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Fisherman's Friend in meiner Koje - Gier, K: Fisherman's Friend in meiner Koje

Fisherman's Friend in meiner Koje - Gier, K: Fisherman's Friend in meiner Koje

Titel: Fisherman's Friend in meiner Koje - Gier, K: Fisherman's Friend in meiner Koje Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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»Schlafes Bruder« zu gehen, der am Abend nach meiner Segelkurs-Schnupperstunde in der Cinemathek wiederholt wurde.
    »Also, das ist aber jetzt nicht gerade ein Actionfilm«, sagte ich noch, aber Leonard meinte, ich solle mir mal keine Sorgen machen, der Titel allein sei schon sehr vielversprechend. Ich weiß noch, dass ich dachte, sieh an, für ein Wunder ist es nie zu spät.
    Aber das Wunder stellte sich als pures Missverständnis heraus. Leonard knackte schon nach einer Viertelstunde tief und fest im unbequemen Kinosessel und ließ außer ein paar schnorcheligen Atemzügen bis zum Ende des Films nichts mehr von sich hören.
    »Ich steh’ eben nicht auf Heimatfilme«, sagte er, als ich ihn später leicht ungehalten zur Rede stellte.
    »Heimatfilm!«, wiederholte ich entrüstet.
    Ja, und außerdem sei der Titel irreführend, meinte Leonard weiter. Und jetzt kommt es: Statt »Schlafes Bruder« hatte er »Scharfes Luder« verstanden!
    »Du musst in Zukunft nicht mehr so nuscheln«, meinte Leonard. »Gehen wir jetzt essen? Ich hab’ Hunger auf Pizza.«
    Mir war der Appetit vergangen. Ich konnte es förmlich vor mir sehen: Leonard, der die Pizza fein säuberlich zerlegte und dabei laut vernehmbar sagte: »Oben stumpf, doch unten scharf, das Händchen sich nicht schneiden darf!«
    »Mit dir gehe ich nicht essen«, sagte ich. »Ab heute sind wir geschiedene Leute.«
    Für einen Mann, der noch vor zwei Tagen einen Heiratsantrag oder jedenfalls so etwas Ähnliches gemacht hatte, nahm Leonard diese Neuigkeit ziemlich gelassen.
    »Dann eben ein andermal«, sagte er. »Du kannst mich ja anrufen.«
    Wir wohnten alle unter einem Dach, meine Schwester Rebecca und ihre Familie, mein Bruder Mo und ich. Außerdem wohnte noch ein lieber alter Mann bei uns, den wir Onkel nannten, obwohl er nicht mit uns verwandt war. Es war das pure Idyll: Ich hatte die Wohnung unterm Dach, der Onkel wohnte im dritten Stock, Mo im zweiten, Rebecca, Kaspar und ihre kleine Tochter Charlotte im ersten. Im Erdgeschoss hatte Rebecca ihren Laden.
    Unser Haus stand mitten im belgischen Viertel, Wand an Wand mit einer Reihe wunderschöner, schmalbrüstiger Jugendstil- und Gründerzeithäuser, die man liebevoll restauriert hatte.
    Bloß unseres war von meinen Großeltern in den fünfziger Jahren bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt worden. Den kostbaren Stuck hatte man brutal entfernt, die Fassade dunkelgrau verputzt, die noblen Holzsprossenfenster durch Kunststofffenster ersetzt, und als Krönung statt der verschnörkelten Jugendstilhaustür eine unnachahmlich hässliche Drahtglassicherheitstür eingebaut.
    Wir durften mietfrei in diesem Prunkstück hausen, weil unsere Eltern ganzjährig auf Gran Canaria lebten. Dort wohnten sie in einer kleinen weißen Finca mit Ziegeldach auf einer sonnigen Anhöhe, umgeben von Olivenbäumen und Orangenhainen. Es brauchte also niemanden zu wundern, dass sie ihren drei Kindern ihren deutschen Besitz so großzügig zur Verfügung gestellt hatten.
    Auch wenn wir bisher weder Geld noch Muße gehabt hatten, aus dem grauen Ungetüm wenigstens ein weißes Ungetüm machen zu lassen, kam meine Lebensweisheit vom ›geschenkten Gaul‹ wieder mal zur Anwendung. Ich war beinahe wunschlos glücklich mit meiner Wohnung. Und ich war niemals allein wie andere Unverheiratete, Kinderlose, die schon bedrohlich auf die Dreißig zugingen wie ich. Einer im Haus war immer da, der einem Gesellschaft leisten konnte.
    Als ich an diesem Abend als frischgebackener Single nach Hause kam, war bei Rebecca und Kaspar noch Licht. Ich hörte Klein-Charlotte krähen und Kaspar ein Kinderlied singen. Im Hintergrund ratterte leise Rebeccas Nähmaschine.
    Unwillkürlich entfuhr mir ein Seufzer. Rebecca hatte es ja so gut. Sie besaß einfach alles, was man sich vom Leben wünschen konnte. Ich hingegen …
    »Was stehst du hier im Dunkeln rum?« Das war mein Bruder Mo, der soeben nach Hause kam, Hand in Hand mit einer scharfen Blondine im Super-Minirock. Vielleicht war es auch das Flurlicht, das mich plötzlich blendete.
    »Ach, nur so!« Verstohlen wischte ich mir eine Träne aus dem Augenwinkel.
    »Das ist Julia«, stellte mir Mo seine Begleitung vor.
    Julia entblößte ihre perfekten Zähne. »Hallöchen, Popöchen!«
    Da zeigte sich wieder mal der Unterschied zwischen meinem Bruder und mir. Ich hätte niemals jemand mit nach Hause gebracht, der so völlig ungehemmt »Hallöchen, Popöchen« sagte, egal, wie perfekt seine Zähne auch sein

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