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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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wir uns beeilen«, sagte Reimann eindringlich. »In der Stadt herrscht das reinste Chaos. Einige Schulen wurden bereits vorsorglich geschlossen, nachdem in der Nachbarschaft Brände ausgebrochen sind. Die Gegend am alten Hafen ist ein einziges Flammenmeer. Und was in Chorweiler los ist, wissen Sie ja wohl besser als ich.«
    Georg nickte. »Natürlich. Aber wir wussten ja, was passieren würde, wenn wir sie hier zusammenbringen.«
    »Ja«, sagte Reimann. Seine Stimme klang ungewohnt heiser. »Ich hoffe nur, dass es wirklich eine gute Idee war. Sie wissen ja, was passieren kann, wenn uns die Sache entgleitet. Denken Sie nur an die Brände, die während der Zeit der Pestepidemien hier ausgebrochen sind. Und diesmal geht es nicht nur um ein paar tausend Menschenleben, Köln ist mittlerweile eine Millionenstadt!«
    »Stellen Sie sich vor«, sagte Georg ärgerlich, »das ist mir bestens bekannt. Aber es wird nichts weiter passieren. Wir sitzen hier im Zentrum des Sturms, und solange wir hier alles unter Kontrolle halten, wird nichts weiter passieren.«
    »Nichts weiter passieren!« Reimann verstärkte den Druck seiner Hand, so dass es fast aussah, als wolle er körperliche Gewalt einsetzen. »Es hat bereits Tote gegeben! Die Medien überschlagen sich in ihrer Berichterstattung, die Landesregierung erwägt, Katastrophenalarm auszulösen, und die Kölner Behörden verheddern sich in Aktionismus und Kompetenzgerangel, weil in Wirklichkeit niemand da ist, der überhaupt noch den Überblick hat.«
    Georg sah auf eine Art und Weise zu Reimann hoch, die Will schaudern ließ. »Solange wir den Überblick haben, ist doch alles in Ordnung, oder? Und seien Sie sicher: Wir werden die Sache hier an Ort und Stelle erledigen, für immer und alle Zeiten.« Als Reimann darauf immer noch nicht reagierte, fügte er hinzu: »Ich für meinen Teil habe jedenfalls nach wie vor alles im Griff.«
    Reimann ließ ihn los, fuhr sich unruhig mit der rechten Hand durch die Haare und seufzte. »Ich hoffe es. Wir haben viel zu lange auf diesen Augenblick gewartet, um uns jetzt durch einen dummen Zufall alles versauen zu lassen. Und vor allen Dingen müssen wir die Situation unter Kontrolle bringen, bevor sie noch weiter eskaliert.«
    »Das sehe ich ganz genauso.« Diesmal ließ sich Georg nicht noch einmal aufhalten, sondern war mit wenigen entschlossenen Schritten verschwunden.
    Reimann lehnte sich an die Wand und öffnete seinen obersten Hemdknopf. Er sah plötzlich alt aus, alt und unendlich müde. Will hatte keine Ahnung, wie lange dieser Augenblick anhielt, er war viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Ihm lagen tausend Fragen auf der Zunge, aber er brachte keine einzige davon hervor. Sein Gehirn war wie eingefroren. Auf einer Ebene funktionierte es noch, aber so eingeschränkt wie bei jemandem, der vor einer Operation mit Beruhigungsmitteln ruhig gestellt worden war und seine ganze Umgebung trotz der immer noch in ihm vorhandenen Aufgeregtheit nur wie durch Watte mitbekam. Spontane Feuerausbrüche, Schulschließungen, Katastrophenalarm … Er hatte durchaus begriffen, worüber Georg und Reimann gesprochen hatten, aber er brachte es nicht im Geringsten mit seiner Situation in Zusammenhang – und wenn er ganz ehrlich war, interessierte es ihn im Moment auch nicht. Der Teil seines Verstands, der noch halbwegs normal funktionierte, klammerte sich an den Elektroschocker. Er erschien ihm wie das Bindeglied zu dem letzten Rest von Normalität, zu dem, nachdem er alles andere verloren hatte, auch Angela und Martina, vor allem aber Duffy gehörten; und irgendwie auch das Feuer, das immer und immer wieder und in den unmöglichsten Situationen ausgebrochen war und ihn heimgesucht hatte – und sei es nur durch die Erzählung Dritter, wie jetzt, im Augenblick. Es schien ihm beinahe so, als sei es nie wirklich erloschen gewesen, sondern lauere immer und unauslöschlich unter der Oberfläche, um jederzeit wieder hervorbrechen zu können. Aber es war seine Normalität, zumindest die der letzten Tage, und vielleicht, darüber hinaus, verbunden mit etwas viel Älterem, das schon immer da gewesen war, ohne dass er sich dessen bewusst gewesen war …
    Auch der Elektroschocker erzeugte ein Feuer, wenn auch ein ganz anderes als das, was ihn bislang verfolgt hatte. Es war ein abrufbares Feuer, eine auf Knopfdruck verfügbare, technisch erzeugte Energie, mit der er seine Gegner außer Gefecht setzen konnte, wenn er das richtig anstellte.
    Und offensichtlich gehörte

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