Feuerklingen (First Law - Band 2)
»Sie werden sich unverzüglich bei mir entschuldigen! Meine Division wurde mit aller Härte selbst an der Flanke angegriffen, und das über längere Zeit! Ich war gezwungen, selbst einen Angriff zu führen! Zu Fuß!« Damit deutete er bebend vor Empörung mit dem behandschuhten Zeigefinger auf den Kratzer auf seiner Wange. »
Wir
waren es ja wohl, die hier gekämpft haben!
Wir
haben hier heute einen Sieg errungen!«
»Verdammt, Poulder, Sie haben überhaupt nichts geleistet! Der Sieg gehört allein
meinen
Männern! Ein Angriff? Ein Angriff von wem? Von wilden Tieren aus dem Wald?«
»Ah-ha! Aber ganz genau! Zeigen Sie es ihm!«
Einer von Poulders Offizieren zog das Ölzeug auf dem Karren zurück und gab den Blick auf etwas frei, das zunächst ein Haufen blutiger Lumpen zu sein schien. Der Mann schob das Ding naserümpfend nach vorn. Es fiel auf den Boden, rollte auf den Rücken und starrte mit schwarzen Käferaugen in den Himmel. Ein riesiger, ungeschlachter Kiefer klaffte auf und zeigte lange, scharfe Zähne, die in verschiedene Richtungen ragten. Seine Haut war von graubrauner Farbe, rau und hornig, und die Nase war unförmig kurz und aufgeworfen. Der Schädel war flach und haarlos, mit wulstigen Augenbrauen und einer fliehenden Stirn. Einer der Arme war kurz und muskelbepackt, der andere viel länger und etwas gebogen, und beide endeten in klauenartigen Händen. Das ganze Geschöpf wirkte missgebildet, zerlumpt, barbarisch. West starrte es mit offenem Mund an.
Es war ganz eindeutig kein Mensch.
»Da!«, schrie Poulder triumphierend. »Jetzt sagen Sie mir noch einmal, meine Division hätte nicht gekämpft! Da oben waren Hunderte dieser … dieser Viecher! Tausende, und sie kämpfen wie Wilde! Wir konnten gerade eben unsere Stellung verteidigen, und Sie hatten ein verdammtes Glück, dass uns das gelungen ist! Ich verlange«, schäumte er, »ich verlange«, brüllte er, »ich verlange«, kreischte er mit rot angelaufenem Gesicht, »eine Entschuldigung!«
Kroys Augen zuckten verständnislos, zornig und verärgert. Seine Lippen bewegten sich, seine Kiefermuskeln mahlten, er ballte die Fäuste. Offenbar gab es in den militärischen Fachbüchern für eine solche Lage keine Vorschrift. Er wandte sich an West.
»Ich verlange Marschall Burr zu sprechen!«, zischte er.
»Ich auch!«, schrie Poulder schrill, der auf keinen Fall zurückstehen wollte.
»Der Lord Marschall ist …« West bewegte stumm den Mund. Ihm fiel nichts mehr ein. Keine Strategie, keine List, kein Täuschungsmanöver. »Er ist …« Für ihn würde es keinen Rückzug jenseits der Furten geben. Er war erledigt. Höchstwahrscheinlich würde er selbst in einer Strafkolonie enden. »Er ist …«
»Ich bin hier.«
Und zu Wests völliger Überraschung stand Burr im Eingang seines Zelts. Selbst im Halbdämmer war es nicht zu übersehen, dass er schwer krank war. Sein Gesicht war aschgrau, und die Stirn war schweißbedeckt. Seine Augen lagen tief in ihren Höhlen und waren von schwarzen Schatten umgeben. Seine Lippen bebten, und offenbar stand er auch nicht ganz sicher auf den Beinen, denn er griff nach einer Zeltstange, um sich festzuhalten. West entdeckte einen dunklen Fleck vorn auf seiner Uniform, der stark nach Blut aussah.
»Bedauerlicherweise war ich während der Schlacht … ein wenig unpässlich«, krächzte Burr. »Habe wohl was Falsches gegessen.« Die Hand an der Stange zitterte, und hinter ihm stand Jalenhorm, um ihn gegebenenfalls zu stützen oder aufzufangen; doch mit einer beinahe übermenschlichen Anstrengung hielt sich der Lord Marschall aufrecht. West sah unruhig auf die zornigen Offiziere, die sich vor dem Zelt versammelt hatten, und fragte sich, was sie wohl von diesem wandelnden Leichnam hielten. Aber die zwei Generäle waren viel zu sehr mit der eigenen Fehde beschäftigt, um darauf zu achten.
»Herr Marschall, ich muss mich über das Verhalten General Poulders beschweren …«
»Herr Marschall, ich verlange, dass sich General Kroy entschuldigt …«
Angriff, dachte West plötzlich, ist stets die beste Art der Verteidigung. »Es wäre wohl üblich«, unterbrach er so laut er konnte, »dass wir unserem Befehlshaber zunächst einmal zu seinem Sieg gratulieren!« Damit begann er zu klatschen, langsam und deutlich. Pike und Jalenhorm schlossen sich ihm unverzüglich an. Poulder und Kroy tauschten einen eisigen Blick, dann erhoben auch sie die Hände.
»Darf ich der Erste sein, der Ihnen …«
»Der Allererste, der Ihnen
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