Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fiasko

Fiasko

Titel: Fiasko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
Vom Netzwerk:
der Sonne glühenden Staub, und der Solaser vollzog unter dieser Tarnung eine Standortveränderung, wobei er sich wie ein unter Federdruck wieder aufklappbarer Fächer zusammenlegte.
       GOD arbeitete an der Grenze seiner Spitzenbelastung. Er registrierte das Ergebnis des Schlags, das Schicksal ungezählter niedrig kreisender Satelliten, die m die von den Explosionen aufgeblähte Atmosphäre geraten und in feurigen Parabeln verglüht waren. Dabei meldete der Computer zusätzlich, die Attrappe des HERMES könne auch durch einen magnetodynamischen Angriff in einer Konzentration von Feldern zerstört worden sein, die Billionen von Gauß lieferten. GOD hatte noch eine vierte Hypothese in petto, die sich auf implosive Kryotronbomben gründete. Der Kommandant wies an, diese Daten als archivarisch anzusehen. Sie hielten sich noch immer auf der stationären Umlaufbahn im Schatten der Sexta, als Steergard Nakamura und Polassar rufen ließ, um ihnen ein handgeschriebenes Ultimatum vorzulegen. Als Übermittler sollten die holographischen Augen dienen, die bei der Emission der für sie nicht verkraftbaren Signale zugrunde gehen würden. Das Spiel war aber selbst diesen Preis wert. Der Wortlaut war eindeutig:
     
   EUER RING WURDE ZERSTÖRT ALS VERGELTUNG FÜR DEN ANGRIFF AUF UNSER RAUMSCHIFF STOP
       GEBEN EUCH 48 STUNDEN ZEIT ZUR ERHOLUNG STOP
       GREIFT IHR UNS AN ODER ANTWORTET IHR NICHT, BLASEN WIR EUCH IN DER ERSTEN PHASE DIE ATMOSPHÄRE WEG STOP
       IN DER ZWEITEN PHASE NEHMEN WIR DIE OPERATION DES PLANETOKLASMUS VOR STOP
       EMPFANGT IHR UNSEREN ABGESANDTEN UND KEHRT ER HEIL AUF UNSER RAUMSCHIFF ZURÜCK, UNTERLASSEN WIR DIE ERSTE UND DIE ZWEITE PHASE STOP STOP STOP
       Der Japaner fragte, ob der Kommandant tatsächlich bereit sei, die Atmosphäre wegzufegen, und setzte hinzu, daß für eine Kavitation des Planeten keine ausreichende Energie verfügbar sei.
       „Das weiß ich“, antwortete Steergard. „Ich will auch die Atmosphäre nicht wegblasen, sondern baue darauf, daß sie es auch so glauben. Was den Sideroklasmus angeht, so möchte ich die Ansicht von Polassar hören. Auch hinter einer unausgeführten Drohung muß eine reale Kraft stehen.“
       Polassar zögerte mit der Antwort.
       „Es wäre eine gefährliche Überlastung der Sideratoren. Die Mantia läßt sich allerdings durchschlagen. Wenn wir die Basis der Kontinentalplatten antasten, geht die Biosphäre zugrunde. Nur Bakterien und Algen überleben. Muß mehr darüber gesagt werden?“
       „Nein.“
       Sie erachteten es für notwendig, das Ausmaß der Katastrophe kennenzulernen. Das war überaus schwierig. Die Löcher in der Hülle, mit der sich die Quinta durch ihr Funkrauschen umgeben hatte, zeugten vom Ausfall Hunderter Sendestationen, aber ohne Spinographie war es unmöglich, die Zerstörungen der technischen Infrastruktur auf dem großen Kontinent auch nur annähernd zu überblicken. Die Effekte der Katastrophe teilten sich bereits auch der Südhalbkugel und den übrigen Kontinenten mit. Die seismische Tätigkeit verstärkte sich jäh: Im Wolkenmeer zeigten sich dunkle Flecken, weil offenbar sämtliche Vulkane Magma und Gase mit einem beträchtlichen Zyanidanteil ausspien. GOD schätzte die Eismassen, die die Oberfläche des Landes und der Ozeane erreicht hatten, auf drei bis vier Trillionen Tonnen. Die nördliche Halbkugel war weitaus stärker getroffen worden als die südliche, das Meer aber war überall angestiegen und hatte die Küsten überschwemmt. GOD machte den Vorbehalt, er könne nicht bestimmen, wieviel von dem Eis in festem Zustand auf den Planeten gestürzt und wieviel getaut sei — das hing von der nicht genau bekannten Größe der Eisblöcke ab. Falls sie mehr als Tausende von Tonnen betrug, ging in den obersten Luftschichten nur ein Bruchteil der Masse verloren. Ein konkreter Divisor ließ sich jedoch nicht angeben. Harrach, der im Steuerraum seinen Dienst versah, hatte an dem Gespräch, das in der Zentrale geführt wurde, nicht teilgenommen, er hatte aber alles mitgehört und griff ganz unerwartet ein. „Kommandant, ich bitte ums Wort.“
       „Was denn nun schon wieder?“ fragte Steergard ungeduldig. „Ist es dir nicht genug? Willst du ihnen noch eins draufgeben?“
       „Nein. Wenn das, was GOD sagt, einen Sinn hat, reichen achtundvierzig Stunden nicht. Die müssen sich doch erst mal wieder aufrappeln.“
       „Du schließt dich da zu spät den Tauben an“, entgegnete

Weitere Kostenlose Bücher