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Feuersteins Reisen

Feuersteins Reisen

Titel: Feuersteins Reisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Herbert Feuerstein
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noch nicht zu Ende, denn in nur wenigen Tagen sollte mich die weitaus schlimmere Variante meiner Urängste bedrohen: Die Übernachtung in einem Schlafsaal mit schwitzenden, schnarchenden, furzenden Leibern.
    Wir waren in Juneau angekommen, der winzigen Verwaltungshauptstadt Alaskas, benannt nach Joe Juneau, dem Erfinder des Goldrausches von 1880. Man zählt knapp 25 000 Einwohner, die fast alle mit dem Regieren zu tun haben, denn hier sitzen sämtliche staatlichen Behörden Alaskas einschließlich des Gouverneurs. Insgesamt ein Städtchen von reizloser Biederkeit und amerikanischer Norm: Vor dem Haus der Rasen, innen drin eine Schusswaffe. Mindestens eine.
    Juneau sollte unsere Zwischenstation auf dem Weg zum Glacier Bay Nationalpark sein, einer Meeresbucht, in die zahlreiche Gletscher münden, bekannt als Tummelplatz der Wale, und demnach auch Tummelplatz der Touristen. Leider hatte ein dummes Reisebüro unsere Zimmer irrtümlich erst für den nächsten Tag reserviert, die wenigen Hotels der Stadt waren wieder einmal komplett ausgebucht, und da standen wir nun mit unseren vierzehn Koffern auf dem Flugplatz.
    Für solche Pannen — und die gibt es bei einem so dichten Drehplan natürlich ständig — braucht man einen Katastrophenplan, das habe ich in der Flugschule gelernt, sonst folgt nur Chaos. Mit Stolz kann ich daher sagen: Wir sind ein perfekt eingespieltes Team. Wenn etwas schief geht, weiß jeder sofort, was er zu tun hat, da fällt kein überflüssiges Wort, jeder kennt seinen Platz und der Ablauf ist immer der gleiche: Erik passt auf die Geräte auf, Stephan geht ein Bier trinken, der lokale Aufnahmeleiter versteckt sich, Wolpers redet wirres Zeug mit Leuten, die ihn nicht verstehen, und ich beschimpfe Wolpers. Damit haben wir jede Katastrophe im Griff.
    So geschah es auch hier. Leider war die einzige Unterkunft, die Wolpers auftreiben konnte, ein Vierbettzimmer in einer Motel-Absteige. Sollte das Breughel-Gemälde in dieser Nacht tatsächlich für mich Wirklichkeit werden?
    Da hatte ich die rettende Idee: Wozu habe ich die Platinkarte, die alle Probleme löst, diesen Zauberstab unter den Kreditkarten, den Schlüssel zum Paradies? So stand es ja in der Werbung: Wenn man in Katmandu einen Ferrari braucht, seinem Reitpferd zum Geburtstag einen Diamanten schicken will oder irgendwo kein Hotelzimmer kriegt, braucht man nur die Hotline anzurufen, jawohl, so hieß es im Werbetext: »WENN MAN KEIN HOTELZIMMER KRIEGT«, und genau das war ja auch der Grund, warum ich mir diese überteuerte Snobkarte aufschwatzen ließ. 24 Stunden rund um die Uhr nur für mich da, die Rettung in jeder Krise. Wie klug von mir, dass ich für diesen Fall vorgesorgt hatte.
    Aus einer Telefonzelle in Alaska rief ich die Hotline an, natürlich per Kreditkarte. Schon beim zweiten Mal meldete sich jemand, und ich schilderte ausführlich mein Problem, gestört nur durch eine kleine Diskussion mit dem Nothelfer, ob Juneau wirklich in Alaska läge (Juneau liegt wirklich in Alaska). Man war äußerst freundlich, richtig liebenswert, versprach Hilfe und sofortigen Rückruf. Was für eine tolle Idee, diese Platinkarte!
    Der Rückruf kam leider nie, und die Platinkarte habe ich zu Hause gleich wieder abgeschafft. Dafür kam Wolpers und berichtete, dass er doch noch ein Einzelzimmer für mich aufgetrieben hatte. Im »Baranof«, dem besten Hotel der Stadt, wo die lokalen Politiker lokale Politik machen und hinterher mit den lokalen Praktikantinnen ins Bett steigen. Wolpers ist eben doch ein Freund, wenn es darauf ankommt. Außerdem wusste er, dass er sonst die Nacht nicht überlebt hätte.
    Da sagte Erik plötzlich: »Bärenland.«
    Erik Theisen, der Tonmann, ist der schweigsamste Mensch, den ich kenne. Er sagt immer nur »zupp«, wenn er mir das Mikrofon ansteckt, und »zack«, wenn er das Kabel durchs Hemd zieht, sonst nichts. Wir hatten aber schon tagelang gespürt, dass es in ihm brodelte. Immer wieder machte er den Eindruck, als wolle er gleich was sagen, und wir schwiegen, um seinen Worten Platz zu machen, und sahen ihn erwartungsvoll an, um ihn zu ermuntern. Aber er sagte nicht mal »zupp«.
    Als er dann plötzlich »Bärenland« sagte, traf es uns völlig unerwartet, wie ein Keulenschlag der Erkenntnis. So muss es zu Pfingsten vor zweitausend Jahren gewesen sein, als der Heilige Geist in die Schar der Ratlosen fuhr. Jawohl, ein Bärenland. So ist es und nicht anders. Ein verdammtes Bärenland. Aber wieso sagte Erik das erst, als wir schon bei

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