Feuerwellen: Ein erotischer Roman (German Edition)
Durchbruch in greifbare Nähe gerückt war, ihm jede emotionale Nähe entzog. Ihn im Gegenteil sogar verletzte. Er wusste wirklich nicht, was mit Phoebe los war. Sicher, für ihn war es zuerst auch nur eine angenehme Bereicherung des Zusammenseins gewesen, als sie anfingen, miteinander zu schlafen, aber wenn er ehrlich zu sich war, hatte er ziemlich schnell danach entdeckt, dass er sich in Phoebe verliebt hatte. Weil er wusste, dass sie nichts weniger leiden konnte, als vereinnahmt zu werden, hatte er von Anfang an auf Zeit gespielt. Hatte ihr Raum gegeben, um sich immer wieder zurückziehen zu können. Und das hatte er nun davon. Phoebe erlebte eine leidenschaftliche Affäre mit ihrem größten Konkurrenten, wobei er hoffte, dass es bei einer Affäre bleiben würde. Genauso sicher, wie er sich vor zwei Wochen noch gewesen war, dass Phoebe eher Spinnen essen als Falk küssen würde, genauso unsicher war er sich heute, wie sich das Verhältnis der beiden entwickeln würde. Dariusz stand auf und schlenderte zum Kühlschrank, der im ehemaligen Pausenraum des Supermarktes stand und nichts außer Bierflaschen und Tiefkühlpizzen enthielt. Er nahm eine Pizza heraus und legte sie in den Backofen, ebenfalls ein Relikt aus jener Zeit. Dann setzte er sich auf einen halbverrotteten Küchenstuhl, starrte auf die Pizza in dem sich erhitzenden Ofen und wartete.
»Dariusz. Bist du hier?« Phoebes Absätze klapperten hell auf den Bodenfliesen. Er bewegte sich nicht vom Fleck. Siedend heiß fiel ihm ein, dass er seit Tagen dieselben Sachen trug. Vor drei Tagen hatte er das letzte Mal geduscht. Glaubte er jedenfalls. Es war wirklich nicht nötig, dass Phoebe ihn in diesem verwahrlosten Zustand zu Gesicht bekam.
»Dariusz?« Phoebe steckte ihren Kopf in den Pausenraum. Sein Anblick erschreckte sie, aber sie wollte sich nichts anmerken lassen. Betont unbekümmert ging sie auf den jungen Künstler zu. Er sieht furchtbar aus, dachte Phoebe. Als ob er unter einer Brücke hausen würde.
»Hi.« Sie zog sich einen Stuhl heran und setzte sich neben Dariusz, der weiterhin den Backofen fixierte.
»Hi, Phoebe«, erwiderte er leise ihren Gruß. »Warum bist du hier?«
»Sprichst du mit mir oder mit der Pizza?«, fragte Phoebe betont heiter. Dariusz hielt den Blick weiterhin stur geradeaus gerichtet.
»Warum die Pizza hier ist, weiß ich«, sagte er ohne jeden Anflug von Humor. »Warum du hier bist, möchte ich gern erfahren. Du weißt doch, Phoebe: Komfortzone. Und das bitte ich zu beachten. Ganz einfach.«
Phoebe nickte, machte aber keine Anstalten, aufzustehen. Die nächsten Minuten vergingen mit Schweigen, bis Dariusz lakonisch sagte: »Die Pizza ist fertig.« Er nahm das Ergebnis seiner Kochkunst aus dem Ofen und teilte das runde Gebilde in Viertel. Ohne Phoebe einen Blick zu schenken, stellte er das Blech mit der Pizza auf den Tisch, nahm sich ein Stück und sagte: »Bitte. Greif zu.«
Dann verließ er den Raum und ließ sie allein zurück. Kurze Zeit später waren wieder Schweißgeräusche zu hören. Phoebe saß noch immer im Pausenraum und starrte auf das Blech. Es war genauso schmutzig und unappetitlich wie Dariusz. Aber sie hatte Hunger. Selbst in den unmöglichsten Situationen kam ihr der Appetit nicht abhanden. Liebeskummer: ja. Appetitlosigkeit: nein. Sie nahm sich ein Stück, biss hinein, dann stand sie auf und inspizierte den Bestand des Kühlschranks. Eigentlich mochte sie kein Bier, aber egal. Mit geöffneter Flasche und einem zweiten Stück Pizza steuerte sie auf das Sofa zu und ließ sich fallen. Sie war hundemüde. Die letzten Nächte hatte sie kaum geschlafen, und bei allem Spaß, den ihr das Wachbleiben mit Falk bereitet hatte, ging sie jetzt auf dem Zahnfleisch. Nicht nur körperlich. Phoebe war verunsichert. Der Kunsthändler hatte sich den ganzen Tag noch nicht gemeldet. Er schien sie nicht zu vermissen, geschweige denn Zeit mit ihr verbringen zu wollen. Und Dariusz war ungewaschen und schmollte noch immer. Sie würde jetzt in ihre Wohnung fahren, ein heißes Bad nehmen und danach Kirschkerne vom Balkon spucken. So ein Unsinn half immer, wenn sie sich mies fühlte. Sie nahm noch einen Schluck Bier, dann stellte sie die Flasche in die Küche zurück und machte beim Gehen übermäßig laute Geräusche, die trotzdem im Lärm des Schweißgerätes untergingen. Am Rolltor sah sie sich noch einmal um, doch selbst als dieses sich unter heftigem Geratter hob, schien Dariusz keine Notiz von ihr zu nehmen. Phoebe versuchte,
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