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Feuerwogen

Feuerwogen

Titel: Feuerwogen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Virginia Kantra
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Ärztin.«
    »Warum?«
    »Ach …« Sie wischte sich die Hände an der Jeans ab, wobei sie dem Blick ihrer Mutter auswich. »Nachbeobachtung. Ich glaube, sie will sicher sein, dass meine Zehen über Nacht nicht abgefallen sind.«
    Dylan hob eine Augenbraue. Sie hatte Antonia also noch nicht von ihrer Schwangerschaft erzählt. Nur ihm. Und nur, weil sie keine Wahl gehabt hatte. Er spürte die Last seiner Verantwortung wie einen Mühlstein auf der Brust.
    »Und was machst du, während Regina bei der Ärztin ist?«, murmelte Margred.
    Dylans Blick glitt über Lucy zu Margred, die mit einer Ungezwungenheit neben einer Regalwand stand, die schon fast … verdächtig war. Hinzu kam, dass kein Mann, vor allem kein Bruder, einen Blick für Lucy übrig hatte, wenn Margred mit im Raum war. Lucy war groß und harmlos. Menschlich. Unbedeutend. Margred war … eben sie. Obwohl Caleb dieser Tage offenbar seiner schönen Frau nicht genug Schlaf gönnte. Schwache Schatten lagen wie blaue Flecken unter ihren Augen.
    In der großen Restaurantküche war genügend Platz und genügend Hintergrundlärm für ein Gespräch unter vier Augen. Er ging zu Margred hinüber und senkte die Stimme, damit die anderen ihn nicht hören konnten. »Ich gehe mit ihr.«
    Margred legte den Kopf schräg. »Wenn es wahr ist, was Caleb sagt, wird Conn einen Bericht von dir erwarten.«
    »Ich gebe ihm mehr als das.«
    Dylan hatte mittlerweile herausgefunden, wie er das anstellen wollte. In der langen Nacht, als Regina neben ihm geschlafen und ihn durch den hauchzarten Druck ihrer Hand auf sein Herz an Ort und Stelle festgehalten hatte. Er konnte diesen Druck jetzt wieder spüren, und er presste seinen Brustkorb zusammen, bis er nicht mehr atmen konnte. Irgendwie hatte sie dafür gesorgt, dass er sich für sie verantwortlich fühlte. Dass er sie gern hatte. Das bedeutete aber nicht, dass er für immer bei ihr bleiben musste, gefangen in einem Netz aus menschlichen Erwartungen und Gefühlen, gefangen an Land.
    »Ich bringe sie nach Sanctuary«, erklärte er. »Dort ist sie in Sicherheit.«
    Dort war er frei.
    Margreds dunkle Augen wurden weit. »Hast du ihr das schon gesagt?«
    »Noch nicht.«
    »Aha.« Margred sah ihn einen Moment lang ruhig an. Ihre vollen Lippen kräuselten sich. »Dann viel Glück.«
     
    »Du hättest netter zu deiner Schwester sein können«, sagte Regina, während sie den Hügel zum Rathaus hinaufgingen.
    Als Dylan vor über zwanzig Jahren die Insel verlassen hatte, hatte dieses Gebäude noch nicht gestanden. Die meisten der verwitterten grauen Häuser und Läden im Stadtzentrum waren noch die alten. Aber es gab mehr Autos, als er in Erinnerung hatte, mehr Telefonleitungen, mehr Flaggen und Blumenkästen, mehr Verkehrsschilder und Fußgänger, die die Straßen bevölkerten, ihm den Weg versperrten und ihn umzingelten. Er konnte kaum noch den Himmel sehen oder das Meer riechen.
    Während er neben Regina herging, fühlte er sich wie ein zehnjähriger Junge, der zum Einkaufen geschleift wurde, oder wie ein wildes Tier, das man an einer Leine spazieren führte. Sie konnten nicht mehr als ein paar Meter gehen, ohne jemandem zu begegnen, der stehen bleiben, ein Schwätzchen halten, ihnen etwas zurufen wollte. Er wollte nichts über seine Schwester hören.
    »Ich war nett zu ihr«, knurrte er.
    »Ach ja? Wenn man bedenkt, dass sie …«
    Eine hübsche junge Frau mit einem Kinderwagen stellte sich ihnen in den Weg. »O mein Gott, Regina, dein
Hals
! Du siehst furchtbar aus. Ist alles okay?«
    Regina seufzte. »Danke, Sarah, ich …«
    Der Blick der jungen Frau glitt seitwärts. Sie lächelte und begann, an ihrem schulterlangen Haar zu nesteln. »Sie müssen Dylan sein. Ich habe gehört, dass Sie sie den ganzen Weg bis zum Haus der Mitchells getragen haben.«
    »Ja, ich war ziemlich neben der Spur«, erwiderte Regina. »Hör zu, wir …«
    »Es ist einfach schrecklich. Ich meine, man erwartet doch nicht, dass so etwas hier passieren könnte.« Sarah lächelte Dylan erneut an. »Oder?«
    »Eigentlich schon.«
    »Okay.« Regina packte seinen Arm. »War schön, dich zu sehen, Sarah. Komm doch mal im Restaurant vorbei.«
    Dylan betrachtete die kleine, starke Hand auf seinem Arm, die ihn wegzerrte. Er mochte es, wenn sie sich an ihm festhielt. Und es gefiel ihm gar nicht, dass er es mochte.
    »Also, wegen deiner Schwester …«, begann sie von neuem.
    »Was ist mit ihr?«
    »Es war nett von ihr, uns auszuhelfen.«
    »Warum nett? Ihr bezahlt sie

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