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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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zweiten Blick standzuhalten. »Hätte es was geändert?«
    Natürlich hätte es das, und zwar gründlich, und so ziemlich alles. Er hätte nur nicht sagen können, was.
    »Also gut«, seufzte er. »Wir haben jetzt festgestellt, dass ich kein Arsch bin.«
    »Habe ich das gesagt?«, fragte Duffy.
    Will ignorierte sie. »Und wie soll es jetzt weitergehen?«, fragte er.
    »Was?«
    »Das mit dir und mir«, antwortete er. »Jetzt hast du mich kennen gelernt. Und?«
    »Wie soll es schon weitergehen?«, antwortete Duffy, in plötzlich verändertem, trotzigem Ton. »Ich dachte, dass du die Sache jetzt etwas anders siehst, jetzt, wo du die Wahrheit kennst. Aber anscheinend habe ich mich getäuscht.«
    Will holte hörbar Luft zu einer Antwort, aber dann beließ er es bei einem Seufzen und einem resignierenden Kopfschütteln und ging an ihr vorbei zur Tür, um das Licht einzuschalten. Seine Augen hatten sich mittlerweile weit genug an das blasse Licht des Fernsehers gewöhnt, um aus Duffy mehr als einen bloßen Schatten werden zu lassen, aber er wollte ihre Augen sehen, wenn er mit ihr sprach. Duffy blinzelte und hob in einer hoffnungslos übertriebenen Geste die Hand über die Augen.
    »Und?«, fragte er. »Wie soll es jetzt weitergehen?«
    Statt direkt zu antworten, ging Duffy an ihm vorbei, öffnete den Kühlschrank und ließ sich davor in die Hocke sinken. Sie beschäftigte sich fast eine geschlagene Minute damit, den Inhalt des Kühlschranks mit dem Ausdruck höchster Konzentration zu inspizieren, dann angelte sie sich eine Flasche Cola heraus. Will hätte zwar selbst nicht sagen können, wie, aber irgendwie schaffte er es, sich – wenn auch mit Mühe – zu beherrschen und nichts zu sagen, his Duffy den Kühlschrank wieder geschlossen und sich lässig dagegen gelehnt hatte.
    »Fertig?«, fragte er spöttisch.
    »Womit?«
    »Dich um die Antwort herumzudrücken«, sagte er. »Was hast du jetzt vor? Willst du wieder abhauen?«
    Duffy hob die Schultern und setzte die Flasche an die Lippen, um noch einmal Zeit zu gewinnen. »Warum nicht? Soll ich vielleicht hier bleiben?«
    Will warf einen demonstrativen Blick in die Runde. »Ich kann mir einen unangenehmeren Ort vorstellen, meine Kindheit zu verbringen.«
    »Ich bin kein Kind mehr«, fauchte Duffy.
    Will lachte. »Entschuldige. Das habe ich vergessen. Was macht der Führerschein? Bist du schon zur Prüfung angemeldet?«
    Duffy presste weiter die Colaflasche an die Lippen und funkelte ihn über den Rand des dicken Glases hinweg wütend an. »Du warst doch unten, in meinem Luxus-Kellerappartement, oder?«, zischte sie. »Kann ja sein, dass es dir gefällt. Aber du bist ja auch kleine Zimmer ohne Fenster und Griffe an den Türen gewohnt.«
    Will schluckte die Antwort herunter, die ihm auf der Zunge lag. »Du weißt also Bescheid«, sagte er.
    »Über deine Karriere als Knacki?« Duffy lachte. »Sicher.« Sie trank einen winzigen Schluck. »Spannend.«
    »Glaube mir – wenn man auf der falschen Seite einer Tür ohne Klinke sitzt und die Stunden zählt, bis sie aufgeht, dann ist das ganz und gar nicht spannend«, sagte er. Duffy blinzelte und sah ihn aus großen Augen an, und Will spürte im Nachhinein selbst, wie melodramatisch seine Worte geklungen hatten. »Wenn du über mich Bescheid weißt, dann verstehe ich umso weniger, warum du zu mir gekommen bist«, sagte er und schüttelte rasch den Kopf, als sie widersprechen wollte. »Und jetzt sag mir nicht, dass du das unwiderstehliche Bedürfnis verspürt hast, deinen richtigen Vater kennen zu lernen. Auf so einen sentimentalen Scheiß kann ich verzichten.«
    »Und wenn es so war?«, fragte Duffy.
    Will holte Luft zu einer weiteren, noch zynischeren Antwort, aber dann blickte er ihr direkt in die Augen und las etwas darin, das ihn bewog, die Worte lieber für sich zu behalten. Was, wenn es wirklich so war?, dachte er. Duffy hatte etwas an sich, was es einem leicht machte, zu vergessen, dass er mit einem Kind sprach, nicht mit einer Erwachsenen. Aber sie war zwölf Jahre, und damit genau in dem Alter, in dem Kinder ganz besonders auf so einen sentimentalen Scheiß kamen Will erwog einen Moment lang ganz ernsthaft die Möglichkeit, das Gespräch zu beenden und Martina zu rufen, damit sie sich um ihre Tochter kümmerte. Er war ohnehin nicht ganz sicher, dass sie nicht genau in diesem Moment vor einem Bildschirm irgendwo in einem anderen Teil des Hauses saß und sich köstlich darüber amüsierte, wie er sich wie ein getretener Wurm

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