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Finnisches Blut

Finnisches Blut

Titel: Finnisches Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Hände gelangten? Er griff zum Telefonhörer.

|172| 30
    Die bedrückende Stille nahm ein Ende, als die patriotischen Melodien der Karelia-Suite von Sibelius aus dem CD-Player erklangen. Siren hatte nach den Ereignissen des Vormittags zuviel Zeit gehabt, über seine Taten nachzudenken. Die Bedrängnis war so stark geworden, daß sie ihn fast lähmte. Das erste Mal seit Jahren hatte er Beruhigungstabletten nehmen müssen und deshalb nicht gewagt, Kognak zu trinken, während er auf Vairiala wartete. Trotz des Diapam waren seine Nerven so angespannt, daß er das Gefühl hatte, so leicht entzündlich zu sein wie eine in Benzin getauchte Schnur neben einem Lagerfeuer.
    Siren, der seine Uniform trug, starrte im Stehen auf das Porträt von Marschall Mannerheim an seinem Ehrenplatz, als Vairiala das Zimmer eine Minute vor drei betrat. »Dann kommen wir mal sofort zur Sache«, sagte er.
    »Ich wollte dich über die Lage informieren, obwohl wir vereinbart hatten, daß ich mich erst melde, wenn alles klar ist«, sagte Vairiala höflich als Einleitung. Er hatte sich auf das Ledersofa gesetzt und drehte seinen schäbigen Schlips zwischen den Fingern.
    »Die Benutzung des eigenen Gehirns gehört zu den wichtigsten Fähigkeiten eines Offiziers«, stellte der Chef des Operativen Stabes fest.
    »Soll ich alle Details nennen oder nur die Ergebnisse?«
    |173| Siren bat ihn, nur über die wichtigsten Dinge zu berichten, wenn er zu einem Thema zusätzliche Informationen brauchte, würde er nachfragen.
    Vairiala begann damit, daß der Besuch in der EELA ohne Probleme verlaufen war. Was Manneraho berichtet hatte, stimmte in jeder Hinsicht. Material zu den Tests in der Nacht vom Dienstag zum Mittwoch wurde nicht gefunden. Das Gefriergerät hatte man am Vormittag in die Waffenkammer der Schlapphutabteilung gebracht. Es enthielt zwei Kühlboxen, in denen sich jeweils zwanzig Röhrchen mit Ebola-Helsinki-Blut befanden.
    Vairiala blickte kurz zu Siren hin, der nickte und darauf wartete, mehr zu hören. Das erhobene kantige Gesicht des Generalmajors wirkte ernst und gab deutlich zu verstehen, daß er Vairialas Leistung mit dem Recht des Vorgesetzten bewertete. Vairiala schluckte und bemerkte, daß er mit der Hand das Sofakissen preßte.
    »In bezug auf Ratamo ist etwas Pech im Spiel …«, sagte Vairiala, und sofort richtete sich Siren auf und warf ihm einen vernichtenden Blick zu. »Wir haben den Mann überwacht, aber dann wurde er in ein anderes Auto gezerrt und entführt. Meine Mitarbeiter konnten das nicht verhindern.« Siren starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen und wutverzerrtem Gesicht an. Er sprang auf, stellte sich vor Vairiala hin und brüllte: »In ein anderes Auto geschleppt! Wieso in ein anderes Auto? Wie ist das möglich! Ständig passiert hier etwas, wer zum Teufel macht solchen Blödsinn?«
    Die Reaktion lähmte Vairiala. Was war mit Siren los? Worum ging es bei diesem Fall wirklich? Irgend etwas stimmte hier nicht. Er riß sich zusammen und berichtete mit zitternder Stimme von den Ereignissen des Tages. Am Ende erzählte er |174| von seinem Gespräch mit dem Polizeichef und sagte, er sei sicher, daß die Entführer und Ratamo bald gefunden würden. Er redete immer schneller, damit Siren ihn nicht unterbrechen konnte. »Ich habe zwei Teams in Bereitschaft, die Ratamo sofort holen, wenn er gefunden wird. Es ist nur eine Frage der Zeit.« Die letzten Sätze spuckte er aus wie ein Sportreporter.
    Siren bereute seinen Wutausbruch. Er fürchtete schon, daß seine Psyche das brennende Schuldgefühl nicht ertragen könnte.
    »Ratamo wird doch nicht irgendwie Kontakt zu den Medien bekommen?« fragte er.
    Vairiala antwortete, er habe sofort nach der Entführung Ratamos den Befehl gegeben, in aller Stille das Computerprogramm für Krisenzeiten in Betrieb zu nehmen. Mit dessen Hilfe wurden die Telefonleitungen der finnischen Medien überwacht. Das Überwachungssystem erinnerte an das Echelon, das weltweite Kontrollsystem der NSA, der Nationalen Sicherheitsbehörde der USA, war aber in seinen Möglichkeiten wesentlich bescheidener. Er hatte seinen Männern erzählt, daß es sich um eine Übung handelte. Alle Gespräche, in denen die Worte Ratamo, Bio, Ebola, Virus, Medikament, Gegenmittel, Anti oder Waffe erwähnt wurden, würden automatisch aufgezeichnet.
    Siren stand einen Augenblick schweigend da und schaute auf die Fabianinkatu. Die Feuerwehr sprühte Schaum auf ein qualmendes Auto. Es sah so aus, als würde ein präzisionsgesteuerter

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