Finstere Versuchung
funkelten. »Das genügt mir.«
»Na schön.« Claudine hob die Hand. »Dann werdet Ihr meinen Zorn zu spüren bekommen.«
» Sacrebleu.« Levets Flügel zuckten verärgert. »Was für ein Langmaul du doch bist.«
Der Blick aus den kleinen grauen Augen richtete sich auf ihn. »Langmaul?«, krächzte die Frau.
Valla räusperte sich. Sie stand immer noch hinter Elijah. Das war eine kluge Entscheidung. Wenn ihr auch nur ein einziges ihrer wundervollen goldenen Haare gekrümmt werden würde, würde der Vampir explodieren.
»Ich glaube, er meint ›Großmaul‹«, erklärte sie.
»Wie kannst du es wagen?«, kreischte Claudine. »Ich werde dich in einen …«
»Oh, halt den Mund.« Levet hob die Hände, um einen Magieblitz direkt auf den schwesterlichen Nagel zu seinem Sarg zu richten, erstaunt, dass er nicht gleich im Ansatz erstarb.
Immerhin war er erschöpft bis auf die Knochen.
Ein knisterndes Geräusch war zu hören, bevor Claudine einen Schmerzensschrei von sich gab, nach hinten geschleudert wurde und zwei Bänke und einen Laternenpfahl erledigte, bevor sie gegen das Gebäude hinter sich prallte.
»Guter Schuss«, murmelte Elijah und glitt vorwärts, um Ians massive Faust zu blockieren, die auf Levets Kopf zielte.
»Merci« , bedankte sich Levet und erschauderte, als Elijah so hart zudrückte, dass die Knochen in Ians Hand brachen.
»Non … bitte«, keuchte Ian, und seine winzigen Augen traten vor Schmerz hervor, als sich seine graue, geschuppte Haut mit einer Eisschicht überzog und blau verfärbte.
»Seid Ihr fertig mit Eurem Spiel?«, fragte Elijah leise.
»Oui.«
Elijah ließ die Hand des Gargylen fallen. »Dann kümmert Euch um Eure Begleiterin, und verschwindet von hier.«
Ian bewegte sich langsam rückwärts, ohne den Blick von dem tödlichen Clanchef abzuwenden. Dann packte er Claudine am Arm und zog sie auf die Beine.
Der weibliche Gargyle schüttelte benommen den Kopf und presste eine Hand auf seinen verletzten Brustkorb, während er Levet zornig anfunkelte.
»Es ist noch nicht vorbei, Bruder«, zischte Claudine.
Elijah machte einen Schritt auf sie zu, und seine Macht peitschte mit so viel Wucht durch die Luft, dass die beiden riesenhaften Gargylen vor Schmerz erzitterten.
»Es ist nicht nur vorbei, sondern ich warne Euch außerdem. Wenn Ihr es wagen solltet, Levet Schaden zuzufügen, während er sich in meinem Territorium aufhält, werde ich dafür sorgen, dass die gesamte Gilde bestraft wird«, sagte er. Der Klang seiner Stimme ließ eine Tauelfe, die sich in der Nähe verbarg, vor Angst fliehen. »Habe ich mich klar genug ausgedrückt?«
»Aber …«
»Oui« , unterbrach Ian Claudines Wimmern und zog sie in die Mitte des Gartens. »Ihr habt Euch sehr klar ausgedrückt.«
»Bien. Und nun verschwindet«, befahl Elijah.
Die beiden Gargylen begannen mit ihren lederartigen Flügeln zu schlagen und erhoben sich in die Luft, um zwischen den Ziegeldächern zu verschwinden.
Levet lächelte. Es war Jahre her, seit er gezwungen gewesen war, diese Stadt zu verlassen, die er so innig liebte.
Nun wurde ihm klar, dass er sich von seiner Angst hatte fernhalten lassen. Es war, anders als er es sich immer eingeredet hatte, nicht die Angst vor seiner Familie gewesen, sondern die Angst vor seinen eigenen Unzulänglichkeiten.
Er würde nicht zulassen, dass sie ihn noch einmal von Paris fernhielten.
Als Levet bemerkte, dass Elijah Valla wieder in den Armen hielt und sie mit offenkundiger Lust anblickte, verkniff er sich ein Lächeln.
»Ich glaube, es ist an der Zeit für mich, ebenfalls zu verschwinden«, murmelte er.
Die beiden lösten sich voneinander, sodass Elijah den Kopf majestätisch neigen konnte.
»Ich stehe in deiner Schuld, Gargyle.«
Levet hob die Hände. »Das gehört alles zum Tagewerk eines Ritters in glänzender Rüstung.«
Valla ging auf ihn zu. Die alten Verletzungen, die früher in ihren blauen Augen zu erkennen gewesen waren, waren einem hoffnungsvollen Glänzen gewichen.
»Ich hoffe, du findest das, wonach du suchst«, sagte sie mit sanfter Stimme.
»Manchmal muss ein Mann einfach die Jagd genießen«, murmelte Levet und verbeugte sich tief. »Au revoir.«
Mit einem Lächeln breitete er die Flügel aus und flog auf die Sterne zu.
L ESEPROBE
Der neue Roman von Alexandra Ivy –
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