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Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote

Titel: Fitz der Weitseher 02 - Der Schattenbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Cheffers wäre hinausgegangen, damit sein Herr und ich ungestört reden konnten. Ich fragte mich, wie offen ich vor diesem neuen Mann sprechen durfte.
    Doch Listenreich winkte ab. »Nichts mehr davon«, meinte er schwer. »Ve ritas ist des halb bei mir gewesen, und ich glaube nicht, dass du mir noch viel berichten könntest, was ich nicht bereits weiß oder vermute. Er und ich haben lange und ausführlich darüber gesprochen. Ich … bedaure … einige Dinge. Doch lassen wir Vergangenes vergangen sein und schauen in die Zukunft. Stimmst du mir zu?«

    Worte drängten sich mir auf die Lip pen und raubten mir fast den Atem. Edel, wollte ich zu ihm sagen, Euer Sohn, der versucht hat, mich zu ermorden, Euren Enkel. Habt Ihr auch mit ihm lan ge und ausführlich gesprochen? Und war das vor oder nachdem Ihr mich ihm ausgeliefert habt? Doch in aller Deutlichkeit, als hätten Chade oder Veritas mir eine strenge Warnung ins Ohr geflüstert, erkannte ich plötzlich, dass ich kein Recht hatte, von meinem König Rechenschaft zu verlangen. Selbst dann nicht, wenn er seinem jüngsten Sohn die Erlaubnis gegeben hatte, mich zu töten. Ich presste die Lippen zusammen und ließ die Worte unausgesprochen.
    Der König bemerkte den Ausdruck auf meinem Gesicht. Er gab seinem neuen Kammerdiener einen Wink. »Wallace, es ist mein Wunsch, dass du dich für eine Weile nach unten in die Küche begibst. Oder an ei nen anderen Ort dei ner Wahl, so lange es sich nicht um dieses Zimmer hier handelt.« Wallace sah nicht erfreut aus, doch er neigte gehorsamst den Kopf und ging hinaus, wobei er allerdings die Tür hinter sich offen ließ. Ich stand auf und machte sie zu. Dann setzte ich mich wieder auf meinen Stuhl neben dem Bett.
    »FitzChivalric«, sagte Listenreich ernst, »so geht das nicht.«
    »Majestät.« Nach einem Moment schlug ich vor seinem Blick die Augen nieder.
    Er sprach langsam, eindringlich. »Hin und wieder lassen ehrgeizige junge Männer sich dazu verführen, Dummheiten zu begehen. Wenn man sie auf ihre Feh ler hinweist, entschuldigen sie sich.« Ich blickte abrupt auf. Erwartete er von mir eine Entschuldigung? Doch er fuhr fort: »Man hat mir eine sol che Entschuldigung angeboten. Ich habe sie akzeptiert. Nun ist die Sache aus der Welt. Vertrau mir.« Er sprach in sanftem Ton, doch es war keine Bitte. »Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.«

    Ich lehnte mich zu rück und at mete langsam ein und aus, dann hatte ich meine Fassung wiedergewonnen und konnte meinem König offen ins Gesicht sehen. »Darf ich fragen, weshalb Ihr mich gerufen habt, Majestät?«
    »Eine unangenehme Angelegenheit«, erklärte er mit ge runzelter Stirn. »Herzog Brawndy von Bearns hat sie in mei ne Hände gelegt. Er hält es für politisch unklug, selbst etwas zu unternehmen. Also habe ich ihm Hilfe zugesagt, wenn auch ungern. Haben wir nicht schon genug damit zu tun, uns der Piraten vor unseren Küsten zu erwehren, ohne auch noch einen Zwist im eigenen Haus auszutragen? Doch meine Untertanen haben das Recht, mich um Hilfe zu bitten, und ich habe die Pflicht, ih nen Gehör zu schenken. Wieder einmal wirst du der richtende Arm deines Königs sein, Fitz.«
    Dann erfuhr ich die Ein zelheiten der Lage in Bearns. Eine junge Frau aus der See hundbucht war nach Burg Sturm ge kommen, um sich bei der Garde zu verdingen. Brawndy nahm sie mit Freuden auf, denn sie war sowohl kräftig als auch geübt im Umgang mit Stab, Bogen und Schwert. Außerdem war sie eine dunkle Schönheit, klein und flink wie ein Wiesel. Sie erwies sich als Bereicherung seiner Truppe und war bald auch an sei nem Hof eine willkommene Erscheinung. Sie besaß zwar we nig Charme, aber die Courage und Willensstärke, die eine Führernatur ausmachen. Brawndy selbst war von ihr angetan. Sie brachte Leben an seinen Hof und erfüllte die Garde mit neuem Diensteifer.
    Doch neuerdings begann sie sich für eine Prophetin und Wahrsagerin zu halten. Sie behauptete, von El, dem Gott des Meeres, für ein größeres Geschick bestimmt zu sein. Ihr Name war bis dahin Madya gewesen und ihre Herkunft wenig bemerkenswert, doch nun hatte sie sich in einer Taufzeremonie aus Feuer, Wind und Wasser einen neuen Namen gegeben: Virago. Sie aß ausschließlich
Fleisch von selbst erlegten Tie ren und duldete in ihren Räumen nichts, was sie nicht entweder eigenhändig angefertigt oder im Kampf gewonnen hatte. Mit der Zeit wuchs ihre Gefolgschaft. Außer Soldaten zählten dazu auch einige der jüngeren Edelleute. Allen

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