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Fiasko

Fiasko

Titel: Fiasko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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sich über seine Brust spannte. Die Haselsträucher rauschten leise in einem sanften — künstlichen — Luftzug.
       „Ich weiß nicht, wie es ihm möglich war… aber lassen wir das. Jawohl, es ist die Wahrheit. Ich weiß nicht, seit wann ich das mit mir herumschleppe. Ich… Es liegt nicht in meiner Art, in Worten zu denken. Worte sind für mich zu langsam, ich muß mich schnell zurechtfinden. Sicher eine alte Gewohnheit, noch aus der Zeit vor der EURYDIKE… Wenn es aber nun mal sein muß… Wir rennen mit dem Kopf gegen eine Wand. Vielleicht durchbrechen wir sie, aber was kommt dabei heraus? Worüber können wir mit den Anderen reden? Was können sie uns zu sagen haben? Ja, ich bin jetzt überzeugt, daß mir der Trick mit dem Märchen als Ausflucht eingefallen ist. Um auf Zeit spielen zu können… Es entsprang nicht der Hoffnung, sondern war wohl eher Eskapismus. Um vorwärts zu gehen, während man auf der Stelle tritt…“
       Er hielt inne, suchte vergebens nach den rechten Worten. Ringsum wogte das Haselgesträuch. Der Pilot öffnete den Mund, sagte aber nichts.
       „Wenn diese anderen sich aber einverstanden erklären, daß ein Kundschafter landet, wirst du fliegen?“ fragte der Arzt nach einer Weile.
       „Klar!“ entfuhr es Tempe, und verwundert setzte er hinzu: „Warum denn nicht?
       Deswegen sind wir doch hier…“
       „Es kann eine Falle sein“, sagte Gerbert so leise, als wollte er diese Bemerkung vor dem allgegenwärtigen GOD verheimlichen.
       So dachte wenigstens der Pilot, der das aber sogleich für Unsinn und in einer plötzlichen weiteren Reflexion für ein Symptom der eigenen Abnormität ansah, da er GOD damit das Böse oder zumindest Feindseligkeit zugeschrieben hatte. Als habe er gegen sich nicht nur die Quintaner, sondern auch den eigenen Computer.
       „Es kann eine Falle sein“, wiederholte er wie ein verspätetes Echo. „Sicherlich…“
       „Und du wirst fliegen, ohne Rücksicht auf Verluste?“
       „Wenn Steergard mir die Chance gibt… Es ist noch nicht darüber gesprochen worden. Wenn wir überhaupt Antwort bekommen, landen erst mal Automaten dort. Genau nach Programm!“
       „Nach unserem Programm“, stimmte Gerbert zu. „Die Anderen aber werden das ihre haben, nicht?“
       „Klar. Sie schicken dem ersten Menschen blumenstreuende Kinder entgegen und rollen einen roten Teppich aus. Die Automaten rühren sie nicht an.
       Das wäre aus ihrer Sicht zu dumm. Uns aber werden sie in den Sack stecken wollen…“
       „Das denkst du und willst dennoch fliegen?“ Die Lippen des Piloten zuckten, es wurde ein Lächeln daraus. „Doktor, ich bin nicht versessen, ein Märtyrer zu werden, aber du haust zwei Dinge durcheinander: das, was ich denke, und das, wer uns hergeschickt hat und wozu. Es gehört sich nicht, den Kommandanten anzumachen, wenn er einen wegen einer Dummheit tadelt. Und, Doktor, glaubst du, er würde, wenn ich nicht wiederkäme, den Priester bitten, für mein Seelenheil zu beten? Ich wette meinen Kopf, daß er tun wird, was ich so dumm gesagt habe!“ Gerbert sah ihm verblüfft in das strahlende Gesicht. „Das wäre eine Vergeltung, nicht nur entsetzlich, sondern auch sinnlos. Dich bringt er nicht wieder zum Leben, wenn er zuschlägt. Außerdem hat man uns nicht zur Vernichtung einer fremden Zivilisation hierhergeschickt. Wie vereinbarst du das eine mit dem anderen?“
       Das Gesicht des Piloten wurde ernst. „Ich bin ein Feigling, weil ich mir nicht einzugestehen wage, daß ich nicht mehr an einen Erfolg des Kontakts glaube. Ich bin aber kein solcher Feigling, daß ich mich aus meiner Aufgabe herausmogeln möchte. Steergard hat die seine und rückt auch nicht von ihr ab.“
       „Du hältst diese Aufgabe selber für unausführbar.“
       „Nur anhand von Annahmen: Wir sollten Verständigung suchen, aber nicht kämpfen. Die anderen haben sich verweigert — auf ihre Weise, durch einen Angriff, und dies wiederholt. Auch eine so konsequente Absage ist eine Verständigung — als Äußerung eines Willens. Hätte der Hades die EURYDIKE verschlungen, würde Steergard bestimmt nicht versuchen, ihn in Stücke zu hauen. Mit der Quinta ist das anders. Wir klopfen an die Tür, weil die Erde es so wollte. Wird die Tür nicht aufgemacht, schlagen wir sie ein.
       Vielleicht finden wir dahinter nichts, was den irdischen Erwartungen entspricht.
       Das nämlich ist es, was ich befürchte. Wir aber

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