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Finnisches Roulette

Finnisches Roulette

Titel: Finnisches Roulette Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Taavi Soininvaara
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Personenprofil Rossis aus dem Stapel heraussuchte. Der Mann war im Oktober 1970 in Kerava geboren worden, hatte das Gymnasium in Malmi besucht, in Tuusula, im Helsinkier Luftabwehrregiment, gedient und ein Jahr an der Kaufmännischen Handelsschule gelernt. Rossis Mutter starb 1988 an Krebs und der Vater vor einem Jahr an einem Infarkt. Seine Ehefrau Laura arbeitete in Lauttasaari als Unterstufenlehrerin. Der Mann war nicht vorbestraft, und in seiner Vergangenheit fanden sich auch sonst keine dunklen Flecken. Es gab jedoch einpaar interessante Punkte: Sami Rossi war jahrelang in den Wintersportzentren der Alpen als Skilehrer herumgezogen und hatte in jungen Jahren in Tapanila im Club Erä geboxt. Außerdem befand sich in seiner Wohnung eine außergewöhnlich umfangreiche Sammlung von Gewalt- und Kriegsvideos. Rossi bewunderte also die Gewalt und verstand es auch, sie anzuwenden, überlegte Wrede. Der Mann wäre fähig, Berninger zusammenzuschlagen und umzubringen.
    Der Mord an dem Diplomaten ließ die Phantasie blühen. Wer weiß, was alles dahintersteckte: Industriespionage, Erpressung, ein politischer Skandal … Der schnelle und erfolgreiche Abschluß eines großen Falles würde den Wert seiner Aktien bei der Präsidentin weiter steigen lassen, kalkulierte Wrede. Wem sollte er den Fall übertragen? Selbst würde er die Ermittlungen nicht führen, da sich doch noch herausstellen könnte, daß es bei dem Verbrechen um einen reinen Raubmord ging. Der Fall oblag der Sicherheitsabteilung der SUPO, sie war für die Abwehr aller Handlungen zuständig, die eine Gefährdung der internationalen Beziehungen Finnlands darstellten. Doch der Chef der Sicherheitsabteilung, Risto Tissari, machte in seiner Sommerhütte in Puumala Urlaub, und auch die erfahrensten Ermittler der Abteilung hatten am Mittsommerwochenende frei.
    Dienst hatte an diesem Wochenende Saara Lukkari, aber sie brauchte jemanden an ihrer Seite, der den Ton angab. Die junge Ermittlerin war der erste Neuzugang, den Wrede einstellen durfte, ohne Ketonens Segen einholen zu müssen. Die Frau konnte sich Autoritäten in angemessener Weise unterordnen, ganz anders als Arto Ratamo.
    Das brachte Wrede auf eine glänzende Idee. Er würde den Fall Ratamo übergeben. Vielleicht brannte dem endgültig die Sicherung durch, wenn sich die Ermittlungenhinzogen und sein Sommerurlaub verschoben wurde. Ratamos Nerven mußten eigentlich jetzt schon aufs äußerste gespannt sein. Der Mann hatte den ganzen letzten Winter neben seiner Arbeit für die Prüfung zum gehobenen Polizeidienst geackert. Und dann war kürzlich auch noch seine Lebensgefährtin Riitta Kuurma nach Holland verschwunden, weil sie bei Europol angeheuert hatte. Sie war der erste von Ketonens Schützlingen, den Wrede erfolgreich aus der SUPO weggeekelt hatte. Arto Ratamo würde der zweite sein. Früher oder später.
    Auf einmal hörte Wrede das Wort »Kriegsgefahr« und heftete seinen Blick auf den Bildschirm. »Die Situation im Nahen Osten hat sich weiter verschärft, nachdem Israel und seine arabischen Nachbarn … Die Gefahr eines ausgedehnten Krieges …« Mit todernster Stimme berichtete der CNN-Reporter über die ewige Krise.
    6
    Die Mücke hatte sich mit Blut vollgepumpt und zog gerade ihren Rüssel aus der Haut, als Arto Ratamo sich an die Stirn klatschte und so das irdische Dasein des Insekts beendete. Durch ein Loch in der Gardine des einzigen Fensters der kleinen Blockhütte drang ein Lichtstrahl herein und traf ein Auge Ratamos, der leise knurrte. Vermutlich war es schon spät am Tag. Das Bett unter ihm schien zu schwanken, und ihm fiel ihr Abenteuer auf dem Meer ein. Hoffentlich waren ihnen in Naantali keine Bekannten über den Weg gelaufen, er konnte sich nicht einmal schemenhaft daran erinnern, was sie in den frühen Morgenstunden getrieben hatten.
    Sein Mund war trocken wie eine politische Debatte im Fernsehen, und sein Kopf fühlte sich an wie ein zu strammaufgepumpter Fußball. Zum Glück hatte man ja für den Fall Vorkehrungen getroffen. Ratamo richtete sich auf, holte aus der Hosentasche seiner Jeans Schmerztabletten und angelte sich aus dem Flaschenmeer auf dem Tisch eine Jaffa. Dann steckte er sich drei Disperin in den Mund, fluchte, als er den Wodka in der Limonade schmeckte, spuckte das eklige Zeug in die Flasche zurück und griff nach der Wasserkanne.
    Ratamo ließ sich wieder aufs Bett fallen, am liebsten hätte er laut gejammert. Die Kopfschmerzen würde er aushalten, aber der moralische

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