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Firkin 1: Der Appendix des Zauberers

Firkin 1: Der Appendix des Zauberers

Titel: Firkin 1: Der Appendix des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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schwach nach Ozon… Der Kobold hatte eine Überkreuzung zuviel verursacht. Ein vollkommen neues Verbindungsnetz war entstanden.
    Wäre dies hier kein Buch, sondern ein Comic, dann könnte auf dieser Seite statt der beiden vorangehenden Absätze eine mit leichter Hand hingekritzelte kleine Zeichnung stehen, ein Bild, auf dem über dem Kopf des Prospektors eine Glühbirne schwebt.
    Der Prospektor lächelte und machte sich wieder an den Abstieg. Er lächelte das Lächeln eines Mannes, dem plötzlich klargeworden war, was er zu tun hatte.
    Sein ganzes Leben lang hatte er nur einen Wunsch gehabt: Er wollte reich sein. Er hatte festgestellt, daß die Leute Gold kauften. Also, hatte er gefolgert: Gold besitzen heißt reich sein. Sein Vorsatz ›Ich will reich sein‹ hieß von da an ›Ich brauche Gold‹. Und diese Folgerung hatte gewirkt, als hätte man ihm Scheuklappen aufgesetzt. Von diesem Augenblick an hatte er nicht mehr nach links oder rechts gesehen und war nur noch geradeaus gelaufen – in die Berge.
    Doch jetzt, vor wenigen Sekunden, hatte sich das alles geändert.
    Die Neuorganisation seines Denkvermögens hatte in etwa folgenden Gedankengang ausgelöst:
    Seit Jahrhunderten machen die Menschen Mäntel aus Ziegenfell, Hosen aus Hirschleder, sogar Handtaschen aus Schlangenleder. Die Menschen lieben Kleidungsstücke, die aus der Haut anderer Lebewesen gemacht sind. Und – ganz wichtig! – die Menschen kaufen Kleidungsstücke, die aus der Haut anderer Lebewesen gemacht sind. Warum soll ich also das lukrative Leder- und Pelzgeschäft nicht um Lemmingpelz erweitern? Was spricht eigentlich dagegen?
    Je länger er darüber nachdachte, um so besser gefiel ihm seine Idee.
    Vor allen Dingen auch deswegen, weil die Sache bei näherem Zusehen nur Vorteile zu haben schien. Und diese Vorteile waren in etwa folgende:
     
    1. Problemlose Beschaffung: Das Zeug fällt einem buchstäblich zu.
    2. Kein Kapitalaufwand für teure Fallen und Fanggeräte – die Mistdinger brauchen nur aufgesammelt zu werden.
    3. Garantiert keine Probleme mit Tierschützern! Wenn die Lemminge sich unbedingt umbringen wollen – wie käme ich dazu, sie davon abzuhalten? Und schließlich:
    4. So übel ist es hier im Tal doch auch wieder nicht. Oder?
     
    Und so wurde, in diesen wenigen Sekunden, in seinem Kopf der Same gelegt, der rasch wachsen und aus dem schließlich die erste Lemmingpelz-Handelsgesellschaft entstehen sollte.
     
    Es ging dann allerdings nicht ganz so schnell. Die Zeit der Keimung dauerte schließlich doch ein wenig länger. In dieser Zeit hatte der Prospektor buchstäblich Hunderte von kleinen gelblichen Nagern gehäutet und die Häute gesäubert und getrocknet. Er hatte sich dafür einen kleinen Ofen gebaut, in dem etwa dreißig bis vierzig Felle getrocknet werden konnten. Und hatte außerdem mit der Materialverwendung begonnen. Die erste urkundlich überlieferte Verwendung von Lemminghaut fällt in das Jahr 1023 MEZ, und der erste Anwender war der Prospektor selbst: Er flickte seinen Stiefel mit einem Lemmingfleck.
    Er lächelte still, als er jetzt wieder an der ›Geistesblitzklamm‹ vorbeikam, und kickte – der alten Zeiten gedenkend – einen Stein in sie hinunter. Noch nie im Leben hatte er soviel gearbeitet wie in den zurückliegenden Wochen. In seinem Rucksack aus Lemming-Leder trug er nur einen kleinen Teil der Arbeit mit sich, die er geleistet hatte. Der große Rest war in einer kleinen Höhle in der Felswand versteckt.
    Mit dem erhebenden Gefühl, etwas vollbracht zu haben, stieg er ins Tal hinab. Eine Idee hatte einer bald. Er aber hatte diese Idee beim Schopf gepackt, hatte daran gearbeitet und hatte ein – wie er sich in aller Bescheidenheit zugestehen durfte – glänzendes Ergebnis erzielt. Er war mächtig stolz auf sich, stolz darauf, was er geleistet hatte. Aber er war nicht nur stolz – er hatte auch eine Heidenangst. Eine schwere Last lag auf seinen Schultern: Wie sollte er es anstellen, wie sollte es ihm gelingen, eine ahnungslose Welt mit Lemmingfell zu beglücken?
    Diese Sorge hatte ihn die letzten Wochen über nicht mehr losgelassen. Er hatte nach einem Namen gesucht, einem kurzen griffigen Namen, der sich leicht durchsetzen und die Phantasie der Kunden beflügeln würde. ›Lemmingpelz-Gesellschaft‹ hatte er zuerst gedacht. Aber dann … die Abkürzung … LPG … er war nicht so recht glücklich damit gewesen. Er hatte es mit einer Herkunftsbezeichnung versucht: Krapathen, krapathisch – alles zu

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