Firkin 2: Die Frösche des Krieges
schluckte ängstlich, blickte auf und erstarrte.
»Was will sie denn jetzt schon wieder?« stöhnte Firkin. »Was soll dieses ›Wwwwaaa…‹?« Firkin saß mit dem Rücken zu dem drohend aufragenden Schatten.
»Frrknnn!« Hogshead versuchte zu sprechen, ohne den Mund zu bewegen. »Hnnttrrr drr sthtt einrrr!«
»Ha ha. Sehr witzig!« murrte Firkin sarkastisch.
»Hnnttrrr drr!« wimmerte Hogshead, die Zähne fest zusammengebissen und die Augen weit aufgerissen.
»Das ist wirklich ein erbärmlicher Versuch, mich davon abzubringen, über diesen Schwachsinn zu reden, den ihr euch auf dem Marktplatz geleistet habt! Einfach alles liegen und stehen zu lassen und abzuhauen …«
»Mnnstrrr!« jammerte Courgette. Dawn war verschwunden, sie hockte zitternd unter einer Kiste.
In der pechschwarzen Finsternis des winzigen Gäßchens stand ein Schatten, der auf irgendeine Art noch pechschwärzer und finsterer war. Und dieser Schatten atmete. Mit leicht gespreizten Beinen – die Hände an den Hüften, der eine Arm ledergepanzert, der andere nackt – stand er da und beobachtete die verängstigt zappelnden Kinder. Die mächtige Brust hob und senkte sich, und der Lederpanzer knarrte so bedenklich, als würde er jeden Augenblick von den massigen Schultern gesprengt, die er umspannte. Tief in Gedanken versunken stand er in der Gasse, nur wenige Zentimeter vor Firkin – wie ein kleiner Kontinent, der den Ritterschlag erhalten hatte. Groß und drohend. Er beobachtete, wartete und spielte mit dem Heft der Stahlmachete, die ihm lässig und griffbereit an der Hüfte hing. Fragen schossen ihm durch den Kopf und verlangten Antworten. Die Antworten klangen verdächtig ausweichend. Verdacht und Ausflüchte: der Schatten schätzte dergleichen nicht. Verdächtiges erwies sich nur allzuoft als gefährlich. Und wenn in seinem Metier von Gefahr die Rede war, dann bedeutete das in aller Regel tödliche Gefahr. Jedenfalls dann, wenn er sich darum kümmerte …
Als er jetzt sah, zu wem die Stimmen gehörten, war er doch ein wenig verblüfft. Nach allem, wovon sie gesprochen hatten: von Königen und Kontaktmännern, von Mission und Auftrag … Er hatte eigentlich Leute erwartet, die ein bißchen, nun ja, bedrohlicher gewirkt hätten. Und/oder gewinnversprechender.
Aezznaton, der professionell arbeitende Meuchelmörder, hatte im Lauf seines Lebens schon mit den unterschiedlichsten Persönlichkeitstypen zu tun gehabt, wenn es um das Arbeitsfeld Monarchenlokalisierung gegangen war: mit verfeindeten Söhnen/Töchtern/Liebhaberinnen/Ehefrauen, denen es um Entschädigung für erlittenes Leid ging (nicht seine Sache); mit verfeindeten Söhnen/Töchtern/Liebhaberinnen/Ehefrauen, denen es um Vergeltung für erlittenes Leid ging (bitte hier unterschreiben!); mit Aristokraten/Kanzlern/Politikern (die Liste ließe sich ad infinitum fortsetzen), die aus den unterschiedlichsten Gründen an einem raschen Königsmord interessiert waren (wäre nur noch die Sache mit dem Honorar zu klären!). Aezznaton hätte einen ganzen Katalog mit endlosen Variationsmöglichkeiten zusammenstellen können, nur … jeder Eintrag in diesem Katalog war in irgendeiner Form auch mit Geld verbunden. Aber dieser Haufen sah verdächtig nach Heimwerkern aus …
Es gab nur eine Möglichkeit, wie er herausfinden konnte, was er mit ihnen anstellen mußte: eine Prüfung mit Hilfe seines bewährten und zuverlässigen ›Algorithmus zu Risikoeinschätzung‹. Bei diesem Verfahren der sicheren Entscheidungsfindung mußte eine Anzahl einfacher Frage mit ›Ja‹ oder ›Nein‹ beantwortet werden. Und zwar folgendermaßen:
Sind die zu bewertenden Personen
1) gefährlich?
wenn ›Ja‹ weiter mit 7)
wenn ›Nein‹ weiter mit 2)
2) harmlos?
wenn ›Ja‹ weiter mit 5)
wenn ›Nein‹ weiter mit 4)
3) am Leben?
wenn ›Ja‹ weiter mit 1)
wenn ›Nein‹ weiter mit 6)
4) reich?
wenn ›Ja‹ weiter mit 6)
wenn ›Nein‹ weiter mit 9)
5) Lockvögel?
wenn ›Ja‹ weiter mit 8)
wenn ›Nein‹ weiter mit 9)
6) Volltreffer! Kassensturz!
7) Warum noch lange warten? Umbringen!
8) Umbringen. Erst sie, dann ihre Hintermänner.
9) Was soll’s? Auf alle Fälle umbringen.
Aezznaton war ungeheuer stolz auf dieses von ihm entwickelte Verfahren, das nur zwei Befreiungsklauseln kannte. Die erste: Wenn sich zeigte, daß die zu bewertende Person über Kapital in einem so hohen Ausmaß verfügte, daß Aezznaton, hätte er dieses Kapital besessen, den Rest seines Lebens
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