Firkin 01 - Der Appendix des Zauberers
ich mir doch fast gedacht, daß du das sagst.«
Ch’tin nickte beinahe genauso wild wie Hogshead.
Firkin setzte sich und sah den Bücherwurm an. Sehr nachdenklich sah er ihn an. Der Wurm sah Firkin an. Sehr selbstgefällig sah er ihn an.
»Tschulljense, meine Herrn«, sagte der Pastetenbäcker. »Aber wenn Se im Augenblick nix mehr brauchen, dann jeh isch jetzt mal auf den Rummelplatz. Die Herren wissen dann ja, wo Sie misch finden können. Also dann: Bis die Tage!«
»Nein, nein! Sie müssen bei uns bleiben«, bettelte Hogshead. »Bitte!«
»Aber hört doch ma Jungs! Isch muß doch schließlisch verkaufen! Isch kann doch meine Pasteten nit alle allein essen! Dat müßt ihr doch einseh’n, oder?«
Firkin stand auf, ließ Ch’tin vorsichtig in seine Tasche gleiten und schlenderte auf den Pastetenbäcker zu. Er legte ihm den Arm um die fettige Schulter und erklärte, ihm, daß sie auf dem Weg nach Schloß Isolon seien, und fragte ihn, ob er sich denn nicht vielleicht vorstellen könne, königlicher Hoflieferant (Spezialität Königspasteten) zu werden. Er solle doch nur einmal daran denken, wieviel Kundschaft im Schloß auf ihn warte! Es gebe dort zum Beispiel … nun ja, Ritter zum Beispiel, dann die ganzen Schreiber und Sekretäre, dann … ach ja: Jungfern und Maiden! Jungfern und Maiden in rauhen Mengen! Müßte doch einen gutaussehenden Mann wie ihn ganz besonders reizen! Bei diesem Haufen Jungfern und Maiden könne er wahrscheinlich gar nicht so viel backen, wie sich verkaufen lasse! Und habe dazu noch ein bißchen … »Wir verstehen uns doch?« fragte Firkin. Und dann schwiegen sie, und jeder hing seinen eigenen Gedanken nach.
Der Pastetenbäcker träumte von neuen Rezepten, von Rezepten à la Roi… wenn er nicht gerade von Jungfern und Maiden träumte.
Hogshead träumte von duftenden heißen Pasteten.
Firkin dachte an all die Helden in all den Büchern, die er jemals gelesen hatte. Und dachte dabei – dort, auf jener Lichtung im großen Wald – zum ersten Mal in seinem Leben tatsächlich ganz ernsthaft über Zauberei und Magie nach…
Courgette saß auf dem riesigen Eichentisch in der Schloßküche und baumelte versonnen mit den Beinen. Vorwärts, rückwärts, vorwärts… Dann hielt sie still, nahm einen Löffel, drückte ihn sich gegen die Beine und sah zu, wie die kleinen roten Ovale langsam wieder verblaßten. Val Jambon war damit beschäftigt, letzte Hand an den Jagdimbiß für den König zu legen. Während der letzten Viertelstunde hatte er emsig alle möglichen verschiedenen Lebensmittel kleingehackt, geschnitzelt und in Würfel geschnitten. Diverse Töpfe simmerten sanft auf dem riesigen schwarzen Herd vor sich hin. Val Jabon hatte zu tun. Courgette langweilte sich.
Langweilte sich unsterblich, unsterblich, unsterblich. Ich will jemanden, mit dem ich spielen kann, dachte sie. Und wenn’s nur ein Schoßtier ist. Und laut sagte sie: »Ich geh mal Wasser holen.« Sie sprang vom Tisch, nahm den Eimer und hopste aus der Küche.
»Prima Idee«, stimmte Val Jambon zu und sah sich kaum dabei um.
Die Tür, durch die Courgette die Küche verließ, führte selbstverständlich nicht unmittelbar ins Freie. Wäre es so gewesen, hätten plündernde Horden ein allzu leichtes Spiel gehabt. Die Tür führte in ein kleines Vorzimmer, dessen Mauern dreißig oder vierzig nach innen gerichtete Pfeilschützenlöcher aufwiesen. Von dort ging es durch eine andere Tür in einen finsteren Geheimgang, der gerade so breit war, daß Courgette in ihm dahinhopsen konnte. Dieser Geheimgang führte unter den inneren Wehrmauern hindurch, verlief dann unterhalb des Schloßgrabens, stieg danach ein wenig an und endete schließlich in einer unverdächtig natürlich aussehenden Höhle in einem Hügel nicht weit vom Schloß.
Dieser Geheimgang war in der Vergangenheit von unschätzbarem Wert gewesen. In Zeiten der Belagerung etwa konnten auf diesem Weg Lebensmittel und anderer Nachschub ins Schloß geschmuggelt werden. Natürlich war auch der Gang mit Verteidigungsvorrichtungen ausgestattet, war über die ganze Strecke mit Schießscharten gerüstet und konnte mit dem Wasser aus dem Schloßgraben geflutet werden. Diese Möglichkeit hatte man allerdings nur einmal (und mit verheerendem Erfolg) genutzt – damals, als während der Belagerung im Jahre 936 MEZ König Klemm der Ausweglose … aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte. Courgette blinzelte ein- oder zweimal in die helle Morgensonne und lauschte dem
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