Feuertochter: Roman (German Edition)
einmal auf O’Corras Burg?«, fragte Ferdinand, der sich an einige Erzählungen seines Vetters erinnerte.
»Damals war ich nicht auf der Burg, sondern in einem alten Rundturm an einer abgelegenen Küste, der den O’Corras als einzige Zuflucht geblieben war. Oisins Schwester lebte dort. Sie war ein mageres Ding mit dunklen Haaren und schrecklich verliebt in mich.«
Simon lachte, dabei war ihm wohl bewusst, dass ihn weniger Ciaras Aussehen als die offensichtliche Armut der Familie abgestoßen hatte. Ein Mann wie er konnte es sich nicht leisten, ein Mädchen ohne Mitgift zu freien. Doch das ging Ferdinand nichts an. Daher berichtete er in überheblichem Tonfall, wie primitiv der Clan in dem Turm an der Küste von Donegal gelebt habe.
»Aber die meisten Iren hausen so, selbst die Anführer der kleineren Clans. Nur die großen Häuptlinge, wie dieser Hugh O’Neill, können so leben, wie es sich für Edelleute gebührt. Der Mann trägt sogar einen englischen Titel, den eines Grafen von Tyrone. Als solcher ist er der unumschränkte Herr über den größten Teil der Provinz Ulster und wird denen, die auf seiner Seite kämpfen, einmal viel Land und hohe Ehren verleihen können.« Mit dieser Erklärung gab Simon einen wichtigen Grund seines Entschlusses preis, sich dem Aufstand der Iren anzuschließen. Fast ein Jahrzehnt lang hatte er als Söldnerführer in päpstlichen Diensten gekämpft und war dabei oft genug um seinen Sold und den ihm zustehenden Teil der Beute geprellt worden. Daher war ihm Oisin O’Corras Angebot, diesmal mit Land belohnt zu werden, höchst verlockend erschienen.
Ferdinand ging es immer noch viel zu schlecht, um einen klaren Gedanken fassen zu können. Selbst die Trauer um seinen braven Braunen, ein Geschenk seines verehrten Onkels, wurde von Übelkeit und Kopfschmerzen verdrängt. Mühsam erhob er sich und hielt sich an der Reling fest.
»Ich glaube, ich lege mich besser wieder hin. Weck mich, wenn wir in Irland ankommen.«
»Da müsstest du lange schlafen, denn das wird noch ein paar Tage dauern. Ich wünsche dir dennoch eine gute Nacht!« Simon klopfte Ferdinand auf die Schulter und wandte sich ab.
Bei Simons Schlag fuhr eine neue Schmerzwelle durch Ferdinands Kopf. Er taumelte blindlings über Deck und geriet in Gefahr, in den Niedergang zu stürzen.
Da packten ihn zwei kräftige Arme. »Nun mal langsam mit den jungen Pferden, Herr Ferdinand! Ihr wollt Euch doch nicht das Genick brechen. Wartet, ich bringe Euch nach unten.«
»Hufeisen?« Ferdinand klang verwundert, denn bis jetzt hatte der Feldwebel seines Vetters sich kaum um ihn gekümmert.
»Genau der«, antwortete der Söldner. »Verzeiht, wenn ich mich einmische, aber ich halte es ebenfalls für eine Sauerei, dass wir die Kameraden auf der Violetta im Stich gelassen haben. Der Kapitän dieses Kastens hat sich in die Hosen gemacht und den Hauptmann damit angesteckt.«
»Simon hat gewiss keine Angst gehabt«, murmelte Ferdinand. Er hatte seinen Vetter bereits als Junge bewundert und war außer sich vor Freude gewesen, als dieser ihm angeboten hatte, als sein Stellvertreter mit nach Irland zu segeln.
Hufeisen brummte etwas Unverständliches und half dem jungen Edelmann den Niedergang hinab.
Als Ferdinand wieder in seiner Koje lag, griff er sich unwillkürlich an den schmerzenden Kopf und stellte fest, dass er einen Verband trug. Unter diesem ertastete er eine gewaltige Beule.
»Irgendjemand muss mich niedergeschlagen haben, Hufeisen. Sag mir, wer es war, damit ich es ihm heimzahlen kann!«, forderte er den Feldwebel auf.
»Es tut mir leid, Herr Ferdinand, aber davon habe ich nichts mitbekommen.« Hufeisen war froh um die Dunkelheit, die in der winzigen Kammer herrschte. So konnte der junge Edelmann seiner Miene nicht ansehen, dass er log. Auch wenn der Kapitän der Margherita zugeschlagen hatte, so war der wahre Schuldige in seinen Augen Simon von Kirchberg. Aber das durfte er Ferdinand nicht sagen, denn er wollte keinen Streit zwischen den beiden Vettern provozieren. Schließlich war der Ältere sein Hauptmann. Simon von Kirchberg aber hatte mit seiner Entscheidung, die Kameraden auf der Violetta ihrem Schicksal zu überlassen, seine Achtung verloren.
8.
A odh Mór O’Néill hatte das Ui’Corra-Tal verlassen, um die Anführer anderer Clans aufzusuchen und sie auf seine Seite zu ziehen. Dennoch blieb für Ciara und Saraid genug zu tun. Es galt, die restliche Unordnung auf der Burg zu beseitigen und zu planen, wie die
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