FIDER (German Edition)
kriechen soll.«
Kettler tritt einen Schritt an Vinnie heran. »Habe ich Ihnen befohlen, mit mir zu diskutieren, Herr Schütze? Nein? Dann fangen Sie am Besten überhaupt nicht erst damit an und steigen Sie einfach in dieses Rohr. Und kommen Sie mir bloß nicht auf die Idee, die Kamera in den Dreck zu schmeißen. Andernfalls werden Sie den Rest des Tages dieses Rohr von einer Seite zur anderen durchqueren. Und wieder zurück. Und immer so weiter. Und jetzt Bewegung.«
Es folgt eine lange und sehr dun kle Szene, in der lediglich Vinnies schwerer Atem, eine Rutschgeräusche sowie verschiedene leise Flüche zu hören sind.
Als Vinnie die andere Seite des Rohres erreicht, verfängt er sich zunächst beinahe im Stacheldraht.
»Ach herrjeh, da zerschlitzt es mir doch glatt das Lätzchen.« Er schwenkt die Kamera hin und her und entdeckt Petursson bei der Aufführung eines seltsamen Tanzes. Offenbar geht es dabei weniger um Taktgefühl oder komplizierte Schrittfolgen. Es geht dabei vielmehr darum, sich mit beiden Händen so schnell und so fest wie möglich in den Nacken zu schlagen und dabei umher zu hüpfen und die Beine im Wechsel auszuschütteln.
»Ja, mein Bester, du hast es geschafft«, flötet Vinnie. »Aber das ist doch kein Grund, ein Freudentänzchen aufzuführen, oder?«
»Scheiiiße«, kreischt Petursson mit einer Kopfstimme, die man bestenfalls von einem Sängerknaben erwartet hätte. »Spinnen. Da sind überall Spinnen. Verdammte scheiß Spinnen. Die sind überall. Ich glaube, die sind sogar in meinen Hosenbeinen.«
Kaminsky komm t aus dem Rohr gekrochen. »Ach Mist, Vinnie. Dieser verdammte Stacheldraht liegt ja immer noch hier.« Dann sieht er Petursson. »Huch. Was ist das denn?«
Vinnie wischt gerade einige Spinnweben sowie deren Erzeuger von seiner Uniform. Er dokumentiert dies, i ndem er kurz mit der Kamera nach unten schwenkt. »Unser Vorzeigesoldat fürchtet sich offenbar vor einigen achtbeinigen Ungeheuern.«
Kaminsky lacht los. »Ich werd‘ verrückt. Mann, alleine dieser Anblick war es wert, die Himbeeren zu fressen. Dafür würde ich glatt nochmal durch diese Röhre kriechen.«
»Man nennt das Arachnophobie«, sagt Petursson, der sich allmählich wieder beruhigt. Er klingt nicht im Geringsten amüsiert. »Das ist eine anerkannte Krankheit. Hat schon Leute gegeben, die sich wegen so etwas haben ausmustern lassen.«
Kaminsky biegt sich vor Lachen. Unterdessen treffen nach und nach die restlichen Soldaten ein. Selbstredend muss sich jeder sofort von Kaminsky den Petursson-Tanz vorführen lassen. Selbst Uffz. Kettler bleibt nicht verschont, nachdem er die Kamera wieder von Vinnie übernommen hat.
»Damit sollte man allerdings nicht spaßen«, sagt Kettler, wobei er sich nur mit Mühe ein Lachen verkneift. »Das ist eine anerkannte Krankheit. Deswegen haben sich schon Soldaten ausmustern lassen.«
Zu Kettlers Überraschung führt diese Bemerkung zu noch heftigeren Lachsalven, insbesondere bei Vinnie und Kaminsky. Die allgemeine Heiterkeit hält an, bis Petursson sagt: »Wo steckt eigentlich Kasparek?«
Er muss seine Frage zweimal wiederholen, bevor Kettler endlic h auf ihn aufmerksam wird. Kettler geht vor dem Rohr in die Hocke. Die Kamera zeigt nur die Schwärze im Inneren des Rohres.
»Kasparek? Sind Sie noch da drin?«
Keine Antwort.
»Kasparek! Wenn Sie da drin sind, dann geben Sie Antwort.«
Nichts.
Kettler hakt seine Taschenlampe vom Koppel los und leuchtet in das Rohr hinein. »Verdammt nochmal, der ist noch da drin«, sagt er dann zu sich selbst. Dann ruft er wieder in das Rohr hinein: »Kasparek, was ist los? Haben Sie Probleme? Stecken Sie fest?«
Datso, Petursso n und Betzendorff treten ebenfalls an das Rohr heran, nah genug, um Kaspareks dünne Antwort zu hören.
»Hier drin ist jemand.«
»Was?« Kettler wendet sich um und zählt seine Männer ab. Dann dreht er sich wieder dem Rohr zu. »Kasparek, außer Ihnen ist niemand mehr in diesem Rohr. Wir sind vollzählig hier. Und jetzt kommen Sie raus.«
»Nein«, tönt es aus dem Rohr. »Ich bin hier drin nicht allein. Hier ist noch jemand. Ich … ich kann nicht weiter.«
Kettler lässt die Kamera kurz sinken. »Scheiße nochmal, das darf doch nicht wahr sein. Also gut.« Er atmet kurz durch und ruft dann wieder in das Rohr. »Meinetwegen, Kasparek. Wenn Sie nicht weiterkriechen wollen, dann kriechen Sie eben zurück und kommen Sie dann über den Hügel zu uns.«
Keine Reaktion.
»Kasparek, kriechen Sie jetzt zurück,
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