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Feuer: Roman (German Edition)

Feuer: Roman (German Edition)

Titel: Feuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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auch gar nicht wissen. Aber«, und die letzten Worte schrie er fast, »wo ist meine Tochter?«
    »Woher soll ich das denn wissen?«, protestierte Reimann
    Will beschleunigte seine Schritte vor lauter Erregung, und für einen Moment war er es, der den Polizisten vorwärts zog und nicht umgekehrt. »Aber es stimmt doch, oder? Sie waren darin eingeweiht – von Anfang an. Das Ganze ist doch ein abgekartetes Spiel! Wie war das … damals, als Sie zusammen mit Ihrem Kollegen Falkenberg bei mir an der Tür geklingelt haben. War da schon alles geplant? Hatten Sie da schon …«
    »Hören Sie auf!«, unterbrach ihn Reimann ungehalten.
    »Warum?«, fragte Will höhnisch. »Weil Sie die Wahrheit nicht hören können?«
    »Nein«, zischte Reimann »Zum Beispiel, weil jeder andere Sie hören kann, so wie Sie hier rumschreien. Und außerdem sollten Sie sich lieber darauf konzentrieren, mir nicht noch mehr zur Last zu fallen, als Sie das sowieso schon tun.«
    Will hätte beinahe laut aufgebrüllt vor Wut. Dass Reimann Recht hatte, machte es nicht einen Deut besser, ganz im Gegenteil. Er hatte kein Interesse daran, Georg frühzeitig auf ihre Spur zu bringen, aber auf der anderen Seite konnte er nicht einfach klein beigeben, solange er Duffy nicht in Sicherheit wusste. Er stolperte mit unsicheren Bewegungen weiter, kraftvoller jetzt, und wenn er sein verletztes Bein auch noch hätte belasten können, dann wäre er wohl in der Lage gewesen, auf Reimanns Unterstützung zu verzichten. Es war erstaunlich, wie viel besser er sich zu fühlen begann, nachdem sie das Gewölbe verlassen hatten.
    »Sie haben vollkommen Recht«, sagte Reimann leise, aber da sein Mund ganz nah an Wills Ohr war, hatte er das Gefühl, als explodiere die Stimme direkt in seinen Gedanken. »Falkenberg und ich sind nicht zufällig bei Ihnen aufgetaucht. Es war noch nicht einmal wirklich ein Zufall, dass ich Ihren Ausweis in die Hand bekam, nachdem Sie ihn bei diesem Zwischenfall mit dem vollständig verbrannten, geradezu zusammengeschmolzenen Wagen verloren hatten. Wir hatten Sie schon eine ganze Zeit lang beschattet … vorsichtig jetzt, hier müssen wir abbiegen.« Er zog Will mit sich, bevor dieser überhaupt wusste, wie ihm geschah, in einen Gang, der dem ganz ähnlich war, den sie bislang genommen hatten, und trotzdem, auf eine schwer begreifliche Art, anders und, vor allem, älter wirkte. »Wir haben Ihnen natürlich nicht pausenlos an den Fersen geklebt. Aber sonst das ganze Programm. Telefonüberwachung, Wanzen in der Wohnung, Kontakt mit Ihrem Bewährungshelfer – und was sonst noch alles dazugehört.«
    Das Bekenntnis machte Will so fassungslos, dass er einen Moment sogar seine Sorge um Duffy vergaß. »Warum erzählen Sie mir das alles?«
    »Sie wollten es doch wissen, oder?« Reimanns Stimme sank fast zu einem Flüstern herab. »Hören Sie das auch?«
    Er blieb stehen, und jetzt, da nicht mehr ihre eigenen Schritte seine Wahrnehmung dominierten, war es auch Will so, als würde er etwas hören. Es war ein Knirschen und Rumpeln, Geräusche, die seine überreizte Fantasie eher einer plötzlich lebendig gewordenen Terrakotta-Armee zuschreiben würde als Georg, den er mit seinen Männern irgendwo hinter sich vermutete. Und das war nicht alles. Der Boden unter ihnen war nicht so ruhig, wie er hätte sein sollen. Ein kaum merkliches Zittern und Beben durchlief ihn. Will erinnerte sich daran, schon einmal etwas ganz Ähnliches gespürt zu haben, in dem Keller des Hauses, in dem Duffy verschwunden war, nachdem er sie angefahren hatte. »Was ist das? Die erste kleine Warnung, dass hier gleich ein Erdbeben losgeht?«
    Reimann schüttelte fast erleichtert den Kopf. »Ich dachte schon, sie wären direkt hinter uns. Aber das ist etwas anderes. Die alten Kältemaschinen.«
    »Kältemaschinen?«
    »Ja. Gigantische Apparaturen, die hier schon seit Ewigkeiten ihren Dienst tun und wie eine Mischung aus Klimaanlagen und Kühlaggregaten arbeiten, wie man sie in Kühlschränken einsetzt.« Reimann versetzte Will einen kleinen Schubs und lenkte ihn in einen Nebengang, der kaum breit genug war, dass sie beide nebeneinander entlanggehen konnten – wobei das, was Will machte, mit Gehen nicht wirklich viel zu tun hatte, wie er sich selbst eingestehen musste. »Auch etwas, was längst in Vergessenheit geraten ist. Wissen Sie, wie man kühlte, bevor mit Ammoniak betriebene Kühlaggregate auf den Markt kamen? Dass man damals im Winter große Eisstücke aus Seen und Flüssen hackte

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