Feuer: Roman (German Edition)
sein Gesicht nicht mehr sehen konnte, aber dafür hörte er umso deutlicher das Entsetzen in seiner Stimme. »Was haben Sie nur getan?«
»Sie hätten nicht hierher kommen sollen«, entgegnete Georg kühl. »Jedenfalls nicht vor der verabredeten Zeit. Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich die Sache auf meine Art regeln werde.«
»Aber die Schweinerei, die Sie hier angerichtet haben.« Der Ankömmling fuhr wieder herum und deutete auf Rattengesicht. »Sie müssen wahnsinnig sein. Das sieht aus, als hätte hier ein Sadistenklub ein Schlachtfest veranstaltet. Ich habe so etwas in all meinen Dienstjahren noch nicht gesehen. Sehen Sie bloß zu, dass Sie das hier so schnell wie möglich wieder beseitigen.« Sein Blick wanderte zu Will. »Und was ist mit ihm? Wie schwer ist er verwundet?«
»Halb so wild«, winkte Georg ab. »Fred hat ihn erwischt, bevor ich ihn ausschalten konnte. Aber ich schätze, er wird es überleben …«
»Aber nicht, wenn Sie ihn in dieser Scheiße hier liegen lassen.« Der Mann schüttelte empört den Kopf. »Das ist doch menschenunwürdig, was Sie hier veranstalten.«
Während Will das Gespräch nur ganz am Rande mitbekam, versuchte er sich verzweifelt an den Namen des grauhaarigen Mannes zu erinnern, dessen Anwesenheit Georg so offensichtlich überhaupt nicht behagte. Es fiel ihm nicht schwer, sich an seinen Kollegen zu erinnern, an diesen arroganten Scheißkerl, dessen Name sich in sein Gehirn eingebrannt hatte, als er sich das Drei-Stunden-Band mit den Nachrichtensendungen in Georgs schmuddligem Hinterzimmer reingezogen hatte; immer wieder war sein Name gefallen und sein Bild gezeigt worden, im Wechsel mit den Bildern des flammenden Infernos, dem das Haus zum Opfer gefallen war, in dem Will bislang gewohnt hatte.
Falkenberg. Ein gefährlicher Typ, der ein ganz übles Ende gefunden hatte. Kochend heißer Wasserdampf hatte ihn von Kopf bis Fuß verbrannt, bevor ihn eine durch eine Detonation zerfetzte Kupferleitung wie eine Peitschenschnur enthauptet hatte.
Und sein Kollege, der jetzt vor ihm stand und über ihn redete, als wäre er ein Ding und kein Mensch, war Reimann. Will erinnerte sich nur schemenhaft daran, wie er ihn verloren hatte, auf dem Weg nach unten, in dem brennenden, von Explosionen zerfetzten Haus. Reimann war plötzlich von einem Moment auf den anderen verschwunden gewesen, ohne dass er mitbekommen hatte, was eigentlich passiert war. Was, zum Teufel, war damals während ihrer gemeinsamen Flucht vor den Flammen vorgegangen? Und was hatte Hauptkommissar Reimann mit Georg zu schaffen?
»Da haben Sie allerdings Recht«, sagte Reimann gerade, und Will begriff, dass er schon wieder einen Moment geistesabwesend gewesen war. »Aber wie auch immer: Wir müssen die Sache so schnell wie möglich hinter uns bringen. Die Zeit läuft uns davon.«
Will versuchte ihn darauf hinzuweisen, dass er keine Sache sei, aber er brachte nur ein Krächzen heraus, während Georg bereits nickte und sagte: »Das sehe ich auch so. Insofern ist es vielleicht gar nicht schlecht, dass Sie etwas zu früh gekommen sind.«
Reimann kniff die Augen zusammen, und wie er so vor Will stand, hatte er Ähnlichkeiten mit einer uralten Schildkröte, die aus dem Schutz ihres Panzers heraus in aller Ruhe die nächsten Schritte überdachte. »Ja, das denke ich auch. Treffen Sie die Vorbereitungen für das, was getan werden muss. Ich behalte inzwischen diesen komischen Vogel im Auge.«
Georg schüttelte den Kopf. »Nein. Das halte ich für keine gute Idee. Wir bringen das hier erst zu Ende, und dann sehen wir weiter.«
»Das geht nicht, und das wissen Sie ganz genau.« Reimann klopfte auf die Armbanduhr an seinem Handgelenk. »Abgesehen davon bin ich gar nicht zu früh dran. Sie sind zu spät. Sie beginnen die Kontrolle zu verlieren. Das ist gar nicht gut.«
Einen Moment lang – in dem Will vergebens versuchte, so etwas wie einen Sinn in den Worten der beiden Männer zu erkennen – herrschte angespanntes Schweigen. Dann zuckte Georg mit den Schultern. »Also gut. Passen Sie auf ihn auf. Aber lassen Sie sich nicht von ihm einwickeln …
Georg drehte sich um, und Reimann hielt ihn am Arm fest. Will erwartete, dass der Nachtklubbesitzer seine Hand wütend abschütteln würde, er glaubte, dass Georg dem Polizisten mehr als deutlich machen würde, was er davon hielt, betatscht zu werden – aber zu seiner Verblüffung geschah nichts dergleichen. Georg blieb ganz ruhig stehen.
»Es kommt jetzt vor allem darauf an, dass
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