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Finnisches Roulette

Finnisches Roulette

Titel: Finnisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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rote Ohren.
    »Erik macht jetzt Ferien, und für die Zeit danach hat er sich beurlauben lassen. Die Nachricht über die Ernennung hat er, offen gesagt, nicht sehr sachlich aufgenommen. Du wirst es bemerken, wenn du in sein Zimmer gehst, nicht alle Kaffeeflecken an der Wand ließen sich abwischen.«
    Nun war Ratamo noch verdutzter – schon zwei gute Nachrichten auf einmal. Was war jetzt los? Die SUPO ohne Wrede – dann schmeckte die Arbeit ja nach Hobby. Mit Ulla Palotie oder Palosuo würde er bestimmt auskommen, obgleich ihr Blick an eine Gefriertruhe denken ließ.
    »Du kannst übrigens deinen Bericht tippen und dann sofort in Urlaub gehen«, versprach Ketonen und deutete mit seinem Gesichtsausdruck an, daß ihr Treffen beendet war.
    Jetzt kam Leben in Ratamo. Mit großen Schritten rannte er die Treppen hinunter auf die Ratakatu und schlug denWeg nach Hause ein. Er würde Nelli bei Marketta abholen, den Bericht fertig schreiben und allen verkünden, daß er jetzt Urlauber war. Sicher freute sich auch Nelli, wenn der Ferienbeginn vorverlegt wurde.
    Auf der Laivurinkatu mußte er stoppen, weil ein Lastkraftwagen im Rückwärtsgang mit heulendem Alarmsignal auf den Fußweg fuhr. Umgehen konnte man den LKW nicht, weil auf der Straße lebhafter Verkehr herrschte. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als zu warten. Die Schweißtropfen, die ihm den Rücken hinunterliefen, versprachen ein glänzendes Urlaubswetter. Er betrachtete die mehrstöckigen Häuser und sah, daß in einer Wohnung altes Inventar aufgestapelt lag. Ein Haufen alter Möbel, das war alles, was von einem Menschen übrigblieb.
    Nur jetzt nicht niedergeschlagen sein, sagte sich Ratamo eindringlich. Morgen würde er in Urlaub gehen und die Berninger-Ermittlungen aus seinem Kopf streichen. Auch über diesen Fall würde er noch einmal nachdenken, wenn es an der Zeit war. Mit Abstand. Allerdings war ihm klar, daß die Entwicklung nie rückwärts verlief, auch bei den Biowaffen nicht. Als der Lastkraftwagen endlich durch das Torgewölbe in den Innenhof fuhr, konnte Ratamo weitergehen.

EPILOG
    Ratamo und Nelli saßen in der Küche am Bauerntisch und frühstückten. Nelli wollte die Aufmerksamkeit ihres Vaters erregen, aß deshalb ihre Cornflakes mit offenem Mund und schmatzte. Ratamo versuchte die Stehlampe aus Großmutters Zeiten einzuschalten, aber anscheinend brannte die nur, wenn sie Lust hatte. Ihm ging durch den Kopf, daß er es leichter hätte, wenn er statt der gebrauchten neue Sachen kaufen würde. Nelli lag offenbar etwas auf der Seele, denn ihm fiel auf, daß sie überhaupt nicht quengelte und maulte, obwohl sie doch fast die ganze letzte Woche unter der Obhut von Marketta verbracht hatte.
    Ratamo kaute sein zähes dunkles Brot und schaute widerwillig den Poststapel der letzten Woche durch: ein Drittel Rechnungen, ein zweites die Tageszeitung und der Rest Werbung. Ratamos Kiefer hielten inne, als er einen Brief entdeckte. Wer schickte heutzutage noch Briefe? Die frauliche Handschrift und die holländische Briefmarke verrieten den Absender: Riitta.
    Der Brief war kurz. Riitta fragte verwundert an, warum Ratamo in der Woche vor Mittsommer nicht mit anderen finnischen Polizisten zusammen bei der Besichtigung von Europol dabeigewesen war. Riitta versicherte ihm ein wenig zu überschwenglich, sie hätte mit Maria Kallio und Seppo Hämäläinen im Pub »De Pijpenla« mächtig die Sau rausgelassen. Ratamo ärgerte sich, von einer Fahrt nach Den Haag erfuhr er jetzt das erstemal. Dann beruhigte er sich aber wieder,auch wenn er es gewußt hätte, wäre er wohl kaum zu Riitta noch Holland gereist.
    »So, jetzt wird gepackt«, sagte Ratamo und zerzauste Nelli die Haare.
    Der Vater half seiner Tochter, alles zusammenzutragen, was sie in den Ferien brauchte. Dann packte er seine eigenen Sachen, das Essen und alles, was ihm sonst noch einfiel, in die Taschen. Mitzunehmen gab es genug, sie würden schließlich die nächsten vier Wochen in den Schären verbringen. Ratamo könnte sich endlich erholen, zur Ruhe kommen, nachdenken und sein Leben in Ordnung bringen, erst mal im Kopf.
    Auf der Suche nach Dingen, die er noch mitnehmen müßte, landete Ratamo im Wohnzimmer und beschloß, ein wenig Musik zu hören. Um ein Haar hätte er eine CD mit italienischen Schlagern, die Riitta vergessen hatte, in die Anlage geschoben. Im letzten Moment besann er sich jedoch und schaltete das Radio ein, um zu erfahren, wie das Wetter am ersten Urlaubstag werden würde. Plötzlich

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