Fisherman's Friend in meiner Koje - Gier, K: Fisherman's Friend in meiner Koje
bist. Und dass ich einen Mann und ein Baby habe, geht auch keinen was an, klar?«
»Klar«, sagte ich voller Aufregung, ohne nach dem Grund zu fragen. Äußerlich echt cool schlenderten wir durch den hellerleuchteten Eingang des verklinkerten Baus. Gleich hinter der Tür stand eine Frau und lächelte uns herzlich an.
»Bitte ziehen Sie Ihre Schuhe gleich hier vorne aus«, sagte sie mit einer Stimme, die keine Widerrede duldete.
Etwas verwirrt taten wir wie geheißen.
»Ist der Stefan schon da?«, erkundigte sich Rebecca bei der Frau nach unserem Segellehrer.
»Das weiß ich nicht. Ich kenne die Teilnehmer noch nicht mit Namen. Gleich zu Anfang werden wir erst einmal ein Kennenlernspiel veranstalten. Oh, guten Abend.« Hinter uns hatte ein Pärchen den Flur betreten, die Frau war eindeutig schwanger. »Bitte ziehen Sie die Schuhe gleich hier vorne aus.«
Rebecca und ich schlurften auf Socken in den nächsten Raum. Hier bot sich uns ein unerwartetes Bild. Auf Turnmatten verteilt saßen jeweils zwei meist händchenhaltende Personen, Mann und Frau, und sämtliche Frauen hatten eines gemeinsam.
»Alle schwanger!«, entfuhr es Rebecca.
»Wir sind hier falsch«, schloss ich messerscharf und wandte mich an die Schwangere auf der Turnmatte gleich neben der Tür. »Wissen Sie vielleicht, wo der Segelkurs stattfindet?«
Die Schwangere schüttelte den Kopf.
Rebecca kam ein schrecklicher Verdacht. »Ist das am Ende gar nicht das Mutter-Teresa-Heim?«
Wieder Kopfschütteln, diesmal von allen Turnmatten. In stummer Übereinkunft hasteten wir zurück zu unseren Schuhen. Glücklicherweise wusste die Dame am Eingang den Weg zum Seniorenheim.
»Da sind Sie aber noch ein paar Minuten unterwegs«, sagte sie.
Rebecca sah auf ihre Uhr. Es war bereits Viertel nach acht.
»Echt cool«, meinte ich unglücklich. Noch peinlicher, als zu früh zu kommen, ist es, zu einer offiziellen Veranstaltung erst dann zu erscheinen, wenn alle anderen schon Platz genommen haben und der Vortragende seine Begrüßungsworte bereits hinter sich gebracht hat. Die Blicke, mit denen man bei solchen Gelegenheiten bedacht wird, sind im höchsten Maße krebserregend.
»Dann besser gar nicht«, sagte ich im Brustton der Überzeugung, aber davon wollte Rebecca nichts wissen. Sie scheuchte mich im Laufschritt zu unserem Wagen zurück und bretterte dann kamikazemäßig zum echten Mutter-Teresa-Seniorenheim. Das lag bereits in tiefster Dunkelheit. Es war nach acht, da mussten die Senioren schon schlafen. Nur der Eingang links war notbeleuchtet.
Da aber über der Tür groß und deutlich »Mutter-Teresa-Heim« stand, folgte ich Rebecca, ohne zu zögern, in den nach Desinfektionsmitteln riechenden Flur.
»Und jetzt?« Vor uns breitete sich ein menschenleerer, kilometerlanger Gang mit unendlich vielen Türen aus. »Woher willst du wissen, in welchem Raum dein toller Segelkurs stattfindet?«
Auch Rebecca sah ratlos aus. Dann aber griff sie hinter sich zum Lichtschalter und knipste das Licht aus. Der Flur war sofort in gespenstisches Dunkel getaucht. Orientierungslos tastete ich nach der Wand.
»Was soll das?«, rief ich ungehalten.
»Das kann ich dir sagen«, hörte ich die Stimme meiner pfiffigen Schwester. »Ich will sehen, unter welcher Türschwelle hier noch Licht ist.«
Das war zugegebenermaßen clever von ihr. Und es funktionierte. Nur der Raum hinter der ersten Tür links schien beleuchtet zu sein. Rebecca knipste das Flurlicht wieder an und drückte energisch die Klinke hinab. Ich wartete noch, bevor ich ihr folgte – schließlich konnte es immerhin sein, dass sie einen aufsässigen Senioren überraschte, der unerlaubterweise nach acht Uhr noch fernsah oder sich einen runterholte. Aber wir hatten den richtigen Raum erwischt. Leider!
Alle Augenpaare durchbohrten uns mit unfreundlichen Blicken. Am unwilligsten guckte der bebrillte junge Mann, der sich vor den zusammengerückten Tischen neben einem Flip-Chart aufgebaut hatte. Darauf konnte man die vielversprechenden Worte »Navigation, Gezeiten, Seemannschaft, Wetter und Gesetzeskunde« lesen.
»Hallo, Stefan«, sagte Rebecca. Sie kannte den Bebrillten persönlich – er war unser zukünftiger Segellehrer.
»Hallo«, erwiderte er mürrisch und wartete ansonsten stumm, bis wir uns gesetzt hatten. Ich ließ mich peinlich berührt neben meiner Freundin Bille nieder.
»Haben wir was verpasst?«
»Nö«, erwiderte sie. »Nur das Allerwichtigste. Was es kostet, welche Bücher wir brauchen und was genau
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