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Stille Wasser sind toedlich

Stille Wasser sind toedlich

Titel: Stille Wasser sind toedlich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlie Higson
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Blut im Wasser
    D er Junge kroch an den Zaun heran und sah sich um. Sein Blick fiel auf das vertraute Schild
     
    Betreten verboten
    Privatgrund
    Eindringlinge werden erschossen!
     
    Wie um klarzustellen, dass die Warnung ernst gemeint war, hingen daneben die Kadaver einiger toter Tiere. Aufgehängt an einem Draht, sahen sie aus wie strangulierte Verbrecher.
    Der Junge kannte sie gut; sie waren für ihn beinahe wie alte Freunde: Kaninchen mit leeren Augenhöhlen, zerfledderte schwarze Krähen, zwei Füchse, einige Ratten, sogar eine Wildkatze und ein Marder. Aber gestern waren zwei neue Kadaver hinzugekommen: ein Eichhörnchen und ein Fuchs.
    Was bedeutete, dass jemand zurückgekehrt war.
    In seiner dicken braunen Wildererjacke und der festen grünen Baumwollhose war der Junge gut getarnt; trotzdem musste er auf der Hut sein. Das Warnschild und der fünfzehn Fuß hohe rostige Stacheldrahtzaun allein reichten schon aus, um die meisten Leute abzuschrecken, aber da waren auch noch die Männer. Die Gutsarbeiter. Einige Male schon hatte er sie gesehen; mit Gewehren unter dem Arm patrouillierten sie zu zweit den Zaun entlang. Es war zwar schon einige Tage her, dass an dieser abgelegenen Stelle jemand vorbeigekommen war, aber trotzdem würden sie nicht allzu weit entfernt sein.
    Im Moment jedoch war der Junge, abgesehen von den erbärmlichen Tierkadavern, mutterseelenallein.
    Die Nachmittagssonne ging langsam in die Abenddämmerung über und verwischte alle Konturen. Auf dieser Seite des Zauns, zwischen dichtem Ginster, Wacholder und niedrigen Weißdornbüschen, war er gut verborgen, aber bald … bald würde er unter dem Zaun hindurchkriechen. Auf der anderen Seite gab es keine Deckung mehr. Dort waren nur Gestrüpp und eine steinige Böschung, die hinab zu dem torfigen braunen Wasser des Sees führte.
    Bald würde er dort zum ersten Mal angeln.
    Der Weg hierher hatte ihn fast eine Stunde gekostet. Er war um vier Uhr aus der Schule gekommen und hatte seit Mittag nichts mehr gegessen. Wenn er auf der anderen Seite des Zauns war, würde er erst recht keine Zeit mehr zum Essen haben, das wusste er. Daher setzte er seinen Rucksack ab und holte jetzt seine Schinkensandwiches und einen knackigen Apfel hervor.
    Hastig aß er alles auf und ließ dabei seinen Blick über den Berg schweifen, der über dem See thronte. Kalt, öde und gefühllos sah er aus. Seit Millionen von Jahren ragte er an dieser Stelle in den Himmel und würde es auch noch weitere Millionen von Jahren tun. Der Junge kam sich klein und verloren vor, und als der Wind mit leisem Stöhnen an dem Drahtzaun rüttelte, überlief ihn unwillkürlich ein Schauder.
    Bevor der neue Schlossbesitzer gekommen war, hatte es hier keinen Zaun gegeben. Das Land war für jedermann zugänglich gewesen. Der See war ein guter Angelplatz und der alte Gutsherr hatte sich nicht um die paar Unermüdlichen gekümmert, die den mühevollen Weg vom Dorf bis hierher nicht scheuten. Was machte es schon aus, wenn ein paar seiner Forellen fehlten? Es gab mehr als genug davon.
    Das hatte sich geändert, als vor fünf Jahren der neue Eigentümer das Schloss übernommen hatte. Und jetzt war alles anders. Das Land war eingezäunt. Die Einheimischen wurden vom See fern gehalten.
    Aber nicht an diesem Abend.
    Der Junge wischte die Krümel weg und warf das Kerngehäuse des Apfels ins Gebüsch, dann kroch er ganz nah an den Zaun heran und hob Teile der Grasmatte weg, die er über das Loch gelegt hatte. Gehalten wurden sie von einem Gitter aus Zweigen, das er rasch beiseite räumte. Der Boden war hart und steinig; es hatte ihn mehrere Tage gekostet, mit dem Gartengerät seiner Mutter einen schmalen Tunnel unter dem Zaun hindurchzugraben. Am Abend zuvor war er endlich fertig geworden, doch da war es bereits so spät gewesen, dass er widerstrebend nach Hause gegangen war.
    Heute war es ihm vor lauter Aufregung schwer gefallen, in der Schule aufzupassen. Er hatte es kaum erwarten können, hierher zu kommen und dem neuen Gutsherren direkt unter der Nase ein paar Fische wegzuschnappen.
    Lächelnd machte er sich daran, durch das Loch zu kriechen. Auf der anderen Seite angekommen, schob er das Stück Sack beiseite, das den Ausgang bedeckte. Seine Angeltasche und den Rucksack zog er einfach hinter sich her, aber die große Angel seines Vaters würde er auf diese Weise ganz sicher nicht herüberbringen können. Daher kroch er zurück, packte sie aus, zerlegte sie in drei Teile und schob sie durch den

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