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Fiasko

Fiasko

Titel: Fiasko Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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sideralen Technik. Es geht auch nicht um eine Expansion, die einst sogenannte „Schockwelle der Vernunft“, die sich nach dem eigenen auch die benachbarten Planeten unterwirft und sich im Sternenexil über die Galaxien ausbreitet. Wozu auch? Um immer dichter das Vakuum zu bevölkern? Es geht nicht um das crescite et multiplicamini, sondern um Aktionen, die wir nicht begreifen und folglich um so weniger in ihrer Bedeu-tung bestimmen können. Was begreift ein Schimpanse von der Schinderei der Kosmogonie?
       Ist das Universum ein sehr großer Kuchen und die Zivilisation ein Kind, das diesen Kuchen so schnell wie möglich aufzuessen versucht? Die Vorstellung von Invasionen, die von fremden Sternen kommen, ist die Projektion der aggressiven Eigenschaften des raubtierhaften, nur notdürftig gezähmten Affenmenschen. Da er selbst seinem Nächsten gern antäte, was diesem unangenehm ist, stellt er sich eine hohe Zivilisation nach ebendieser seiner Art vor. Flotten galaktischer Dreadnoughts sollen auf irgendwelchen bedauernswerten Planeten landen, um über die dort vorhandenen Dollars, Brillanten, Pralinen und natürlich die schönen Frauen herzufallen. Diese „anderen“ können damit so wenig anfangen wie wir mit den Weibchen der Krokodile. Womit befassen sie sich also, die „oberhalb des Fensters“? Mit dem, was wir nicht begreifen können, aber gleichzeitig können wir nicht unser Einverständnis geben, daß dieses Wirken der anderen über unser Begriffsvermögen geht. Bitte sehr: Wir sollen ein Loch in den Hades, in seine temporale Zwiebel machen, um uns darin zu verbergen. Das ist jedoch kein Versteckspiel. Wir wollen eine Zivilisation erwischen, ehe sie aus dem Fenster entkommt. Die Wahrscheinlichkeit künftiger Expeditionen mit einem ebensolchen Ziel ist gering. Unsere Nachfahren werden uns vielleicht sogar ein ehrendes Andenken bewahren: ein solches, wie wir es den Argonauten bewahrt haben, die auszogen, das Goldene Vlies zu holen. Khargner, der ebenfalls oft bei Lauger gesessen hatte, bezeichnete diese Deutung der „Zivilisation außerhalb der Kontaktschranke“ als „Verstehen durch Nichtverstehen“. In letzter Zeit allerdings konnte er sich eine Teilnahme an diesen Diskussionen nicht mehr leisten, da die Nähe des Ziels seine fast ständige Anwesenheit in den Lastverteileranlagen notwendig machte.
     
       Mark Tempe, der wußte, daß er anders hieß, dieses Wissen aber mit Rücksicht auf die Ärzte nicht preisgeben durfte, studierte vor dem Schlafen die Zusammensetzung der Crew des HERMES. Von den zehn Besatzungsmitgliedern kannte er gut nur Gerbert und — durch die Begegnungen bei Lauger — den kleinen, schwarzäugigen Nakamura. Von dem Kommandanten, unter dem er dienen sollte, wußte er fast gar nichts. Er hieß Steergard und war der Erste Stellvertreter Ter Horabs. Sein zusätzliches Spezialgebiet war die soziodynamische Spieltheorie.
       Jeder Teilnehmer des Kundschafterunternehmens mußte auf einem Gebiet ausgebildet sein, das sich mit dem eines anderen Besatzungsmitglieds deckte, so daß die Leistungskraft des Teams nicht durch Unfälle oder Erkrankungen in Mitleidenschaft gezogen wurde. Für die Antriebstechnik auf dem HERMES war Polassar zuständig, ein Gravistiker und Siderator. Tempe kannte ihn nur als großartigen Schwimmer aus dem Swimmingpool der EURYDIKE, wo er seinen muskulösen Körper bei Sprüngen mit dreifacher Schraube bewundert hatte. Das bot natürlich kaum die Gelegenheit, sich mit sideralen Technologien vertraut zu machen, folglich versuchte Mark es allein, aber er biß sich daran die Zähne aus, denn schon die Einführung verlangte Beschlagenheit in der ganzen raffinierten Nachkommenschaft der Relativitätstheorie. Erster Pilot war Harrach, ein großer, schwerer, hitziger Mann. Er kannte sich auch in der Informatik aus und hatte gemeinsam mit dem Astromatiker Halban den Computer des HERMES in seiner Obhut.
       Oder dieser Computer — so hatte er sich selbst einmal geäußert — besaß in diesen beiden Männern seine Untergebenen.
       Es war ein Computer der sogenannten Finalgeneration, denn kein anderer kam ihm in der Rechenleistung gleich. Die Grenze setzten Eigenschaften der Materie. Eine größere Rechenkapazität entwickelten nur die sogenannten imaginären Computer.
       Sie waren von Theoretikern entworfen worden, die sich mit der reinen, von der realen Welt unabhängigen Mathematik befaßten. Das Dilemma der Konstrukteure entsprang notwendigen, zugleich

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