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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Ungeachtet ihrer gemeinsamen Bemühungen, mich von ihr fernzuhalten, sah ich Molly überall. Oh, wahrlich nicht leibhaftig, aber im Duft der dicken Myricakerze, die so ruhig brannte, oder in dem Umhang über einer Stuhllehne; selbst der Honig
in den Honigkuchen schmeckte für meinen Geschmack ganz nach Molly. War es tö richt, dass ich dicht bei der Kerze saß und ihren Duft einatmete oder mich auf den Stuhl setzte, um mich ge gen ihren schneefeuchten Umhang lehnen zu können? Manchmal fühlte ich mich so wie Kettricken, überhäuft von den Ansprüchen, die an mich gestellt wurden, und ohne auch nur eine Nische für ein eigenes Leben.
    Jede Woche erstattete ich Chade Bericht über Kettrickens Fortschritte im hö fischen Intrigenspiel. Chade war es auch, der mich warnte, dass plötzlich die Damen, die zu Edels größten Bewunderinnen zählten, sich auch bei Kettricken einzuschmeicheln versuchten. Folglich musste ich sie darauf hinweisen, wer bis zu welchem Grade höflich zu behandeln war, und wen man mit aufrichtiger Herzlichkeit begrüßen konnte. Manchmal kam mir der Gedanke, dass mir ein königlicher Auftragsmord weit lieber war als diese hö fischen Machenschaften. Und dann ließ der König mich rufen.
    Der Bote kam frühmorgens, und ich beeilte mich mit dem Ankleiden, um dem Ruf Folge zu leisten. Dies war seit meiner Rückkehr das erste Mal, dass er mich zu sich bestellte. Es hatte mich schon beunruhigt, einfach ignoriert zu werden. War er unzufrieden mit mir wegen der Vorfälle in Jhaampe? Bestimmt hätte er mich das wissen lassen. Oder? Die Ungewissheit nagte an mir. Trotz der Eile gab ich mir besondere Mühe mit meiner äußeren Erscheinung - allerdings ohne großen Erfolg. Mein Haar, im Berg reich wegen des Fiebers noch kurz geschoren, war inzwischen nachgewachsen und so buschig und störrisch wie Veritas’ Haarschopf. Schlimmer war, dass nun auch mein Bart zu sprießen begann. Zweimal schon hatte Burrich mich ermahnt, ich solle ihn entweder wachsen lassen oder mich sorgfältiger rasieren. Da bei genauerer Betrachtung die erste Alternative wenig vielversprechend erschien,
fügte ich mir an dem betreffenden Morgen etliche Schnitte an Kinn und Wangen zu, bevor ich entschied, dass ein paar Stoppeln we niger auffallend wa ren als das vie le Blut. Ich kämmte mir das Haar aus dem Gesicht und wünschte mir, ich könnte es nach Soldatenart im Nacken zusammenbinden. Zu guter Letzt steckte ich mir die Nadel ans Hemd, die König Listenreich mir sei nerzeit gegeben hatte, zum Zeichen, dass ich sein Gefolgsmann war. Dann lief ich aus dem Zimmer.
    Als ich mit großen Schritten den Gang hinuntereilte, trat Edel unvermutet aus der Tür. Um ein Haar wäre ich mit ihm zusammengestoßen. Ich schreckte zurück und starrte ihn an. Seit meiner Rückkehr hatte ich ihn etliche Male gesehen, doch immer nur von weitem. Jetzt standen wir uns auf Armeslänge gegenüber und musterten einer den anderen. Dabei stellte ich mit Bestürzung fest, dass man uns fast für Brüder hätte halten können. Sein Haar war lockiger, seine Züge feiner, seine Haltung aristokratisch. Was die Kleidung betraf, war er ein Pfau und ich ein Zaunkönig, kein Silber glänzte an meinem Hals und meinen Händen. Trotzdem, die Familienähnlichkeit war unübersehbar. Wir hatten beide Listenreichs Kieferpartie, seine Lidfalte und den Bogen seiner Unterlippe. Keiner von uns konnte sich Veritas’ muskulöser Breitschultrigkeit rühmen, doch in ein, zwei Jahren würde ich kräftiger sein als Edel. Weniger als zehn Jahre Altersunterschied trennten uns, - und nur seine Haut trennte mich von seinem Blut. Ich sah ihm hasserfüllt in die Augen und wünschte mir, ihm seine Eingeweide herauszureißen und auf dem glänzend sauberen Boden verteilen zu können.
    Er lächelte. Ein kurzes Blecken weißer Zähne. »Bastard«, grüßte er mich liebenswürdig. »Oder viel mehr, Meister Fitz. Habt Ihr das ›Chivalric‹ selbst angehängt, als Pointe für den Witz?« Die Betonung ließ keinen Zweifel an der beleidigenden Absicht seiner Worte aufkommen.

    »Prinz Edel«, erwiderte ich im glei chen anzüglichen Ton und wartete dann ab, mit einer eisigen Geduld, die mir bisher an mir fremd war. Sollte er den ersten Angriff auf mich führen.
    Eine Zeitlang verharrten wir regungslos, Auge in Auge. Endlich schlug er den Blick nieder, um ein imaginäres Stäubchen von seinem Ärmel zu schnippen, richtete sich auf und schritt an mir vorbei. Ich dachte nicht daran, ihm Platz zu machen, wie

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