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Finstere Gründe

Finstere Gründe

Titel: Finstere Gründe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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höchstwahrscheinlich blieb der Hut auf seinem Kopf. Als man Daley dann fortbewegte und schließlich auf den Boden warf, fiel der Hut runter und wurde neben ihn gelegt.»
    «Was für ein Wirbel!»
    Morse nickte. «Aber sie mußten es tun. Sie mußten ein Alibi haben.»
    «Sie meinen, für David Michaels?»
    «Ja. Michaels hat Daley erschossen, in dieser Hinsicht habe ich keine Zweifel. Da war die Absprache, von der Hardinge uns berichtete, die Absprache, die die vier trafen — übrigens eine Aussage, die ebensoviel Wahrheit wie Lügen enthält, Lewis. Dann geschieht etwas und versaut alles. Daley erhielt einen Brief, in dem er darauf aufmerksam gemacht wird, daß er finanziell für seinen Sohn haftet, und Daley wußte, daß er derjenige war, der, nun, der alle anderen in seiner Gewalt hatte. Aber besonders David Michaels! Ich nehme an, daß Daley ihn anrief und sagte, daß er es sich nicht leisten könne, sich an die Absprache zu halten, sagte, daß es ihm leid tue — aber er brauche mehr Geld. Und wenn er nicht bald mehr Geld bekomme...»
    «Erpressung!»
    «Genau. Und vielleicht mehr davon, als wir annehmen.»
    «Aber Michaels hatte er besonders fest im Griff, wenn man sich das überlegt: Er wußte, daß Michaels mit einer... Mörderin verheiratet war.»
    «Ja, genau! Michaels stimmt also zu — gibt vor zuzustimmen —, und sie verabreden sich für Montag in Wytham, ziemlich früh, sagen wir Viertel vor zehn. Zu der Zeit hält sich dort kaum jemand auf. Vogelbeobachter dürfen vor zehn den Wald nicht betreten; erinnern Sie sich an das Schild?»
    «Die RSPB-Leute waren da.»
    «Das stellte sich im nachhinein als Segen heraus.»
    «Etwas langsamer, bitte!»
    «Gut. Gehen wir eine Minute zurück. Das Rendezvous ist abgemacht. Daley fährt hinauf nach Wytham. Michaels hat gesagt, er werde das Geld kurz nach Öffnung der Bank bereithalten. Er ist gerüstet. Er wartet darauf, daß Daley zu seinem Büro herauffährt. Er wartet darauf, Daley gut zu Gesicht zu bekommen, wenn dieser den Blenheim-Lieferwagen verläßt. Ich weiß natürlich nicht genau , wo er wartete; ich weiß aber, daß jemand mit Michaels’ Erfahrung, jemand mit einem Zielfernrohr, dieses hier» — Morse nahm sein leeres Glas auf — «mühelos aus hundert Meter Entfernung treffen könnte, von fünfzig Meter ganz zu schweigen.»
    Eine weitere Rekonstruktion vom Mord an Daley wurde jedoch vorübergehend unterbrochen, weil Johnson in die Bar kam und sich zu ihnen setzte.
    «Was trinken Sie?» fragte Morse. «Lewis zahlt die Runde.»
    «Nichts für mich. Danke, äh, Lewis. Hören Sie! Da ist ein Anruf für Sie wegen des Lieferwagens. Ich habe ihnen gesagt, ich sei nicht ganz sicher, wo Sie seien...»
    «Was haben sie gesagt?»
    «Sie haben massenhaft Fingerabdrücke gefunden — hauptsächlich natürlich die von Daley. Aber wie Sie sagten — sie haben andere Abdrücke gefunden — auf der Ladeklappe, auf dem Lenkrad.»
    «Und hatte ich recht mit meiner Vermutung?»
    Johnson nickte. «Ja. Sie sind von Karin Eriksson.»

    Am gleichen Tag zur Lunchzeit kam Alasdair McBryde aus der U-Bahn-Station Manor House und ging rasch die Seven Sisters Road hinunter, um sich auf einen der Park- und Garagenplätze zu begeben, die zu den Hochhauswohnungen zu beiden Seiten der Bethune Road gehören. Er hatte das nicht gekennzeichnete Auto sofort entdeckt: die beiden Männer auf dem Vordersitz, von denen einer die Sun las. Er war es gewohnt, Gefahr auf eine Meile oder mehr auszumachen, und das tat er auch jetzt. Nummer 14 war die Garage, an der er interessiert war, aber er pfiff leise das Präludium zum dritten Akt von Lohengrin vor sich hin, marschierte kühn in die erste offene Garage, nahm eine halbleere Dose Mobiloil an sich und richtete seine Schritte unbekümmert wieder zurück zur Hauptstraße, wo er sich, noch immer die schmutzige Dose in der Hand, ruhig und zuversichtlich in Richtung Stamford Hill bewegte.
    «Falscher Alarm!» sagte der Polizist mit der Sun und nahm die Lektüre über verschiedene Liaisons unter den oberen Zehntausend wieder auf.

    Um 15.25 Uhr machte Constable Roy Wilks keine vier oder fünf Meter von der Stelle entfernt, wo Chief Inspector Johnson vor nicht allzu langer Zeit zwischen den Brennesseln, dem Kerbel und anderen nicht so leicht erkennbaren Pflanzen und Unkräutern gestanden hatte, seine Entdeckung: eine .243-Kugel — die Kugel (doch sicherlich!), nach der der Suchtrupp das Gelände durchkämmt hatte. Nie in seinem bisherigen Leben

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