Feuertaufe
Geralt ins Wort. »Denn er geht mir allmählich auf die Nerven.«
»Das war das Erste«, erinnerte ihn Regis, »von zwei Dingen, die ich erwähnen wollte. Das Zweite: Wenn Milva deine übertriebene Fürsorge bemerkt, wenn sie feststellt, dass du sie hätschelst und betust wie eine Glucke ihr Ei, wird sie einfach vor Wut kochen. Und dann gerät sie in Stress, der ihr absolut nicht zuträglich ist. Geralt, ich will niemanden belehren. Ich will rational sein.«
Geralt antwortete nicht.
»Es gibt noch eine dritte Sache«, fügte Regis hinzu, der ihn noch immer musterte. »Durch den Ysgith treiben uns nicht Begeisterung und Abenteuerlust, sondern die Notwendigkeit. Auf den Anhöhen ist das Militär zugange, und wir müssen zu den Druiden vom Caed Dhu. Ich hatte den Eindruck, das sei eilig. Dass dir daran liegt, möglichst schnell an Informationen zu kommen und deiner Ciri zu Hilfe zu eilen.«
»Mir liegt daran.« Er wandte den Blick ab. »Sehr. Ich will Ciri retten und wiedergewinnen. Bis vor kurzem dachte ich, um jeden Preis. Aber nein. Um diesen einen Preis nicht. Diesen Preis werde ich nicht bezahlen, dieses Risiko einzugehen, bin ich nicht bereit. Wir reiten nicht durch den Ysgith.«
»Die Alternative?«
»Das andere Ufer der Jaruga. Wir gehen stromauf, weit über die Bruchmoore hinaus. Dann überqueren wir die Jaruga abermals auf Höhe des Caed Dhu. Wenn das schwierig wird, setzen wir nur zu zweit zu den Druiden über. Ich schwimme, du fliegst als Fledermaus hinüber. Was schaust du mich so an? Dass ein Fluss für einem Vampir ein Hindernis sei, ist doch auch wieder nur ein Mythos und Aberglaube. Oder irre ich mich vielleicht?«
»Nein, du irrst dich nicht. Aber fliegen kann ich nur bei Vollmond.«
»Das sind nur zwei Wochen. Wenn wir am richtigen Ort eintreffen, wird fast Vollmond sein.«
»Geralt«, sprach der Vampir, den Blick noch immer auf den Hexer geheftet. »Du bist ein sonderbarer Mensch. Um es klarzustellen, das war nicht abfällig gemeint. Also gut. Lassen wir den Ysgith sein, der für Frauen in anderen Umständen gefährlieh ist. Wir setzen aufs andere Ufer der Jaruga über, das du für weniger gefährlich hältst.«
»Ich kann die Grade des Risikos einschätzen.«
»Daran zweifle ich nicht.«
»Zu Milva und den anderen kein Wort. Wenn sie fragen sollten, gehört das zu unserem Plan.«
»Natürlich. Beginnen wir mit der Suche nach einem Boot.«
Sie suchten nicht lange, und das Ergebnis übertraf alle Erwartungen. Sie fanden kein Boot, sondern eine Fähre. Zwischen Weiden versteckt, verriet sich der geschickt mit Zweigen und Riedbüscheln getarnte Prahm durch das Seil, das ihn mit dem linken Ufer verband. Es fand sich auch der Fährmann ein. Als sie heranritten, verschwand er schnell im Dickicht, doch Milva spürte ihn auf und zerrte ihn am Kragen aus dem Gebüsch, wobei sie auch den Gehilfen aufschreckte, einen kräftig gebauten Burschen mit den Schultern eines Hünen und dem Gesicht eines Patentidioten. Der Fährmann zitterte vor Angst, und seine Augen huschten hin und her wie ein Mäusepaar durch einen leeren Speicher.
»Ans andere Ufer?«, stöhnte er, als er hörte, was von ihm verlangt wurde. »Um keinen Preis! Das ist Nilfgaarder Land, und wir haben Krieg! Wenn sie mich kriegen, setzen sie mich auf den Pfahl! Ich fahr nicht! Und wenn ihr mich totschlagt!«
»Totschlagen können wir dich«, sagte Milva zähneknirschend. »Dich vorher windelweich schlagen können wir auch. Reiß noch mal das Maul auf, und du siehst, dass wir's können.«
»Der Krieg« - der Vampir durchbohrte den Fährmann mit Blicken - »stört doch sicherlich nicht den Schmuggel, was, guter Mann? Denn dazu dient ja deine Fähre, die du schlau fernab von den königlichen und den Nilfgaarder Ansiedlungen eingerichtet hast - ich irre mich doch nicht? Also mach hin, lass sie zu Wasser.«
»Das wäre vernünftiger«, fügte Cahir hinzu und strich über den Schwertgriff. »Wenn du dich zierst, setzen wir allein über, ohne dich, und dann bleibt deine Fähre am anderen Ufer; um sie zurückzubekommen, wirst du schwimmen müssen. So aber kommst du mit hinüber und kehrst zurück. Ein Stündchen Angst, dann vergisst du's.«
»Aber wenn du dich sperrst, du Narr«, knurrte wieder Milva, »dann richte ich dich so zu, dass du uns bis zum Winter nicht vergisst!«
Angesichts dieser harten, unstrittigen Argumente gab der Fährmann nach, und bald befand sich die ganze Gesellschaft auf dem Prahm. Einige von den Pferden,
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