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Filzengraben

Filzengraben

Titel: Filzengraben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Reategui
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Heilwässer daraus hergestellt, mal besser, mal schlechter. Es kam auf die Zusammensetzung an. Und auf die Qualität der Zutaten. Feminis mischte die Ingredienzien mit schlafwandlerischer Sicherheit, und Dalmonte hatte ihn darum bewundert.
    Seit Feminis’ Tod im vergangenen November war Farina zum alleinigen Hersteller von Aqua mirabilis in Köln avanciert. Hatte Dalmonte zumindest bisher geglaubt. Was, wenn Johanna Catharina die Arbeit ihres Vaters hatte weiter fortführen wollen?
    Der alte Herr erschrak über die eigenwilligen Wege, die seine Gedanken gingen.
    Schon im Hausflur roch er den verlockenden Duft.
    Â»Ei, wie schmeckt der Coffee süße, lieblicher als tausend Küsse«, trällerte er, während er die Treppe zu Pfarrer Forsbachs Arbeitszimmer emporstieg. Ein Ohrwurm, den dieser Johann Sebastian Bach in die Welt gesetzt hatte! Seine Frau hatte einen Narren an der Kantate gefressen und sang sie stundenlang Noten hoch und Noten runter. Anna musste sie auf dem Spinett begleiten.
    Sie warteten schon auf ihn, und nachdem Dalmonte die Runde begrüßt und Platz genommen hatte, beeilte sich die Haushälterin, ihm einzuschenken. Zarte Dampfwölkchen stiegen aus der Tasse auf, mit geschlossenen Augen nahm Dalmonte den ersten Schluck. Was wären die Sitzungen der ehrwürdigen Nikolausbruderschaft ohne dieses bittere schwarze Getränk!
    Eines Tages war er mit einem Säckchen Kaffeebohnen erschienen, hatte der Küchenmamsell ein paar Anweisungen gegeben und seine Mitbrüder überzeugt, dass der Kaffee ihren Geist belebe und ihren Versammlungen nur dienlich sein könne. Der Einzige, der sich dem neumodischen Trinkvergnügen verweigerte, war der Pfarrer.
    Â»Ein Teufelssud«, zeterte der, »erfunden, um die Seelen der Menschen zu verderben.«
    Â»Nein«, widersprach Dalmonte und freute sich, Forsbach ein klein wenig in Harnisch bringen zu können. »Ein Geschenk des Himmels, und keine Kirche dieser Welt wird mich je davon abhalten können. Selbst wenn ich dafür in der Hölle schmoren muss.«
    Der Geistliche haderte mit Gott und dem Bösen, aber es half nichts. Mit Entsetzen musste er feststellen, dass sogar seine Haushälterin, eine ansonsten durch und durch vernünftige Frau im gesetzten Alter von fünfundsechzig Jahren, dem verführerischen Zeug zum Opfer gefallen war. Um es sich mit ihr nicht zu verderben – was einer Katastrophe gleich gekommen wäre, denn niemand kümmerte sich besser um sein leibliches Befinden als sie –, presste er die Lippen aufeinander und schimpfte fortan nur noch wortlos in sich hinein. Er gab es auf, die Herren der Nikolausbruderschaft zu bekehren, und sie dankten es ihm mit großzügigen Spenden für die armen Schäfchen des Kirchspiels.
    Dalmonte setzte seine Tasse ab, griff nach der Kanne, die Margaretha auf dem Tisch hatte stehen lassen, und schenkte sich nach.
    Â»Und?«, fragte Seibold gespannt.
    Dalmonte zuckte mit der Schulter.
    Â»Eine Totenmesse wie jede andere auch. Margarethe Rainers war gestern bei mir und bittet um Hilfe. Ihrem Mann geht es wieder schlechter, er wird wohl nicht mehr auf die Beine kommen.«
    Er hatte keine Lust, über die Begräbnisfeier zu sprechen. Paul Merckenich, der neben ihm saß, musterte ihn prüfend. Für gewöhnlich war der Spediteur nicht so kurz angebunden.
    Â»Der Vater der Toten war doch sein Freund«, zischte auch Bäckermeister Glaasen ein wenig beleidigt seinem Tischnachbarn zu. Er hätte zu gern erfahren, was sich in und vor der Kirche abgespielt hatte. Vor einer Stunde, der Gottesdienst war längst vorbei, war er an Sankt Laurenz vorbeigekommen und hatte sich gewundert, wie viele Trauernde noch immer vor der Kirche zusammenstanden. Etwas Außergewöhnliches musste vorgefallen sein, die Leute hatten erregt debattiert, aber er hatte nichts von dem italienischen Gemauschel verstanden.
    Â» Jeder, dä en Kölle wonnt, sollt deutsch schwaade «, empörte er sich. Sein Nachbar schaute ihn verwundert an und fragte sich, was der tote Feminis mit der deutschen Sprache zu tun hatte. Aber da Glaasens umständliche Erklärungen gefürchtet waren, fragte er lieber nicht nach, sondern stimmte dem anderen der Einfachheit halber zu.
    Merckenich griff zu dem Blatt Papier, das vor ihm auf dem Tisch lag, und begann vorzulesen.
    Â»Die Witwe Hochberg und der Schifferknecht Floss erhalten seit vier Wochen

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