Feuertochter: Roman (German Edition)
die Engländer verteidigen? Hast du vergessen, wie tödlich deren Kanonen sind? Denke nur daran, wie die englischen Schiffe die als unbesiegbar geltende Armada des spanischen Königs zuerst durch den Kanal getrieben und dann um die beiden großen Inseln gehetzt haben. Auch zu jener Zeit waren viel mehr Männer an Bord der spanischen Schiffe als auf denen der Gegner. Doch es hat nicht das Geringste geholfen. Die Engländer sind, wie der Kapitän sagt, Teufel!«
Da Ferdinand noch immer aussah, als wolle er den Kapitän ihres Schiffes am liebsten eigenhändig dazu zwingen, sich dem Feind zu stellen, legte er einen Arm um die Schulter seines Vetters.
»Es ist ein verdammtes Pech, dass ausgerechnet wir auf diese Schurken getroffen sind. Jetzt gilt es, klug zu handeln. Es hat niemand etwas davon, wenn die Kerle uns versenken oder gefangen nehmen. Mein Freund Oisin O’Corra vertraut darauf, dass ich zu ihm nach Irland komme. Das aber kann ich nicht, wenn ich tot bin oder in einem englischen Kerker verrotte.«
»Wir könnten auch den Sieg davontragen«, antwortete Ferdinand mürrisch.
Simon stieß einen Laut aus, der wohl ein Lachen sein sollte. »Du hast den Kapitän gehört, und der hat mehr Erfahrung als du Grünschnabel. Wir haben nur dann eine Chance, wenn wir bis Einbruch der Nacht durchhalten und dann in der Dunkelheit entkommen.«
»Um uns selbst zu retten, lassen wir unsere Kameraden im Stich!«, stieß Ferdinand ebenso empört wie verzweifelt aus.
»Gott wird sich ihrer annehmen und ihrer Seelen erbarmen.« Für Simon von Kirchberg war die Entscheidung getroffen. Die Männer auf der Violetta waren verloren. Nun galt es, dafür Sorge zu tragen, dass ihr eigenes Schiff nicht mit in den Untergang gerissen wurde.
Unterdessen ließ der Kapitän eine zweite Blinde unter dem Bugspriet anbringen, um jeden Windhauch einfangen zu können. Trotzdem war er noch immer nicht zufrieden und trat nach einer Weile zu den beiden Edelleuten.
»Signori, das Schiff ist zu schwer beladen und damit zu langsam. Wenn wir nicht leichter werden, holen uns die Engländer trotzdem ein.«
»Was heißt das?«, fragte Ferdinand misstrauisch.
»Wir müssen einen Teil unserer Ladung über Bord werfen, Signore!«
Ferdinand tippte sich an die Stirn. »Bist du verrückt? Die Ladung besteht aus unseren Waffen, aus Munition, Vorräten und all dem, was wir brauchen, um in Irland für den heiligen katholischen Glauben kämpfen zu können!«
»Wir können aber nur dann dafür kämpfen, wenn wir die Insel erreichen«, wandte Simon von Kirchberg ein. »Kapitän, unternehmt alles Nötige, damit wir den Engländern entkommen. Und du, Kleiner, hör endlich auf, erwachsenen Männern Vorträge zu halten. Ich müsste sonst bedauern, dich mitgenommen zu haben.«
Diese Abfuhr war deutlich. Ferdinand biss die Zähne zusammen und sah missmutig zu, wie die Matrosen und einige ihrer Soldaten in den Bauch des Schiffes stiegen und mit Kisten und Fässern zurückkamen, die sie über Bord warfen. Schon bald zog die Margherita einen Schweif schwimmender Güter hinter sich her, der langsam von der See verschlungen wurde.
Ferdinand ging zum Heck und beschirmte die Augen mit der Hand, um besser sehen zu können. Die Violetta lag bereits weit zurück. Das vorderste englische Schiff hatte die alte Karacke beinahe eingeholt und feuerte ihr eben einen Schuss vor den Bug, um sie zur Kapitulation zu zwingen. Es war jedoch zu erkennen, dass das feindliche Schiff seine Geschwindigkeit nicht verringerte, sondern zusammen mit einem zweiten der Margherita folgte, während sich die langsamste englische Galeone dem schwerfälligen Transportschiff zuwandte.
Noch immer war Ferdinand der Meinung, dass es nicht nur ehrenvoller, sondern auch erfolgversprechender gewesen wäre, bei der Violetta zu bleiben und gemeinsam mit ihr zu kämpfen. Auch wenn die Engländer mehr und weiter reichende Kanonen hatten, so konnte eine Musketensalve aus über einhundert Rohren einiges ausrichten. Außerdem verfügten auch die eigenen Schiffe über Geschütze, die mit in den Kampf hätten eingreifen können. Doch als er bei Simon noch einmal einen Vorstoß wagte, schüttelte dieser den Kopf.
»Es wäre ein sinnloses Opfer, Kleiner. Das sieht auch der Kapitän so, und der ist ein erfahrener Seemann.«
In seiner Verzweiflung wandte Ferdinand sich an den Priester, der ihre Truppe begleitete. »Sagt doch Ihr etwas, Pater Matteo. Mit Gottes Hilfe können wir unsere Kameraden heraushauen.«
Pater
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