Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Feuerwasser

Feuerwasser

Titel: Feuerwasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Lascaux
Vom Netzwerk:
psychisch noch mit seinem Umzugsgut bereit.
    Er erwachte kurz vor Bern, als der Fahrer des Polizeiwagens das Martinshorn einschaltete, um einen chronischen Linksfahrer aus dem Weg zu bugsieren. Müller blinzelte und blickte in die Augen von Pascale Meyer, laubfroschgrüne Augen, von denen der Objektverbrennungskünstler Cäsar Schauinsland zu Recht fasziniert war. Als sie sich wieder in den Sitz zurücklehnte und vom Alpenglühen schwärmte, verzieh er ihr sogar die Schüsse im Ostermundiger Steinbruch, als sie im ersten gemeinsamen Fall 1 eine mit Feuerwerk gefüllte Polyesterkuh getroffen hatte, welche aus dem Fotografen René Schön einen toten Unschön gemacht hatten.
    Pascale Meyer las aus einem Leitfaden, den jemand nach einem Ausstellungsbesuch im Wagen hatte liegen lassen: »Wenn die Alpen in Rot erstrahlen, führt im Hintergrund das Streulicht der auf- und niedergehenden Sonne Regie. Das Alpenglühen, die in der Dämmerung zu beobachtende rötliche Färbung von Felsgebirge, Schneeflächen oder Eisfeldern ist ein Schauspiel der atmosphärischen Kategorie. In der Hauptrolle: das Abendrot und sein Widerschein in den Bergen; als Nebenakteur der Abendvorstellung: der Purpursaum des nach Sonnenuntergang im Osten aufsteigenden Erdschattens.« 2

    Nun gab es zwar im Kanton Bern mehr als einen vermissten Menschen. Die meisten aber waren jünger als der Tote, einige weiblich, einer auch deutlich älter. Man konnte sich demnach auf zwei Personen konzentrieren, erst wenn keine von diesen beiden die gesuchte gewesen wäre, hätte es Probleme gegeben. Aber in Bern waren die Dinge einfach. Schon vom Beschreiben der Kleidung her konnte man vermuten, dass es sich tatsächlich um Kurt Grünig handelte. Die DNA-Analyse brachte die letzte Gewissheit.
    Das Ermitteln der Todesursache machte dem Rechtsmediziner schon größere Probleme. Am Schädel waren keine Verletzungen sichtbar. Fesselungen an Händen oder Füssen wären nicht mehr nachzuweisen. Erst bei der Obduktion erhielt man Klarheit darüber, woran Grünig gestorben war. Ein glatter Durchschuss eines Projektils – wahrscheinlich aus einem großkalibrigen Jagdgewehr – hatte die Lunge zerfetzt und eine innere Blutung ausgelöst, an der der Mann qualvoll gestorben war.
    Somit schied der Fundort als Platz der Tötung aus.
    »Allerdings muss sich das Opfer im Schafloch oder in seiner Nähe aufgehalten haben«, sagte der Rechtsmediziner, »denn es ist unmöglich, dass ein Einzelner den Mann mit seinen etwa 70 Kilogramm Körpergewicht in die Festung hochgetragen hat. Wir haben auch keine Schleifspuren gefunden. Möglicherweise ist er vor dem Schafloch erschossen worden, hat in einer Regennacht draußen gelegen und ist am andern Morgen von einer oder mehreren Personen an den Fundort gebracht worden.«
    »Ein riskantes Verfahren«, analysierte der Störfahnder. »Dabei hätten ihn einige Wanderer beobachten können, entweder auf derselben Seite oder vom Niederhorn her mit dem Feldstecher.«
    »Dafür würde sogar eine zoomstarke Kamera ausreichen«, ergänzte Müller, der von Bernhard Spring eingeladen worden war, bei den Besprechungen dabei zu sein. Man wusste nie, wann die enge Beziehung des Detektivs und seiner Assistentin zur lokalen Bevölkerung hilfreich sein konnte. Dem Störfahnder waren die gemeinsamen Erfolge in bester Erinnerung. Außerdem hatte er kein zusätzliches Personal zur Verfügung. Eben hatte das Berner Kantonsparlament beschlossen, 200 neue Aspiranten in den Polizeidienst aufzunehmen. Es fanden sich jedoch nicht genügend Anwärter, die den Anforderungen des Jobs gewachsen waren. Natürlich waren Begriffe wie »hohe Sozialkompetenz« Luftblasen des ›Newspeak‹, aber schon an den notwendigen minimalen Französischkenntnissen scheiterten die meisten. Da half die schönste Rekrutierungskampagne nichts. Denn niemand glaubte ernsthaft daran, dass das Sichern von Tatorten mit blutigen Funden, das Verteidigen von Banken vor Demonstranten oder das Ausstellen von Parkbußen ein cooler Job sei. Schon gar nicht im Schichtbetrieb mit unterdurchschnittlichem Lohn.
    »Ein Jagdgewehr ist eine Waffe mit hoher Genauigkeit. Ein guter Schütze hätte sich im Wald verstecken, im Extremfall sogar von der anderen Talseite her schießen können.«
    »Mal angenommen, der Täter wusste, dass unser Opfer aus dem Schafloch herauskommen würde. Dann hätte er nur den Augenblick abpassen müssen, als Kurt Grünig auf die Leiter stieg«, sagte Spring.
    »Du meinst, den Schuss

Weitere Kostenlose Bücher