Fieber - Horror
beobachten das Haus«, schlug Beth vor. »Wir können uns auf der anderen Straßenseite verstecken. Oder im Garten der Bretts. Wenn wir nichts Verdächtiges entdecken, geht einer von uns ins Haus und checkt dort alles.«
»Ich gehe rein«, erklärte Hunt.
Beth lächelte. »Ich hatte gehofft, dass du das sagst.«
Auf dem Heimweg waren die Straßen frei; nirgends schlich der Versicherungsvertreter in seinem Totengräberanzug durch die Stadt, und er fuhr auch nicht in einem Firmenwagen durch die Gegend. Als Beth und Hunt sich hinter den Ruinen des Brett-Hauses versteckten und ihr eigenes Haus beobachteten, sahen sie keinerlei Bewegung. Hunt ging zur Hintertür. Er rechnete mit allem - mit dem Versicherungsvertreter, einer zertrümmerten Küche, einem Gespenst im Gästezimmer -, doch im Haus war nichts, und nachdem er in alle Zimmer geschaut, sämtliche Schränke geöffnet und auch die Garage überprüft hatte, winkte er Beth herein.
Sie beeilten sich. Hunt zog sich ein Hemd an, dazu Tennisschuhe; dann griff er nach seiner Brieftasche und den Schlüsseln. Beth nahm ihre Handtasche und schlüpfte in Turnschuhe. Um die gestohlenen Gegenstände nicht geradewegs in die Höhle des Löwen zu tragen, verbarg Hunt den Aktenkoffer hinter dem überzähligen Kühlschrank, den sie in der Garage abgestellt hatten, während Beth die Kartenkopien im Haus versteckte. Die beiden am Kopierer verkleinerten Karten nahmen sie mit, ebenso die fotokopierte Adresse.
Es war kurz nach elf Uhr.
»Fertig?«, fragte Hunt.
»Fertig.«
Sie brachen auf.
3.
Joel saß im Wagen, als sein Handy klingelte. Er hatte gerade beim Circle K vollgetankt, weil er das unbestimmte Gefühl hatte, schon bald Benzin zu brauchen. Drei Stunden waren vergangen, und Hunt hatte ihn nicht zurückgerufen, obwohl er es versprochen hatte. Als Joel dann versucht hatte, ihn anzurufen, war niemand ans Telefon gegangen. Nach dem Massaker der letzten Nacht schossen Joel beängstigende Gedanken durch den Kopf; deshalb hatte er Stacy und Lilly angewiesen, das Haus nicht zu verlassen und nicht ans Telefon zu gehen. Dann war er losgefahren, um zu tanken und anschließend am Haus von Hunt und Beth nachzusehen, ob dort alles in Ordnung war.
Nun griff Joel gleich beim ersten Klingeln nach dem Handy. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, und er hatte Mühe, sich aufs Fahren zu konzentrieren. Diese Nummer hatte niemand außer Stacy und Lilly, und beide wussten, dass man sie nur im Notfall benutzen durfte.
»Ja?«
»Er ist hier!«, flüsterte Stacy atemlos.
Plötzlich fiel Joel das Atmen schwer.
»Wie?«, fragte er nur, auch wenn er wusste, dass Stacy ihm vielleicht nicht antworten konnte.
Stacy flüsterte immer noch: »Ich habe Lilly auf den Hof gelassen, damit sie Basketball spielen kann, und da tauchte dieser Kerl plötzlich auf ...«
»Ich hatte dir doch gesagt, niemand soll das Haus verlassen!«
»Ich hielt es im Hinterhof für ungefährlich.« Dass seine Frau immer noch flüsterte und seine scharfe Kritik sie nicht dazu brachte, die Stimme zu heben, ließ Joel erkennen, wie ernst die Lage war. »Ich habe sie die ganze Zeit beobachtet. Ich habe mich nur einmal umgedreht, um den Orangensaft aus dem Kühlschrank zu holen, und als ich dann wieder rausschaute, hat er mit ihr geredet ... der Versicherungsvertreter.«
Joel hatte das Gefühl, sich jeden Moment übergeben zu müssen.
»Ich bin rausgelaufen. Er wollte Lilly eine Personenschadenversicherung aufschwatzen. Wenn sie Basketball oder Fußball spiele, sagte er, könne sie sich verletzen. Deshalb brauche sie den Schutz einer Versicherung.«
»Dieser Dreckskerl!«
»Er hielt die Police schon in der Hand, als ich die beiden erreichte. Der Kerl hat mich angeschaut und gesagt, Lilly sollte die Versicherung unbedingt abschließen - zu ihrem eigenen Schutz! Natürlich müssten wir beide als Erziehungsberechtigte unterschreiben ...«
»Ich bin schon unterwegs!«, rief Joel.
»Wenn du nicht in drei Minuten hier bist, will er gehen ...«
Selbst bei freier Strecke, und wenn alle Ampeln auf Grün standen, würde Joel zehn Minuten brauchen, um nach Hause zu kommen. »Halte ihn irgendwie auf!«, drängte er. »Biete ihm einen Drink an, oder versuch mit ihm über Versicherungen zu reden! Stell ihm irgendwelche Fragen zu der Police!«
»Nein!«, schrie Stacy, und plötzlich klang ihre Stimme, als käme sie von weit weg.
»Stacy?«, rief Joel. »Stacy!«
Aus der Ferne hörte er ihre Stimme: »Bitte, gehen Sie nicht! Mein Mann ist
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