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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wand. Vielleicht gehörte ja auch dieses kleine Intermezzo zu dem Spiel, das ihre Stieftochter und sie mit ihm spielten. Will hatte die Regeln dieses Spiels noch nicht einmal ansatzweise durchschaut, aber dass es ein Spiel war, hatte er mittlerweile begriffen. Er wusste nur noch nicht, welche Rolle Duffy darin spielte.
    »Entschuldige«, sagte er. »Ich wollte dich nicht …«
    »Geschenkt!« Duffy unterbrach ihn mit einer großspurigen Handbewegung. »Bist du nicht.«
    Will wusste nicht, ob er nun wütend werden oder einfach laut loslachen sollte. Duffy hatte sich ganz offenbar entschlossen, ihre Rolle weiter zu spielen. Möglicherweise war sie bisher mit dieser Mischung aus gezielter Unverschämtheit und genau kalkulierter Naivität gut genug gefahren, um Gefallen an dieser Masche zu finden.
    Aber vielleicht war sie ja auch wirklich so.
    »Also gut, bin ich nicht. Aber das ändert nichts daran, dass du mir immer noch eine Antwort schuldig bist. Was genau willst du von mir?«
    Duffy setzte zu einer Antwort an, aber dann runzelte sie stattdessen die Stirn und starrte das Fenster hinter ihm an. Will folgte ihrem Blick, ging hin und zog die Vorhänge einen Spaltbreit auf, um hinauszublicken. Die Beifahrertür des Wagens auf der anderen Straßenseite war aufgegangen, und Fred war ausgestiegen und reckte sich ausgiebig. Aber das konnte sie doch unmöglich gehört haben!
    Verwirrt drehte sich Will wieder um und sah das Mädchen an. Duffy hielt seinem Blick gelassen stand. »Ich dachte wirklich, das weißt du«, sagte sie in leicht gekränktem Ton. »Vielleicht habe ich mich ja doch in dir getäuscht.«
    »Was genau erwartest du eigentlich von mir?«, fragte Will. Er versuchte, versöhnlich zu klingen, aber er spürte selbst, dass es ihm nicht gelang. »Du bist von zu Hause abgehauen – gut. Du hast mich gesucht und gefunden, und nun weißt du, wer ich bin. Aber ich kann dir nicht helfen.«
    »Du willst nicht«, sagte Duffy.
    »Darum geht es überhaupt nicht«, antwortete Will. »Was glaubst du, kann ich für dich tun? Soll ich dir vielleicht helfen, von hier zu fliehen und dich irgendwo zu verstecken?«
    »Das wäre ein Anfang«, sagte Duffy.
    »Was für eine tolle Idee«, antwortete Will spöttisch. »Und dann? Ich meine – was stellst du dir vor, was danach passiert? Sollen wir beide untertauchen und so lange im Untergrund leben, bis du volljährig bist?« Er schüttelte heftig den Kopf. »Das ist die Wirklichkeit, Kleines.« Duffy sah wieder zum Fenster hin, aber diesmal widerstand Will der Versuchung, sich umzudrehen und hinauszublicken. »Du erwartest zu viel von mir«, fuhr er fort.
    »Was? Dich um dein Kind zu kümmern?«
    »Sei nicht albern«, sagte Will. »Wir sind hier nicht in einer Soap. Bis vor vierundzwanzig Stunden wusste ich nicht einmal, dass es dich gibt, und bis vor zwei Stunden wusste ich nicht, dass ich eine Tochter habe, geschweige denn, dass du diese Tochter bist. Erwarte nicht zu viel von mir.«
    Duffy reagierte vollkommen anders, als er erwartet hatte. Sie antwortete weder mit einer ihrer typischen spitzen Bemerkungen, noch ignorierte sie seine Worte kurzerhand, sondern sah ihn lange Sekunden lang auf eine Art an, die ihn mehr verstörte als alles andere, was sie zuvor gesagt hatte. Waren das Tränen, die da plötzlich in ihren Augen schimmerten?
    »Versteh mich nicht falsch«, versuchte er seinen Worten im Nachhinein wenigstens etwas von ihrer Schärfe zu nehmen. »Ich brauche einfach nur …« Er suchte einen Moment nach Worten. »Vielleicht einfach ein bisschen mehr Zeit …«
    Das schien das falsche Stichwort zu sein, denn in diesem Moment hörte er ein Geräusch, allerdings nicht von dorther, wo die beiden Idioten sich gerade die Beine vertraten, sondern viel näher, irgendwo direkt vor der Tür. Er konnte nicht verhindern, dass er ganz leicht zusammenzuckte. Andererseits – wenn das dort Schritte waren, die er gehört hatte, bedeutete das nicht unbedingt, dass jemand etwas von seinem ungebetenen Besuch mitbekommen hatte. Schließlich hatte ihm Martina mehr als deutlich klar gemacht, dass sich ständig einer ihrer beiden Wachhunde um seine Sicherheit kümmern würde, und vielleicht war einer von ihnen eben nur mal für kleine Königstiger gewesen und kam jetzt zurück, um seinen Posten vor der Tür wieder aufzunehmen.
    »Hast du jemanden gesehen, als du zu mir ins Zimmer geschlüpft bist?«, fragte Will rasch.
    Duffy schüttelte den Kopf. »Hältst du mich für blöd? Ich hab die Chance

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