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Firkin 3: Das Wurmloch ins Biblioversum

Firkin 3: Das Wurmloch ins Biblioversum

Titel: Firkin 3: Das Wurmloch ins Biblioversum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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I
PROPHETENSPÄSSE
     
     
    Ohne das aufgebrachte Protestgeschrei der erschrockenen Sekretärin weiter zu beachten, stürmte der oberste Hohepriester – schweres, hochgeschnürtes Missionsschuhwerk an den Füßen – das Hauptbüro der S-Watch TBC GmbH. *
    Wild ruderte der indigoblau Gekleidete mit den Armen, wich elegant der zurückschlagenden Eichentür aus und walzte fuchtelnd und gestikulierend auf sein jüngstes Opfer zu, das sich verschreckt duckte.
    »Ihr da! Seid Ihr bereit? Bereit für das Leben nach dem Tode?« Getragen von der Brandungswelle des Glaubens, rauschte er ins Zimmer, das blaue Tuch des Talars blähte und bauschte sich und wogte, als pflügten die Schultern durch die Wasser eines riesigen, nie vermessenen Ozeans. In den Augen des obersten Hohenpriesters glühte die Leidenschaft eines Mannes, der von einer Mission erfüllt ist; mit der altehrwürdig gebieterischen Pose von Sankt Mammon, mit weit ausgebreiteten Armen, trat er vor den Schreibtisch.
    »N… noch nicht. Ihr seid zu früh dran!« versuchte sich der kleine Mann zu wehren. Was aus dem Federkiel tröpfelte, ergab mit einemmal nur mehr unsinniges Tintengeschmier.
    »Zu früh? Meint Ihr etwa, der Tod richtete sich nach Sonnenuhren? Oder der Teufel führte einen Terminkalender?« fuhr ihn der oberste Hohepriester an und drohte unmißverständlich mit dem Finger. »Pünktlichkeit ist nicht die Sache derer aus dem Jenseits. Oder könnt Ihr etwa jetzt schon sagen, wann das Ende, ganz speziell Euer Ende, nahe ist, Herr, äh, Naximanda?«
    »Ich … ich …«, stotterte Naximanda. Hinter den dicken Brillengläsern schossen blasse Augen aufgeregt hin und her, zappelten wie zwei von unheilbarem Lampenfieber befallene Kaulquappen.
    »Seid Ihr vorbereitet auf den Augenblick, der Euch bestimmt ist?« fragte der Hohepriester, dessen Zähne vorstanden wie uralte Grabsteine.
    »N…«
    »Ist Eure postmortale Zukunft gesichert?« schnauzte Seine Eminenz, Bharkleed der Leidenschaftlich Exaltierte, freischaffender Religionsberater und Spezialist für die individuell abgestimmte Erledigung aller Angelegenheiten der Existenz post mortem. Ruckartig beugte er sich jetzt über den Tisch, stach mit dem Zeigefinger nach den flatternden Herzkammern seines jüngsten Opfers und – der weiße Bart zitterte voll religiöser Inbrunst – knurrte: »Alles gepackt für die größte Reise Eurer nichtswürdigen Existenz?« Bharkleeds Nasenlöcher blähten sich witternd und gierig, er spürte förmlich, wie lähmende Angst den kleinen Mann befiel, er konnte beinahe fühlen, wie sein Opfer, dessen Seele sich so plötzlich den unendlichen Weiten der ewigen Verdammnis gegenübersah, einen Anfall theologischer Agoraphobie erlitt. Der Hohepriester kreischte wild und klatschte in die Hände. Jetzt hatte er Naximanda dort, wo er ihn haben wollte: Naximanda kam sich vor wie eine Haarschuppe auf dem eleganten schwarzen Nadelstreifentuch der wattierten Schultern der Unendlichkeit: peinlich, schäbig und grindig.
    Doch Naximanda gehörte zu einer ganz besonderen Sorte schäbiger Haarschuppen.
    Er hatte Geld. Geld wie Heu.
    Er war nicht umsonst der in aller Welt bekannte Erfinder der im Dunkeln leuchtenden Sonnenuhr (Modell ›Nocturne‹, ein Verkaufsschlager!) und Gründer der S-Watch TBC GmbH! Doch Sonnenuhren waren eine Sache; Seelen aber – und vor allem seine Seele – eine ganz andere.
    »Angenommen Ihr müßtet heute sterben: Könntet Ihr Euch dann einreihen in den Reigen der seligen Geister?« flötete Seine Spektabilität, Flaezz der Höchstpostamentierte, der mit einem irren Grinsen Bharkleed über die leuchtendblaue Schulter blickte. Naximanda wollte antworten … und brachte lediglich ein erbärmliches Gegurgel zustande.
    »Habt Ihr jemals bedacht, wie lange es dauert, bis man bei Charon eine Reservierung bekommt?« Bharkleed verschränkte die Arme, legte das bärtige Kinn in die Hand und zeigte mit dem Finger vieldeutig in Richtung Unterwelt. »Habt Ihr auch nur die leiseste Ahnung, wieviel ein Obolus dieser Tage wert ist?«
    Die Augäpfel des Generaldirektors zitterten, seine Stirn legte sich in Falten wie ein abgenutztes, nur mehr dürftig ausgepolstertes Sofakissen.
    »Kann man im Hades eine günstigere Miete bekommen, wenn man bereits eingeäschert ist?« fragte der dritte Hohepriester, Seine Emolienz S.H.A. Wenzl der Maßlos Gesalbte, und rieb sich servil die Hände. »Und wo sind die heißesten Nachtklubs? Wo muß man sich als moderner, karrierebewußter

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