Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote
Sommers angefreundet hatte.
Nichts ging so glatt, wie es geplant war. Schon in den Ruinen der geplünderten und niedergebrannten Stadt tra fen wir auf Outislander, lange bevor wir den Strand er reichten. Sie waren auf dem Rückweg zu ih ren Schiffen und führten hinter sich ei nen langen Zug von Gefangenen mit sich, die sie in Fesseln gelegt hatten. Wir griffen sie an. Einige hielten stand und kämpften, andere suchten ihr Heil in der Flucht. Bald waren unsere Leute überall
zwischen den ausgebrannten Häusern und in von Schutt über säten Straßen Guthavens verstreut. Einige kümmerten sich um die Gefangenen, schnitten ihre Fesseln durch und versuchten, ihnen, so gut sie konnten, zu helfen. Fuchsrot fluchte über den Aufenthalt, denn die geflohenen Korsaren würden natürlich die Wachen bei den Schiffen alarmieren. Kurz entschlossen ordnete sie eine Handvoll Soldaten ab, um den verzweifelten Einwohnern von Guthaven beizustehen. Wir anderen ritten weiter. Der Geruch von Leichen und der Regen auf dem verkohlten Holz brachte die Erinnerung an Ingot zurück; sie überfiel mich mit solcher Macht, dass ich im Sattel schwankte und die Hände um die Zügel krampfhaft zu Fäusten ballte. Die Zahl der Toten war erheblich größer, als wir erwartet hatten. Irgendwo spürte ich einen Wolf, der durch die zerstörte Menschenstadt trabte, und holte mir bei ihm Trost.
Fuchsrot verfluchte uns allesamt nach allen Regeln der Kunst und ordnete dann die ihr verbliebenen Soldaten zu einer Keilformation. Gerade als wir die Roten Schiffe erreichten, wurde eins vom Strand hinuntergeschoben, bekam Wasser unter den Kiel und nahm, von wenigen Rudern angetrieben, schwerfällig Fahrt auf. Dagegen konnten wir nichts unternehmen, aber wir kamen rechtzeitig, um ein zweites Schiff am Entkommen zu hindern. Die Wache an Bord töteten wir mit überraschender Leichtigkeit. Es waren nicht viele Korsaren dort, und sie fanden auch keine Gelegenheit mehr, ihre Gefangenen zu erschlagen, die gefesselt an Deck lagen.
Also hatten die Roten Korsaren sich mit Gefangenen davonmachen wollen. Wohin? Zu dem Geisterschiff, das ich mir einbildete, gesehen zu haben? Allein der Gedanke an das Weiße Schiff ließ mich schaudern, und ich hatte das Gefühl, ein eiserner Ring würde sich um meinen Kopf zusammenziehen. Vielleicht hatten sie vorgehabt, ihre Gefangenen zu ertränken oder zu entfremden,
was immer das Geheimnis hinter Letzterem sein mochte. Ich hatte nicht die Muße, mir ausführlich Gedanken darüber zu machen, aber ich nahm mir vor, Chade davon zu berichten. Jedes der drei noch übrigen Schiffe hatte einen Trupp Bewaffneter an Bord, und wie von Burrich vorhergesagt, setzten sie sich verbissen zur Wehr. Ein Schiff wurde von einem übereifrigen Bogenschützen in Brand gesetzt, aber die beiden anderen fielen uns unbeschädigt in die Hände.
Als die Rurisk auf den Strand gezogen wurde, hatten wir sämtliche Schiffe erobert, und ich konnte die Atempause nutzen, um den Kopf zu heben und über die Bucht zu schauen. Keine Spur von dem Weißen Schiff, vielleicht war es wirklich nur eine Nebelbank gewesen. Hinter der Rurisk folgte die Constance und in ihrem Kielwasser eine Flottille von Fischerbooten und sogar ein paar Handelsschiffe. Letztere waren gezwungen, wegen ihres größeren Tiefgangs draußen zu ankern, aber die Besatzungen ruderten in den Beibooten zum Ufer. Die Mannschaften der Kriegsschiffe warteten, bis ihre Ka pitäne über die Lage in Kennt nis gesetzt worden waren, die Leute von den Fischerbooten und den Handelsschiffen aber eilten an uns vorbei in Richtung der belagerten Burg.
Unsere Soldaten hatten sie je doch bald eingeholt, und als wir am äußeren Wall anlangten, hatten sich unsere Reihen auch ohne straffe Organisation gut formiert. Die be freiten Gefangenen waren von Hun ger und Durst geschwächt, erholten sich jedoch rasch und erwiesen sich durch ihre ge naue Kenntnis der Be festigungsanlage als unschätzbare Helfer. Am Nachmittag war unsere Belagerung der Belagerer perfekt. Nur mit Mühe konnte Burrich durchsetzen, dass we nigstens eins von unseren Kriegsschiffen mit voller Besatzung im tiefen Wasser patrouillierte. Am nächsten Morgen stellte sich heraus, dass seine Vorsicht berechtigt war, als zwei weitere Rote Schiffe um den nördlichen Ausläufer der Bucht gesegelt
kamen. Die Rurisk konnte sie vertreiben, aber sie gaben wiederum so leicht auf, dass bei uns keine rechte Freude aufkam. Zumal wir wussten, dass sie sich ein Stück weiter
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