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Firkin 1: Der Appendix des Zauberers

Firkin 1: Der Appendix des Zauberers

Titel: Firkin 1: Der Appendix des Zauberers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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bemängelt hatten, die er für die letzte Runde kassieren wollte.
    Die Kundschaft, die sonst noch anwesend war, vergnügte sich entweder damit, die Entwicklung der Randale an der Theke zu begutachten, oder verzog sich an eines der vielen Tischchen, mit denen die trüb und schummrig beleuchtete Lokalität vollgestellt war, um sich dort mit tausenderlei Tricks und Schlichen gegenseitig auszunehmen und zu schröpfen. Die Schtimmung war hervorragend. Ganz besonders, wenn man eine schwarze Seele hatte.
    »Ich bin dran!« schrie Aezznaton Aknerr ins Gesicht und säbelte – um Mißverständnisse erst gar nicht aufkommen zu lassen – drei Gelegenheitsdiebe um. In der Luft hing fahl ein böses Grinsen – die Schtimmung heizte sich auf.
    »Aber ich hab doch aufgestellt.«
    »Willst du dich etwa mit mir anlegen?« Aezznaton spielte lässig mit seinem dreißig Zentimeter langen Hackmesser.
    »… Äh …«
    »Ich bin dran.« Aezznaton verstand es sehr gut, auf eine Art und Weise zu flüstern, daß ihn jeder verstand.
    Auf der glatten Schieferplatte vor ihm waren fünf annähernd kugelförmige Objekte zu einer Figur gruppiert, die in etwa einem Dreieck glich.
    Aezznaton richtete sich zu voller Größe auf (sein Kopf stieß dabei fast an die niedrige Balkendecke), biß die Zähne zusammen und ließ die Axt auf die Kugel niedersausen, die direkt vor ihm lag – ein lauter Krach, das abscheuliche Knacken splitternder Knochen, und die Kugel zersprang in tausend Stücke.
    Begleitet vom lautstarken Beifallsgejohle der Diebe und Straßenräuber, vermischte sich die gräulich-schwabbelige Masse mit dem fast schon geronnenen Blut, rieselte über die Schieferplatte und versickerte in den Löchern entlang der Bande.
    »Nummer Eins! Uaahaha!« brüllte Aezznaton und machte sich zum zweiten Schlag bereit.
    In dieser Runde zersplitterten zwei erst seit kurzem tote Totenköpfe. Die Diebe rasten vor Begeisterung und zeigten damit jenes Engagement, das von ihnen erwartet wurde: In der Gestaltung des Nachtlebens im Spucknapf spielte der Punkt ›Mitwirkung des Publikums‹ eine fundamentale Rolle. Wer nicht deutlich erkennen ließ, welchen Spaß er daran hatte, anderen beim Spielen zuzusehen, der konnte sehr schnell erleben, welchen Spaß die anderen daran hatten, ihr Spielchen mit ihm zu treiben. Oder wenigstens mit einem Teil von ihm …
    Das wußten auch die Verrückten, die sich wegen der Zeche beschwert hatten. Raphgyr hatte den Aufruhr hinter der Theke niedergeschlagen, indem er den Randalierern eine einfache Rechnung präsentiert hatte: Er hatte mit Hilfe einer simplen Addition ihre Kopfzahl ermittelt. Aezznaton holte ein drittes Mal aus und … erstarrte. Er wollte seinen Augen nicht glauben: In der Tür standen zwei Unbekannte, die ihren Augen nicht glauben wollten. Einer von ihnen – der etwas pummligere – hüstelte. Es wurde schlagartig totenstill.
    Die Schtimmung war spannungsgeladen.
     
    Firkin und Hogshead waren ziemlich schnell dahintergekommen, daß es nicht sehr klug war, in der dreckigen Gasse vor Daisy und Maisy’s Lustschlößchen im Rinnstein hockenzubleiben. Es war schlimm genug, weiß-Gott-wo in einer Stadt gelandet zu sein, die man nicht kannte (und möglicherweise besser auch nie genauer kennenlernen sollte). Sich dazu aber auch noch auf einer der schäbigeren von den vielen Vergnügungsmeilen von Guldenburg herumzutreiben, zu einer Tageszeit, da das Ende des Abends und der Einbruch der Nacht unmittelbar bevorstanden – das war nicht nur ›nicht sehr klug‹, das war selbstmörderisch.
    Je später der Abend, desto zahlreicher die Gäste, die das rosarote Etablissement aufsuchten. Und so, wie die Zahl der Kunden beständig stieg, so stieg auch der Pegel ihrer durch den Konsum geistiger Getränke verursachten Vergiftung. Finsteres Volk tauchte auf, schwerkriminell und hünenhaft groß, grinste besorgniserregend bösartig auf die Jungen herab, die zwergenhaft klein vor ihnen standen, und hauchte ihnen alkoholgesättigte Dunstschwaden ins Gesicht. So faßten sie schließlich den Entschluß, weiterzuziehen. Nicht etwa deshalb, weil sie tatsächlich gewußt hätten, wohin sie sich wenden sollten. Was sie dazu veranlaßte, war eher jenes märchenhaft sichere Gefühl, das ihnen sagte: ›Etwas Besseres als das hier finden wir überall.‹
    Anfänglich operierten sie auf ihrem Erkundungsgang mit jener Navigationstechnik, die dem Vorbild der Brownschen Molekularbewegung nachgebildet ist. Mit jener Methode, die Touristen

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