Firkin 3: Das Wurmloch ins Biblioversum
verdrückt Euch jetzt wieder!« schrie Firkin. »Wunderbar!«
Durch den Korridor dröhnte lautes Gebrüll und Gebelfere, Merlot hatte den Wärter aufgescheucht. »Was soll denn der Radau? Aufhören!«
»Herkommen!« schnarrte Merlot. Die Stimme des Zauberers hallte schaurig. »Auf der Stelle!«
Hogshead klingelten die Ohren, seine Zähne fühlten sich an, als schliffe jemand ein Breitschwert an ihnen. Und das konnte nur bedeuten: Entweder schliff jemand ein Breitschwert an seinen Zähnen, oder Magie lag in der Luft!
Schwere Schritte schlapften träge heran und hielten kurz vor der Tür an. Der Wärter stand, die Hände in die Hüften gestemmt, vor der Zelle und starrte wütend durch die Gitterstäbe. »Was wollt ihr?« bellte er. Hogshead erbebte beim Klang der dröhnenden Baßstimme, Dawn quiekte. Wenn Merlot sich das unter einem Ausbruch vorstellte, dann hatte er wahrscheinlich nicht die geringste Ahnung, wie hilfreich es war, den Wärter in Rage zu bringen.
»Ich denke, es handelt sich hier um ein Versehen!« Merlot strich sich über den Bart, es knisterte kurz, amethystfarbene Funken sprühten. Dann richteten er und Arbutus die geballte Kraft ihres kollektiven Blicks genau auf den Mittelpunkt des Wärterkopfs und starrten in die glanzlos-stumpfen Kuhaugen.
»Was machst du denn da drinnen?« fragte der Wärter. Das leise winselnde Geräusch, das Arbutus von sich gab, bemerkte er nicht. »Du solltest eigentlich nicht da drin … Oooh!« Der Wärter, der an sich schon eher dümmlich wirkte, zog ein Gesicht, als hätte ihn der Umstand, diesem konzentriert hypnotischen Blick ausgesetzt zu sein, wieder ein paar IQ-Werte gekostet.
»Ganz recht. Das sollte ich nicht!« bestätigte Merlot. Seine Stimme vibrierte seltsam, sie klirrte beinahe. »Wenn du also so freundlich wärst und mir die Tür öffnen würdest …« Die Pupillen des Zauberers wackelten leicht, er intensivierte die hypnotische Macht seiner Gedanken noch einmal.
»Ähmem … ich weiß nicht so recht, ob ich …«
»Nun mach doch schon. Etwas Besseres kannst du gar nicht tun. Wie du selbst gesagt hast, sollte ich gar nicht hier drin sein.«
Arbutus beugte sich vor. Der Wärter schwankte, er versuchte sich zu erinnern, was er eigentlich gesagt hatte.
»Linke Hand etwas nach unten«, befahl Merlot und zupfte wieder einen violetten Funkenregen aus seinem Bart. Weise lächelnd sah er, wie die schwerfällige Hand seiner Anweisung folgte. »Linker Schlüsselbund.« Metallisches Klappern. »Schlüssel in Schloß stecken«, sprach Merlot weiter, »und … umdrehen!«
Ein kratzendes Schaben, ein Knirschen, dann rasselndes Geklirr: Die Tür war aufgesperrt. Merlot hielt den Wärter mit seinem stark hypnotischen optischen Sperrfeuer fest und winkte die Kinder aus der Zelle.
»Sehr freundlich von dir!« dröhnte Merlot. »Tritt doch näher und nimm Platz. Ich bekomme in letzter Zeit so selten Besuch.« Schwerfällig kam der Wärter der Aufforderung nach, ließ sich entrückt auf dem Zellenboden zusammenklappen und achtete nicht auf den schleunigst davonsausenden Zauberer, hörte nicht, wie die Zellentür ins Schloß fiel.
»Ha! Kein Problem!« schwadronierte Merlot und rieb sich vergnügt die Hände. Dann sah er sich im Korridor um, kratzte sich am Kopf und murmelte: »Los, hier entlang!«
»Auf gar keinen Fall!« kreischte Courgette und rannte in die entgegengesetzte Richtung.
Merlot schüttelte den Kopf und erhob die Augen zum Himmel. »Bei allem, was kartographisch benachteiligt ist: Wohin, um alles in der Welt, läuft sie wohl ihrer Meinung nach?«
Hogshead zuckte mit den Schultern. Kurz erhaschte er noch einen Blick auf eine Wade, dann war Courgette um die nächste Ecke gesaust. Unmittelbar darauf schlug ihm dröhnendes Geschepper an die Ohren, sprang und wirbelte es mit lautem Krachen durch den Korridor: durchgedrehte Dezibel, die alles daransetzten, die Freiheit zu erlangen. Hogshead rannte schon, bevor er noch daran dachte, loszurennen. Je näher er Courgette kam, um so heftiger hämmerte sein Herz. Er war zu allem bereit. Als er um die Ecke stürmte, sah er sich einem Wirbelsturm gegenüber: Metall fuhr zischend durch die Luft, Glieder wirbelten, der Raum war erfüllt vom wilden Tanz unzähliger Schwerter, die fauchend und schwirrend, Leib und Leben bedrohend, mit tödlichem Schwung hackten und schlugen und schlitzten. Ein Schauer aus Holzsplittern spritzte auf, als die wilde Schwertschwingerin einen alten Eichentisch in Stücke hackte. Beim
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