Feuer und Glas - Der Pakt
Die größtmögliche Brüskierung, die eine offizielle Vermählung der beiden unmöglich machen würde!
Erste Wetten machten raunend die Runde. Die Fächer der anwesenden Damen gerieten heftig in Bewegung.
Endlich schien der Patriarch bereit, seines gewohnten Amtes zu walten.
»Ich segne dich, Fürst von Venedig«, begann er. Sein Bass trug weit über das große Schiff. »Als Bräutigam bist du heute vor uns erschienen, um deine Braut zu ehelichen. Annähernd tausend Mal wurde dieser heilige Ritus bereits vollzogen, Grundlage für die Stärke und Macht unserer geliebten Stadt.«
Ein Schwarm Möwen hatte sich dem Geschehen genähert. Zwei von ihnen stürzten kreischend durch ein geöffnetes Fenster, flogen dicht über die Häupter der Anwesenden und entschwanden durch die gegenüberliegende Öffnung. Zurück blieb Kot auf der Schulter des Patriarchen.
Einige der Gäste hielten sich die Hand vor den Mund, um nicht loszuprusten, Fächer wurden hysterisch geschwenkt. Andere schauten stier in die entgegengesetzte Richtung.
Er selbst blieb unbewegt. Nur die linke Braue schnellte nach oben. Er beugte sich aus dem Fenster, ließ die hellen Schwaden nach draußen strömen.
»Und auch du sollst gesegnet werden, kühle und ewige Braut des Dogen. Du trägst unsere Kirchen, Häuser und Paläste. Du ernährst uns mit deinen Geschöpfen. Ohne deine Gunst wären wir verloren.«
Nicht ohne Mühe kehrte der Patriarch an seinen Platz unter dem Baldachin zurück und richtete sich vor dem wertvollen Sitz auf, flankiert von niedrigeren Sitzen für seine Messdiener. Nun lagen wieder alle Augen auf ihm. Wie eine silbrig-weiße Spur rann der Möwenkot über seine Brust.
»Den Ring!«, befahl er.
Doge Loredan trat vor und zog den Goldreif mit dem funkelnden Rubin von seinem behandschuhten Zeigefinger. Bedächtig legte er ihn auf ein Kissen aus rotem Samt.
»Bring ihn zu ihm«, befahl der Patriarch dem Pagen. »Und beeil dich gefälligst. Bräute warten nicht gern.«
Millas Arme wurden immer müder. Um die Beine schwang bei jeder Bewegung der vollgesogene Rock, der sie noch stärker in die Tiefe zu ziehen drohte. Hier zu schwimmen, fühlte sich ganz anders an als in jenen strahlenden Kindheitstagen auf Murano, wo erst die Arme des Vaters und danach das leicht gekräuselte Meer sie gehalten und getragen hatten.
Diese Wellen hier waren hart und feindlich, schlugen ihr ins Gesicht, als wollten sie ihren Willen brechen. Japsend kämpfte sie sich voran, zunehmend verzweifelter, weil sie spürte, wie die Kräfte sie immer mehr verließen.
Zwischendrin hob Milla den Kopf.
Die Insel und Luca schienen unerreichbar – niemals würde sie es bis zu ihm schaffen!
Sie wurde langsamer.
Sofort sank sie ab. Unter ihr war nichts als schwarze Tiefe.
Milla begann zu strampeln, verschluckte sich, hieb jetzt geradezu in das Wasser.
Sie musste zu Luca. Ohne sie würde er sterben!
Der Gedanke gab ihr neue Kraft.
Ein tiefer, lang gezogener Katzenschrei, der klagend über den See drang, tat ein Übriges.
Schütze deinen Prinzen, dachte Milla. Ich bin gleich bei euch!
Das letzte Stück war das allerschwierigste. Ihre Lungen brannten, und ihre Arme und Beine waren so schwer, als hingen riesige Sandsäcke an ihnen.
Eine letzte große Welle spülte Milla ans Ufer.
Erschöpft blieb sie im Sand liegen, bis sie fähig war, die Finger zu öffnen und zu schließen. Winzige Kristallkörnchen ritzten ihre Haut.
Dann hörte sie wieder diesen Ton. Sie wusste, dass es Puntino sein musste, doch es klang wie ein menschlicher Klagelaut.
Milla kam langsam auf die Füße und ging los.
Der Kater war ihr entgegengelaufen, als wollte er sie geleiten, und hielt sich nah bei ihr, bis sie Luca erreicht hatten.
Lebte er überhaupt noch?
Kniend beugte sie sich über ihn und spürte seinen schwachen Atem.
Er lebte!
Doch Lucas Gesicht war wächsern, bis auf die Wunde an der linken Schläfe, die noch immer blutete. Ihr Herz zog sich zusammen, als sie ihn vorsichtig abtastete. Überhaupt schien die linke Seite am schlimmsten verletzt zu sein: Schulter, Arm und auch das Bein waren heiß. Als sie vorsichtig den Stoff zurückschob, entdeckte sie starke Rötungen.
Die Spur des Feuers hatte ihn gezeichnet.
Sie musste ihm helfen. Kurz entschlossen riss Milla einen Streifen Stoff von ihrem nassen Rock ab und drückte ihn gegen die Wunde, um das Blut zu stillen.
Luca gab ein leises Röcheln von sich, rührte sich aber nicht weiter.
Und in diesem Augenblick gestand sie es
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