Finnisches Blut
Schneeschauer das Wrack treffen. Gegen Fehler, die schon passiert waren, konnte man nichts mehr tun, und zumindest teilweise schien Vairiala die Situation ja unter Kontrolle zu haben. Der Brigadegeneral hatte ganz offensichtlich Angst und spielte ihm wohl kaum etwas vor, um eine mögliche Doppelrolle |175| zu verbergen. Außerdem hatte er selbst einfach keine Zeit mehr, Vairiala durch jemand anderen zu ersetzen. Die Zeit war aber jetzt das A und O. Niemand durfte ihm auf die Spur kommen, bevor sein Plan das zuließ. Es gefiel ihm nicht, daß er von einem seiner Untergebenen abhängig war.
Siren bat um Entschuldigung für seinen Zornesausbruch und fügte zu seiner Verteidigung hinzu, derzeit seien drei mit viel Streß verbundene Operationen im Gange. Er betonte, daß er Vairiala vertraue, und forderte ihn auf, sofort anzurufen, wenn Ratamo gefunden würde. Zum Schluß befahl er ihm, mit allen Mitteln sicherzustellen, daß die Kidnapper nicht in den Besitz der Formel des Gegenmittels gelangten und mit niemandem über die Virusangelegenheit sprechen konnten. Er warf Vairiala einen anerkennenden Blick zu, um den Mann auf den nächsten Punkt vorzubereiten.
Vairialas Anspannung ließ ein wenig nach, obwohl er nicht glaubte, daß die Ursache für Sirens Wutausbruch der Arbeitsstreß war. Er betrachtete seinen Vorgesetzten nun mit ganz anderen Augen. »Erinnerst du dich noch, Pekka, heute morgen haben wir darüber gesprochen, daß jemand in Finnland zum Verkauf des Viruspakets Erkundigungen eingezogen hat?«
»Ja, natürlich.«
Ketonen sei der Ansicht, log Siren, daß mit Sicherheit Ratamo, vielleicht auch Manneraho dahintersteckte. Der SUPO-Chef mache sich Sorgen, weil die Möglichkeit bestand, daß nun alle möglichen Gangsterstaaten und Terroristen nachforschten, ob die Viren und das Gegenmittel tatsächlich existierten und wo sie sich befanden. Die SUPO hätte sich deshalb einen Plan ausgedacht, durch den möglicherweise alle ihr Interesse an dem Fall verlören.
|176| Vairiala war sofort anzusehen, wie er sich ärgerte, sobald der Name des Chefs der Sicherheitspolizei erwähnt wurde.
Siren fuhr fort, Ketonen sei als Entdecker des Gegenmittels aufgetreten und habe an drei Interessenten für das Viruspaket Briefe geschrieben. In denen würde umständlich erklärt, warum das Geschäft noch nicht abgeschlossen werden konnte, und außerdem würde die Werbetrommel gerührt, es stünden noch viel mehr genauso brauchbare Dinge zum Verkauf. Wer den Brief las, käme laut Ketonen automatisch zu dem Schluß, daß der Verfasser einen Dachschaden hatte und die ganze Geschichte von Anfang an nur das Hirngespinst eines verwirrten Daniel Düsentrieb war. Ketonen hätte den Briefen noch unverständliche Formeln beigefügt, denen auch ein Kind ansah, daß sie unsinnig waren. Später könnte man mühelos noch mehr ähnliche Briefe verfassen, wenn sich irgendein neuer Käufer allzusehr für das Viruspaket interessierte. »Was meinst du? Schicken wir die Briefe ab?« Siren nahm bewußt das Risiko in Kauf, daß Vairiala dafür wäre, die Briefe an übereifrige Käufer abzusenden.
Vairiala mußte sich bemühen, keinen allzu begeisterten Eindruck zu machen. Die Möglichkeit, daß Ketonens Ruf Schaden nahm, würde sich verbessern, wenn die Briefe abgeschickt wurden. Vielleicht würde sie irgend jemand bis zur SUPO zurückverfolgen. Und möglicherweise verbrannte sich auch Siren beim Stochern im Ameisenhaufen die Finger.
»Die Yankees oder Briten könnten dahinterkommen, daß ein finnischer Wissenschaftler in der ganzen Welt Killerviren verkauft und unsere Nachrichtendienste von der Sache keinen blassen Schimmer haben. Das wollen wir natürlich nicht. Durch diese Briefe würden die Empfänger ja das Interesse an der ganzen Virusgeschichte verlieren«, sagte Vairiala.
|177| Das Stöckchen hatte der Hund zurückgebracht, dachte Siren, jetzt war es Zeit für die Belohnung. »Gut, daß wir der gleichen Auffassung sind. Ich wundere mich allerdings allmählich über Ketonen. Hat er überhaupt eine Ahnung, was unser Freund Ratamo im Moment treibt? Anscheinend hat Ketonen die Sache nicht mehr im Griff. Man wird sehen, ob sie den Mann auswechseln, wenn du diese Angelegenheit in jeder Hinsicht bis zu Ende gebracht hast und wir sowohl den Virus als auch die Formel des Gegenmittels haben«, erklärte Siren ganz gelassen.
»Na, man braucht Jussi ja nicht gleich auszuwechseln. Sein Verantwortungsbereich ließe sich jedoch ein wenig einschränken.
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