucht seine Gefangene mit sich in den Tod nahm.
    Es war nun keine Zeit

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